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Reporterin der "New York Times" in Beugehaft

Daniel Scheschkewitz, Washington7. Juli 2005

Von traurigen Zeiten in den USA spricht ein Journalist, der von einem Gericht zur Preisgabe seines Informanten mit Gefängnisandrohung gezwungen wurde. Eine Kollegin von ihm blieb unbeugsam und sitzt nun hinter Gittern.

Proteste vor dem Gericht blieben zwecklosBild: ap

In den USA hat am Mittwoch (6.7.2005) ein Bundesrichter Beugehaft für eine prominente US-Reporterin angeordnet, weil sie sich weigerte, vor Gericht ihren Informanten Preis zu geben. Das Gericht will herausfinden, wer vor zwei Jahren die CIA-Agentin Valerie Plame enttarnte. Plames Ehemann hatte kurz vor dem Irakkrieg Präsident Bush für seine Behauptung kritisiert, die irakische Regierung habe versucht, in Afrika angereichertes Uran zu kaufen. Es wird vermutet, dass der Hinweis auf die Identität der Geheimdienst-Frau aus dem Weißen Haus kam.

Die Enttarnung einer CIA-Agentin ist in den USA ein strafrechtliches Vergehen. Wer immer den Journalisten den Tip gab, hat sich eines Verbrechens schuldig gemacht. Deshalb ermittelte der Staatsanwalt, befragte Präsident Bush, Vizepräsident Cheney und eine ganze Reihe anderer ranghoher Beamten im Weißen Haus. Seine Ermittlungen waren abgeschlossen, bis auf die Zeugenaussage der "New-York-Times"-Reporterin Judith Miller und des "Time-Magazine"-Journalisten Matt Cooper.

Letzte Schritte in Freiheit: Judith Miller auf dem Weg ins GerichtBild: ap

Presse-Unfreiheit

Trotz der angedrohten Beugehaft wegen Missachtung des Gerichts brach Miller auch am Mittwoch ihr Schweigen nicht. "Dies ist entweder ein Prinzip oder nicht. Und für mich ist der Quellenschutz eines der Kardinalprinzipien unseres Berufs."

Miller wird nun den Rest des Ermittlungsverfahrens – wahrscheinlich bis Ende Oktober – hinter Gittern verbringen. So will die US-Justiz die Reporterin doch noch zur Aussage zwingen.

Ihr Kollege Matt Cooper erklärte sich in letzter Minute zur Aussage vor Gericht bereit. Angeblich will ihn sein Gewährsmann in einem Anruf kurz vor dem Gerichtstermin von der Schweigepflicht befreit haben. "Es sind traurige Zeiten", sagte Cooper nach dem Gerichtstermin, "wenn zwei Journalisten, die bloß ihre Arbeit gemacht haben und das in sie gesetzte Vertrauen nicht missbrauchen wollten, ins Gefängnis sollen."

Matt Cooper vor dem Bundesgericht in Washington mit seiner Frau Mandy GrunwaldBild: ap

Unbeugsam

Cooper bleibt nun auf freiem Fuß. Seinen Informanten will er nur vor Gericht nennen. Coopers Arbeitgeber, das "Time Magazine", hatte dessen vertrauliche Unterlagen über die Enttarnung der CIA-Agentin allerdings schon zu einem früheren Zeitpunkt den Justizbehörden zur Verfügung gestellt. Anders als die "New York Times". Deren Herausgeber, Ed Keller, bedauerte das Urteil des Richters und kommentierte die Beugehaft für seine Reporterin so: "Immerhin begreifen jetzt vielleicht einige der Augenzeugen von illegalen Umtrieben in Regierungsbehörden, dass es immer noch Journalisten in diesem Land gibt, die sich nicht beugen lassen."

Miller ließ durch ihren Anwalt ankündigen, dass sie bis zum Ende des Ermittlungsverfahrens – wahrscheinlich am 28. Oktober – weiter schweigen will. Ironischerweise hatte die Journalistin über das Thema zwar intensiv recherchiert, aber nie eine einzige Zeile geschrieben. In die Öffentlichkeit war der Name der CIA-Agentin zum ersten Mal vom Washington-Post-Kolumnisten Bob Novak gebracht worden. Er bedauerte das Vorgehen gegen seine Kollegin, will aber selbst nicht sagen, ob er gegenüber den Justizbehörden eine Aussage gemacht hat.

Nachholbedarf

Der Fall Miller dürfte presserechtliche Folgen haben. In 49 von 50 US-Bundesstaaten gibt es ein Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten. Nur auf Bundesebene fehlt ein solches Gesetz bisher. Beide Parteien im US-Kongress haben bereits angedeutet, dass sie hier Nachholbedarf sehen.

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