1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Moldau sagt Ja zu Europa und Nein zu Russland

29. September 2025

Bei der Parlamentswahl in Moldau erreicht die proeuropäische Partei PAS überraschend erneut die absolute Mehrheit. Offenbar war die Furcht vor Russlands Einfluss riesig. Die prorussische Opposition kündigt Proteste an.

Kopf einer Frau, die hinter Mikrofonen steht: Maia Sandu, Staatspräsidentin von Moldau  gibt ihre Stimme bei den Parlamentswahlen ab
Die große Gewinnerin der Wahl ist Staatspräsidentin Maia Sandu. Ihre Partei PAS hat bei der Wahl am 28.09.2025 überraschend die absolute Mehrheit gewonnenBild: Vadim Ghirda/AP Photo/dpa/picture alliance

"Russland und russischer Einfluss? Nein, danke!" - mit dieser klaren Botschaft einer unerwartet großen Mehrheit ist die Parlamentswahl in der Republik Moldau ausgegangen. Deutliche Gewinnerin der Wahl ist die regierende proeuropäische Partei Aktion und Solidarität (PAS), die entgegen aller Umfragen auf etwas mehr als 50 Prozent der Stimmen kam und ihre bisherige absolute Mehrheit überraschend verteidigen kann. Sie wird im neuen Parlament voraussichtlich über eine Mehrheit von 55 der 101 Sitze verfügen, verliert jedoch acht Sitze gegenüber dem Wahlergebnis von 2021.

Das prorussische Wahlbündnis Patriotischer Block unter Führung des Ex-Staatspräsidenten Igor Dodon erhielt lediglich 24 Prozent der Stimmen und schnitt schlechter ab, als viele Umfragen vorhergesagt hatten. Ebenfalls im neuen Parlament vertreten sein werden der nominell neutrale, faktisch aber ebenfalls prorussische Wahlblock Alternative des Bürgermeisters der Hauptstadt Chisinau, Ion Ceban, (rund acht Prozent) sowie die Partei des populistischen Geschäftsmannes Renato Usatii (Unsere Partei, sechs Prozent).

Eine zweite große Überraschung der Wahl ist der Einzug einer Partei ins Parlament, mit der keine Umfrage und kein Beobachter gerechnet hatte: Die rechtspopulistische Partei Demokratie Zuhause (PPDA) erhielt 5,6 Prozent der Stimmen. Sie tritt für eine Wiedervereinigung der Republik Moldau mit Rumänien ein und ist mit der rechtsextremen rumänischen Partei Allianz für die Vereinigung der Rumänen (AUR) verbündet, deren Chef George Simion in der Republik Moldau Einreiseverbot hat.

Proeuropäische Partei gewinnt nicht nur Auslandsstimmen

Nach der detaillierten Auszählung der Stimmen zeigte sich, dass die PAS nicht nur die große Mehrheit der Stimmen in der starken moldauischen Diaspora in westeuropäischen Ländern (rund 800.000 Menschen) gewinnen konnte, sondern auch die Stimmenmehrheit in drei Vierteln der Kreise im Land. Der Patriotische Block konnte lediglich im traditionell prorussischen Norden des Landes und in der Autonomieregion Gagausien sowie unter den relativ wenigen Wählern aus der separatistischen Region Transnistrien gewinnen. 

Eine moldauische Familie bei der Parlamentswahl in ChisinauBild: Daniel Mihailescu/AFP

Das Wahlergebnis ist damit in erster Linie eine schwere Niederlage für Russland und den Kreml, der massiv in eine prorussische Kampagne investiert hatte. Der PAS-Chef Igor Grosu, der auch Parlamentspräsident ist, sagte dazu am Montag Vormittag: "Moldau, ich verneige mich vor dir, du hast Schlacht um Schlacht gegen Feinde des Landes gewonnen, die unbesiegbar schienen. Russland hat alles Schmutzige, was es besitzt, in den Kampf geworfen. Tonnenweise Geld, Lügen, Ungesetzlichkeiten." Grosu bezeichnete das Wahlergebnis als klare Botschaft, dass "wir bei uns zuhause selbst bestimmen und nicht Russland". Er sagte, "nicht nur die PAS habe die Wahl gewonnen, sondern die Menschen".

