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PolitikEuropa

Moldau: Russische Drohungen und die "Freunde Putins"

Vitalie Călugăreanu Chisinau | Dana Alexandra Scherle
29. September 2022

Die Gefahr einer Destabilisierung der Republik Moldau ist groß. Das Separatistengebiet Transnistrien, in dem russische Soldaten stationiert sind, ist nicht das einzige schwerwiegende Problem der Ex-Sowjetrepublik.

Das Wappen der Separatistenregion Transnistrien
Das Wappen der Separatistenregion Transnistrien Bild: Sergei Gapon/AFP

Der Ukraine-Krieg ist bedrohlich nahe: Schon in den frühen Morgenstunden des 24. Februar 2022 wurden viele Moldauer von den Explosionen im Nachbarland geweckt. Jetzt ist die Lage noch angespannter. Die Schein-Referenden in den von Russland besetzten Gebieten in der Ukraine, die von Putin verkündete Teilmobilisierung und die Gefahr eines Einsatzes von "unkonventionellen Waffen" seien mögliche Risiken für die Republik Moldau, sagte Präsidentin Maia Sandu, nachdem am vergangenen Wochenende der Oberste Sicherheitsrat des Landes getagt hatte. Gleichzeitig versicherte sie, dass alle Institutionen im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich darauf vorbereitet seien, auf Bedrohungen angemessen zu reagieren. "Zurzeit wird das Risiko eines Einsatzes von Atomwaffen zwar als wenig wahrscheinlich eingestuft, aber nicht als unmöglich", betonte Sandu. Der Oberste Sicherheitsrat habe der moldauischen Regierung daher empfohlen, zu überprüfen, ob die Institutionen und die Bevölkerung auf die eventuellen Konsequenzen solcher Szenarien oder eines Atomunfalls vorbereitet seien. 

Die pro-europäische Präsidentin der Republik Moldau, Maia Sandu, wurde vergangene Woche von Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin empfangen Bild: Markus Schreiber/AP/picture alliance

Scharfe Töne aus Moskau

Die neue Eskalationsstufe in Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ist für die ehemalige Sowjetrepublik Moldau nicht nur wegen der geografischen Nähe zur Ukraine besonders bedrohlich. Im Separatistengebiet Transnistrien, das sich Anfang der 1990er mit russischer Hilfe von der Republik Moldau abgespalten hat, sind seit damals immer noch russische Soldaten stationiert. Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte die Republik Moldau Anfang September davor gewarnt, dass "eine Bedrohungssituation" für die Sicherheit russischer Truppen in Transnistrien eine militärische Konfrontation mit Moskau auslösen könnte. "Jede Gefährdung der Sicherheit russischer Truppen würde nach internationalem Recht als ein Angriff auf Russland gewertet", so Lawrow in einem Interview mit einem russischen TV-Sender. Bereits im Juni 2022 hatte Lawrow behauptet, die moldauischen Behörden würden "alles Russische annullieren, genau wie in der Ukraine".

Seit Juni hat die Republik Moldau - genau wie die Ukraine - EU-Kandidatenstatus. Im Frühling hatte die russische Botschaft in der moldauischen Hauptstadt Chisinau russischsprachige Bürger im Land aufgerufen, sich per E-Mail zu melden, wenn sie diskriminiert würden. Doch die angesprochenen russischsprachigen Moldauer forderten Moskau stattdessen auf, die Republik Moldau in Ruhe zu lassen: Sie müssten nicht "gerettet" werden und würden nicht diskriminiert.

Einberufung von Moldauern mit russischen Pässen? 

Vor allem im Separatistengebiet Transnistrien gibt es Menschen, die sowohl die moldauische als auch die russische Staatsbürgerschaft haben. Das ist vor dem Hintergrund der Teilmobilisierung russischer Bürger besonders heikel. Denn nach Angaben des moldauischen Verteidigungsministeriums ist die Einberufung von Moldauern möglich, wenn sie in Russland leben und auch die russische Staatsbürgerschaft besitzen. Dies gelte aber nicht für Moldauer mit russischen Pässen, die ihren Wohnsitz außerhalb der Russischen Föderation haben - also auch nicht für jene in der Republik Moldau, inklusive Transnistrien. Präsidentin Maia Sandu warnte außerdem, dass Moldauer mit russischen und moldauischen Pässen die moldauische Staatsbürgerschaft verlieren würden, wenn sie auf der Seite Russlands gegen die Ukraine kämpften.

