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Politik

Bedrohte Journalisten ausgezeichnet

Ben Knight
12. September 2019

Sie stammen aus Malta, Saudi Arabien und aus Vietnam: Drei Journalistinnen sind in diesem Jahr mit dem "Press Freedom Award" ausgezeichnet worden. Nur einer von ihnen war es möglich, den Preis entgegenzunehmen.

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Bild: Getty Images/AFP/B. Guay

Der Kampf für Pressefreiheit weltweit kann mitunter zu einer verzweifelten Angelegenheit werden. Journalisten werden zu Aktivisten. "Ich hatte kürzlich ein Interview mit der BBC. Und die sagten zu mir: Sie sind keine Journalistin, Sie sind eine Aktivistin", erzählt Caroline Muscat aus Malta. "Es tut mir leid, aber wir haben keine Wahl mehr. Wenn wir die Pressefreiheit nicht verteidigen, wer dann? Wenn es die Journalisten nicht machen, wer wird es dann noch tun?"

Ständig in Gefahr

Muscat ist eine von drei Journalistinnen, die aus sehr unterschiedlichen Ländern stammen, aber alle Grund zur Sorge um ihr Leben haben. Sie wurden am Donnerstagabend in Berlin von "Reporter ohne Grenzen" mit den "Press Freedom Awards" ausgezeichnet.

Caroline Muscat konnte als einzige zur Verleihung anreisenBild: DW/B. Knight

Einzig Muscat konnte persönlich erscheinen, um - in einer der drei Kategorien - ihren "Preis für Unabhängigkeit" entgegenzunehmen. Die Bloggerin Pham Doan Trang aus Vietnam, ausgezeichnet mit dem "Preis für Wirkung" (Impact), und die Frauenrechtlerin Eman al-Nafjan aus Saudi Arabien wurden daran gehindert, zur Ehrung nach Deutschland auszureisen. Ihre Webseiten wurden blockiert und sie stehen ständig in Gefahr, drangsaliert oder inhaftiert zu werden.

Die beiden verhinderten Frauen wurden durch Freunde vertreten, die sich ebenfalls im Kampf um die Pressefreiheit engagieren: Trang schickte Huu Long Trinh, einen in Taipeh ansässigen Journalisten, der mit der Preisträgerin die zivilgesellschaftliche Organisation "Legal Initiatives for Vietnam" (LIV) gegründet hat. Al-Nafjan sandte ihre ehemalige Schülerin Omaima al-Najjar. Sie hat - von Italien aus - nach dem Vorbild al-Nafjans einen Blog über saudische Frauenrechte gegründet.

Unterschiedliche Regime, vergleichbare Repressionen

Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" macht keinen Hehl daraus, dass die Preise mit aktuellem Bezug vergeben werden und so Druck auf die entsprechenden Regierungen ausgeübt werden soll. So war die Auszeichnung für al-Nafjan, wie eine Sprecherin sagte, eine direkte Konsequenz auf den Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi vergangenes Jahr im saudischen Konsulat in Istanbul.

Al-Najjar hat beschrieben, wie die Regierung Saudi-Arabiens daran interessiert ist, gerade dann ihr Image aufzupolieren, wenn die Brutalität des Regimes besonders augenfällig ist. Die vielbeachtete Aufhebung des Fahrverbots für Frauen ist ein gutes Beispiel.

Der Press Freedom Award: die drei PreisträgerinnenBild: RSF

"Ich glaube, die sogenannten Reformen sind genau zu einem Zeitpunkt gekommen, als Saudi-Arabien jede Menge Gegenwind bekam angesichts der Verbrechen in Jemen", sagt al-Najjar der DW. "Nach der Ermordung von Jamal Khashoggi gab es Druck von den Medien. Kurz darauf wurden einige Aktivistinnen freigelassen, um Khashoggi vergessen zu machen."

Al-Najjar sagt, dass es immer noch etliche Menschen gibt, die Blogs über das Regime schreiben. Oder auch nur Solidarität mit Bloggern bekundet hätten. "Die Mehrheit von ihnen sieht sich Anklagen im Zusammenhang mit Terrorismus gegenüber", sagt sie. Aber mit Blick auf den Druck durch Medien und die internationale Öffentlichkeit sei nun vom Vorwurf der Cyberkriminalität die Rede.