Prorussische Propaganda und Stimmenkauf

Einer der populären PAS-Spitzenkandidaten, Radu Marian, postete in der Nacht zum Montag auf Facebook: "Moldau - 3, Putin - 0. Glückwunsch an die Moldauer!" Es war eine Anspielung auf die Präsidentschaftswahl im November 2024, bei der die proeuropäische Amtsinhaberin Maia Sandu gewonnen hatte, sowie auf das gleichzeitig abgehaltene EU-Referendum, das knapp für eine EU-Perspektive der Republik Moldau ausgegangen war.

Vor der Wahl wurden bei einer Polizeirazzia 20 Millionen Lei (ca. 4 Millionen Euro) gefunden, mit denen mutmaßlich Wählerstimmen für prorussische Parteien gekauft werden sollten Bild: CNA

In den vergangenen Wochen und Monaten war die Republik Moldau mit prorussischen Inhalten in sozialen Medien überschwemmt worden. Die hatte großenteils der Patriotische Wahlblock verbreitet, vieles war aber auch von unbekannten Accounts gepostet worden. Außerdem hatte der wegen des "Milliardenraubes" rechtskräftig verurteilte Geschäftsmann Ilan Sor aus Moskau einen großangelegten Stimmenkauf organisiert.

Kampf gegen russische Einflussnahem auf die Wahl

Immer wieder waren in den vergangenen Wochen Koordinatoren seines Netzwerks verhaftet worden, zuletzt in der vergangenen Woche im Zuge einer Großrazzia im ganzen Land, bei der große Mengen Bargeld, Propagandamaterialien, gefälschte Wahlzettel und auch Waffen sichergestellt wurden. Die moldauische und die serbische Polizei verhafteten außerdem Teilnehmer eines Trainingscamps in Serbien, in dem moldauische und rumänische Staatsbürger dafür ausgebildet wurden, im Umfeld der Parlamentswahl Unruhen zu inszenieren.

Zudem hatte die moldauische Wahlkommission (CEC) mehreren prorussischen Parteien die Teilnahme an der Wahl wegen illegaler Wahlkampf- und Parteienfinanzierung untersagt. Zuletzt betraf das wenige Tage vor der Wahl zwei Parteien, darunter die prorussische Partei Herz Moldaus (IM) von Irina Vlah, einer ehemaligen Gouverneurin der autonomen Region Gagausien, dessen politische Elite eng an den Kreml angebunden ist.

Proteste und Unruhen erwartet

Die moldauische Staatspräsidentin Maia Sandu hatte sich am Wahlsonntag nach ihrer Stimmabgabe in ungewöhnlich emotionaler und alarmierter Weise an die Wählerinnen und Wähler gewandt und unter anderem auf Facebook ein Video gepostet, in dem sie sagte: "Russland ist nicht unser Freund. Es hat ein Nachbarland ohne jegliches Motiv angegriffen, es hat uns den Gashahn zugedreht, und es will unsere Stimmen und unser Land kaufen." Später schrieb sie ebenfalls auf Facebook: "Moldau ist unser Land, nicht das der kriminellen Gruppierung von Sor."

Igor Dodon, Vorsitzender der Partei der Sozialisten der Republik Moldau und Anführer des Patriotischen Blocks, am Abend des Wahltags in ChisinauBild: Vladislav Culiomza/REUTERS

Der Führer des Patriotischen Blocks, Igor Dodon, erklärte am späten Sonntag Abend, dass die PAS die Wahl verloren habe und rief für Montag zu Protesten auf, um "den Sieg des Volkes gegen die PAS" zu verteidigen. Bis zum Montag Vormittag äußerte sich Dodon nicht mehr zu den Wahlergebnissen. Beobachter erwarten in den kommenden Tagen jedoch keine größeren Proteste oder Unruhen, da das Wahlergebnis unerwartet klar ausgegangen sei. Der Chisinauer Bürgermeister, Ion Ceban, schrieb auf Facebook lediglich: "Wir danken allen. Wir respektieren das Votum der Bürger!"

Der PAS-Chef und Parlamentspräsident Igor Grosu verteidigte in seiner Pressekonferenz das Recht der Opposition, öffentlich zu protestieren. Er rief den Patriotischen Block und seinen Parlamentskollegen Igor Dodon dazu auf, friedlich zu protestieren und Teilnehmer von Protesten nicht zu bezahlen - wie es bisher immer wieder der Fall war.