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Politik

ROG: "Verhaftungswelle" in Weißrussland

24. Juni 2020

In Weißrussland geraten Medienvertreter vor der Präsidentenwahl im August offenbar unter wachsenden Druck. "Reporter ohne Grenzen" kritisiert mehrere Festnahmen von Journalisten und fordert deren Freilassung.

Protestkundgebung der Opposition in Minsk
Festnahmen während einer Protestkundgebung in der weißrussischen Hauptstadt MinskBild: picture-alliance/dpa/T. Zenkovich

Die Menschenrechtsorganisation "Reporter ohne Grenzen" (ROG) erklärte in Berlin, im Vorfeld der Präsidentenwahl versuche die Führung in Minsk, Berichte über den Wahlkampf von Oppositionellen zu verhindern. In diesem Zusammenhang gebe es in Weißrussland (Belarus) eine regelrechte"Verhaftungswelle" gegen Journalisten. Die Abstimmung ist für den 9. August geplant. Seit 1994 regiert Präsident Alexander Lukaschenko in der Ex-Sowjetrepublik mit autoritären Methoden.

Insgesamt seien um den 19. Juni in der Hauptstadt Minsk und in anderen Städten mehr als 270 Menschen festgenommen worden, darunter mindestens 14 Journalistinnen und Journalisten. An diesem Tag endete die Frist für mögliche Gegenkandidatinnen und -kandidaten von Präsident Lukaschenko, um die nötigen Unterschriften für ihre Zulassung zur Wahl zu sammeln.

Zu den Festgenommenen zählten der Reporter Alexander Posnjak und der Kameramann Sergej Bagrow. Beide wurden laut ROG am Samstag in Hanzawitschy, 180 Kilometer südlich von Minsk, geschlagen und in Handschellen abgeführt. Dort hätten sie über eine Demonstration für die lokale unabhängige Zeitung und Nachrichtenseite "Hanzawitschy Tschas" berichtet.

Auch internationale Medien betroffen

Seit Beginn des Wahlkampfs seien Dutzende Medienschaffende festgesetzt worden, selbst solche, die eine gültige Akkreditierung besitzen. Betroffen seien unter anderem freiberufliche als auch festangestellte Medienschaffende der Nachrichtenagentur Reuters, des weißrusssischen Angebots von Radio Free Europe/Radio Liberty, dem Exilradio Euroradio und der Nachrichtenseiten Tut.by und Onliner.by. Während der Wahlkampfveranstaltungen von Oppositionellen sei das mobile Internet abgeschaltet worden, was den Medienschaffenden die Arbeit erschwerte.

"Wir fordern die Europäische Kommission dazu auf, weitere Gespräche mit dem weißrussischen Regime über eine Östliche Partnerschaft an die Einhaltung der Pressefreiheit zu knüpfen", sagte ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske. "Alle noch inhaftierten Medienschaffenden müssen auf der Stelle freikommen." Erst einen Tag vor den zahlreichen Festnahmen hatten sich nach Angaben von ROG EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der weißrussische Ministerpräsident Roman Golowtschenko in einer Videokonferenz zwischen der Europäischen Union und den sechs Ländern der Östlichen Partnerschaft zu Gesprächen getroffen. Belarus steht in der Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 153 von 180 Staaten.

Viele Regierungsgegner in Haft

Unterdessen teilte das Minsker Menschenrechtszentrum Wiasna mit, in Belarus seien zuletzt mindestens 360 Kritiker Lukaschenkos in Gewahrsam genommen worden. Gegen 78 Inhaftierte hätten Gerichte bereits Geldstrafen verhängt. Neun weitere Personen seien zu insgesamt 105 Tagen Haft verurteilt worden.

Im Vorfeld der Präsidentenwahlen in Belarus häufen sich die Festnahmen von Menschen, die mit Oppositionspolitikern sympathisierenBild: Reuters/V. Fedosenko

Die Polizei hatte besonders in der Hauptstadt Minsk viele Bürger abgeführt, die an Infoständen ihre Unterschrift für die Kandidatur von Oppositionspolitikern bei der Präsidentschaftswahl abgeben wollten. Seit Beginn des Wahlkampfs Anfang Mai gab es laut Wiasna mindestens 650 "willkürliche Inhaftierungen". Auch der aussichtsreichste Gegenkandidat Lukaschenkos, Viktor Babariko, sitz im Gefängnis. Dem Ex-Banker wird unter anderem Korruption vorgeworfen.

kle/ww (epd, dpa, kna, ROG)

 

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