Und die Situation in Vietnam? Es ist immer noch ein kommunistisches Land, das von einer einzigen politischen Partei dominiert wird. Unabhängige Medien? Fehlanzeige!

Schikanen und Prügel

Die Organisation LIV hat aus diesem Grund zwei Magazine gegründet: "Luat Khoa" konzentriert sich auf politische und rechtliche Fragen. Daneben gibt es - in englischer Sprache - "The Vietnamese". Diese Foren sollen dabei helfen, Journalisten in Vietnam auszubilden und ihnen eine Plattform zu bieten. "Was wir versuchen, ist, eine freie Presse in Vietnam Wirklichkeit werden zu lassen", sagt Huu Long Trinh der DW.

Pressefreiheit in Vietnam - keine RealitätBild: picture alliance/ZB/A. Burgi

Die in Berlin abwesende Pham Doan Trang arbeitet mit an diesen Magazinen - trotz extremer Schikanen durch die Regierung. "Sie wurde unzählige Male von der Polizei festgehalten und ein paar Mal verprügelt", sagt Trinh. "Es ist ihr nicht gestattet, länger als eine Woche an einem Ort zu bleiben. Alle ein bis zwei Wochen muss sie umziehen. Ich bemühe mich um internationale Anerkennung für sie, damit es für Trang zu Hause sicherer ist."

Malta: "Drehscheibe der Korruption"

Von den drei Preisträgern ist Muscats Geschichte aus europäischer Sicht die härteste. Die Europäische Union hat gelernt, Malta zu tolerieren, obwohl das Land seit Jahren als "Drehscheibe der Korruption" bezeichnet wird. "Wenn Journalisten innerhalb Europas investigativ recherchieren, kommt früher oder später Malta ins Spiel", sagt Muscat. "Wir reden hier über Korruption und Geldwäsche."

Gedenken an Daphne Caruana GaliziaBild: DW/D. Repeckaite

Nachdem ihre Freundin Daphne Caruana Galizia im Oktober 2017 durch eine Autobombe ermordet wurde, als sie die Korruption innerhalb der maltesischen Regierung aufgedeckt hatte, half Muscat bei der Gründung von "The Shift News" mit: einer unabhängigen, investigativen Nachrichten-Webseite, die sich der Bekämpfung der Korruption verschrieben hat.

Der Schock durch den Mord änderte alles für Muscat. "Ich konnte unmöglich weiter als Redakteurin einer Zeitung arbeiten, die die Bedeutung einer solchen Tat nicht versteht", sagt sie. "Wir haben gespürt, dass sich etwas ändern muss. So habe ich die Leute zusammengebracht, um 'The Shift News' zu gründen. Wir wollten alles tun, um die Arbeit fortzusetzen, die Daphne Caruana Galizia begonnen hat."

Auf der anderen Seite unternimmt die Regierung Maltas alles Mögliche, um das Andenken an Galizia vergessen zumachen. Die drei Männer, die im Dezember 2017 im Zusammenhang mit dem Mord verhaftet wurden, stehen immer noch nicht vor Gericht. Und Muscat erzählt, dass die Blumen und Kerzen fast täglich von dem Mahnmal zur Erinnerung an die Journalistin entfernt werden.

Ein Blick auf die Karte von "Reporter ohne Grenzen", die regelmäßig die Standards für Pressefreiheit in aller Welt bewerten, zeigt: Nur in wenigen Ländern können Journalisten wirklich frei arbeiten, hauptsächlich in einer Handvoll von Ländern in Nordeuropa. Die NGO ist überzeugt davon, dass ihre Arbeit und auch die Preise an Journalistenkollegen letztlich Wirkung zeigen: Der Gewinner von 2001, Reza Alijani, wurde einige Tage nach seiner Auszeichnung aus iranischer Haft entlassen.

Preis dafür, dass Du Deinen Job machst

Die indische Autorin Swati Chaturvedi, Gewinnerin im vergangenen Jahr, die die Trollaktivitäten der indischen Regierungspartei aufdeckte, betonte: "Ich finde nicht, dass Du einen Preis dafür bekommen solltest, nur weil Du deinen Job machst." Die Auszeichnung sei ein Beweis für die verzweifelte Situation, in der sich die Presse befinde.