Die ehemalige Sowjetrepublik Moldau liegt zwischen Rumänien und der Ukraine

Nachdem Putin die Teilmobilmachung dekretiert hatte, waren die Schlangen in der moldauischen Botschaft in Russland so lang, dass die Konsularabteilung auch am Wochenende geöffnet blieb: Sehr viele Moldauer mit doppelter Staatsbürgerschaft wollten dort sogenannte "weiße Pässe" abholen. Dies ist ein vorläufiges Dokument, das die einmalige Einreise in die Republik Moldau ermöglicht, wenn jemand seinen moldauischen Pass verloren hat oder dieser abgelaufen ist. Doch auch für die Moldauer mit "weißen Pässen" oder für jene, die nur die moldauische Staatsbürgerschaft haben und somit nicht in die russische Armee einberufen werden können, ist es sehr schwierig, aus Russland in die Republik Moldau zurückzukehren. Chisinau hat die direkten Flugverbindungen mit Russland schon am ersten Tag der russischen Invasion in der Ukraine ausgesetzt - aus Sicherheitsgründen. Ein Flugticket mit mehreren Zwischenstopps von Moskau nach Chisinau kostet inzwischen Tausende von Euro.

Moldauische Migranten verlassen Russland 

Viele Moldauer, die in Russland lebten und arbeiteten, seien schon lange vor der Teilmobilisierung in ihre Heimat zurückgekehrt, sagt Demografie-Expertin Olga Gagauz vom Nationalen Institut für Wirtschaftsstudien in Chisinau im Gespräch mit der DW. Vor dem Beginn von Russlands Angriffskrieg in der Ukraine lebten mehr als 300.000 moldauische Migranten in der Russischen Föderation, doch deren Zahl ist auf rund 70.000 gefallen - und das noch vor der Teilmobilisierung. 

Die Republik Moldau gehört zu keinem Militärbündnis, ihre Neutralität ist in der Verfassung verankert. "Doch echte Sicherheitsgarantien kann uns nur eine Niederlage des Putin-Regimes auf dem Schlachtfeld bieten", sagt Oazu Nantoi, Abgeordneter der pro-europäischen Partei PAS. "Ansonsten sind wir nicht geschützt, obwohl wir uns für neutral erklären." 

Zeltlager vor dem Präsidialamt, bezahlte Demonstranten 

Es gibt viele Versuche der Destabilisierung in der Republik Moldau - unter anderem über russische Medien und deren Propaganda und pro-russische Parteien in Chisinau. So versuchen Russland-freundliche Politiker der pro-europäischen Regierung die Schuld an den dramatisch steigenden Energiepreisen und der Inflation von über 34 Prozent zu geben. Pro-russische Einstellungen gibt es nicht nur in der Politik und bei den meisten Bewohnern des Separatistengebiets Transnistrien, sondern auch in der autonomen Region Gagausien im Süden des Landes. Hier lebt die Minderheit der Gagausen, ein christlich-orthodoxes Turkvolk.

In der Hauptstadt Chisinau haben Anhänger der oppositionellen Shor-Partei vor dem Präsidialamt ein Zeltlager aufgeschlagen. Sie fordern den Rücktritt der pro-europäischen Staatschefin Maia Sandu. Ilan Shor, Vorsitzender der nach ihm benannten Partei, wurde wegen Geldwäsche zu siebeneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Er kontrolliert mehrere Firmen und ein ganzes Medienimperium. Um der Haftstrafe zu entgehen, floh der "vertrauenswürdige Partner Moskaus", wie ihn Russlands Propagandasender bezeichnen, in sein Geburtsland Israel. Viele der Demonstranten vor dem Präsidialamt erzählten Reportern, sie seien bezahlt worden, um gegen die Präsidentin Moldaus zu protestieren. In Videos, die im Internet kursieren, bezeichnen sie sich stolz - und sichtlich betrunken - als "Freunde Putins". 

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