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Republika Srpska übergibt Daten an Srebrenica-Kommission

27. Mai 2004

- Lage von weiteren 16 Massengräbern mit ermordeten bosnischen Muslimen bekannt gegeben

Bonn, 27.5.2004, DW-RADIO/Bosnisch, Zoran Pirolic

Erstmals hat kürzlich ein hoher politischer Vertreter der Republika Srpska eingeräumt, in Srebrenica seien Verbrechen an Bosniaken verübt worden. Diese Aussage stammt vom Präsidenten der Republika Srpska, Dragan Cavic. In der Föderation stieß sie auf unterschiedliche Reaktionen. Tatsache ist jedoch, dass trotzdem die Kooperation der Behörden der Repulika Srpska mit der Kommission, die einen Bericht über Srebrenica verfasst, sich im Gegensatz zu früher sehr verbessert hat. Dies erklärte heute Amor Masovic, Vorsitzender der Kommission für die Suche nach Vermissten aus der Föderation. Aus Sarajevo ein Bericht von unserem Korrespondenten Zoran Pirolic:

"Sie wurde lange erwartet, sie ist willkommen, aber sie reicht nicht. Das heißt, sie entspricht nicht dem, was Gerichte mittlerweile festgestellt haben." So schätzt Amur Masovic, Vorsitzender der Kommission zur Suche Vermisster, die jüngste Aussage des Präsidenten der Republika Srpska Dragan Cavic ein, dass es in Srebrenica zu Verbrechen an bosnischen Muslimen gekommen ist.

Masovic traf sich gestern mit Milan Bogdanic, dem Vorsitzenden der Kommission für Srebrenica, von dem er Daten über die Lage von weiteren 16 Massengräbern mit ermordeten bosnischen Muslimen aus Srebrenica erhielt. Über die Aussage von Cavic, mit dem erstmals von der höchsten politischen Ebene der Republika Srpska der Massenmord von Srebrenica anerkannt wurde, sagt Masovic gegenüber DW-RADIO: "Es gibt natürlich ein sehr wichtiges Schlüsselwort, und mir ist klar, dass es für ihn schwer ist, es auszusprechen - und zwar dass das erste Mal seit dem Holocaust jemand im Herzen Europas sagen muss, dass im Namen von irgendwem, auch wenn es einzelne Individuen waren - so etwas Schreckliches wie Völkermord begangen wurde."

Beriz Belkic, ehemaliges Präsidentschaftsmitglied und jetziger Vorsitzender der Stiftung für Srebrenica, denkt: "Ich habe überhaupt nicht die Absicht, irgendwen durch die Medien davon zu überzeugen, dass der Tag Tag ist und dass die Nacht Nacht ist, also etwas, was einfach ein Axiom ist."

Behara Hasanovic, Mitglied der Vereinigung der Frauen der Enklave Srebrenica, schätzt Cavics Aussage folgendermaßen ein: "Ich glaube ihm nicht. Warum hat er neun Jahre geschwiegen, die vergangen sind, seit sich das in Srebrenica zugetragen hat. Er erwähnt den Völkermord nicht, und darum glaube ich ihm nicht. Warum sagt er nicht 'Völkermord'?"

Dennoch ist die Aussage des Pragmatikers Cavic der erste Schritt auf dem Wege dahin, anzuerkennen, dass sich in Srebrenica wirklich ein Völkermord ereignet hat, für den nicht ein ganzes Volk verantwortlich ist, sondern Individuen, nach denen das Den Haager Kriegsverbrecher-Tribunal [ICTY] auch heute noch sucht. (md)