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Politik

US-Wahlmann: "Ich konnte Trump nicht wählen"

Michael Knigge glh
18. Dezember 2016

Seine Stimme Donald Trump zu geben? Das konnte er nicht mit seinem Gewissen vereinbaren. Also trat Wahlmann Art Sisneros aus Texas zurück. Im DW-Interview erläutert er seine Gründe.

Art Sisneros, Wahlmann aus Texas
Art Sisneros, ehemaliger republikanischer Wahlmann aus TexasBild: A. Sisneros

DW: Was hat dazu geführt, dass Sie gesagt haben, Donald Trump kann ich nicht wählen?

Art Sisneros: Als ich zum ersten Mal in dieses ehrenvolle Amt gewählt wurde, wurde mir bewusst, dass ich gar nicht die ganze Geschichte des Wahlmännergremiums kannte. Also begann ich, mich damit auseinanderzusetzen. Ich stellte fest, dass bei der Gründung festgehalten wurde, dass man als Wahlmmann allein auf sein Gewissen hören soll - und nicht gezwungenermaßen auf den Willen der Mehrheit. Man wird als Wahlmann gewählt, um entsprechend seinem Gewissen seine Stimme abzugeben.

Als mir diese historisch eigentlich vorgesehene Rolle eines Wahlmannes klar wurde, fragte ich mich: "Was sagt mir mein Gewissen?" Und da ich ein Christ bin, wandte ich mich an die Bibel. Ich fand eine Stelle, in der es um Wahlen ging. Es sind genaue Richtlinien niedergeschrieben, welche Art von Person man wählen sollte. Und ich stellte fest, dass Herr Trump diese Qualifikationen nicht erfüllen konnte.

In dieser Box werden die Stimmen aller US-Wahlmänner gesammeltBild: Getty Images/C. Somodevilla

Welche Qualifikationen sind das genau, die Donald Trump von ihrem christlichen Standpunkt aus als Präsident nicht erfüllt?

Das sind sehr grundlegende Dinge und sie sind auch nicht kompliziert. Der Präsident sollte ein Mann sein, der Ehrfurcht vor Gott hat, der gerecht und anständig regiert - stets in Übereinstimmung mit den Maßstäben, die Gott gesetzt hat. Das bedeutet, dass man keine bestimmten Gruppen von Menschen bevorzugt und auch keine bestimmten Freunde. Es bedeutet, dass das Recht für jeden Menschen gleichermaßen gilt. Es bedeutet, dass wir von niemandem stehlen und dass man die Regierung nicht zu seinem eigenen Vorteil nutzt.

Man hat ja gesehen, dass Donald Trump schon als Geschäftsmann die Regierung genutzt hat und unfairerweise zu seinem Vorteil Einfluss genommen hat. Er hat angesehene Bereiche genutzt, um den Privatbesitz von anderen zu nehmen, für sein Geschäft. Er ist ein Individuum, das seinen Einfluss zu seinem eigenen Vorteil ausnutzt und benutzt. Ich verstehe, dass er das tut. Aber das führt auch dazu, dass ich denke, dass er als Amtsträger nicht jeden gleich behandeln wird.

Gab es einen bestimmten Moment, in dem Sie Ihren Entschluss fassten, oder war es eher ein Prozess?

Donald Trump während seiner "Thank You Tour"Bild: picture-alliance/dpa/D. Anderson

Es war ein Prozess. Donald Trump hat sich bis heute nicht verändert, nicht seit vergangenem Jahr und auch nicht in den vergangenen sechs Monaten. Es war also eine Entwicklung meiner Überzeugung dessen, wen ich wählen musste. Als ich mir diesen Standard klar gesetzt hatte, war klar, dass Trump zu keinem Zeitpunkt als Präsident geeignet war. Es war also kein Wandel bei Donald Trump, sondern einer meines Verständnisses dessen, welche Eigenschaften ein Präsident haben muss.

Als Sie öffentlich sagten, dass Sie Trump nicht wählen könnten, wurden Sie viel kritisiert und traten dann als Wahlmann zurück. Haben Sie Ihre Entscheidung seither bereut?

Ich bin davon überzeugt, dass es die richtige Entscheidung war. Die Maßstäbe bleiben gleich und ich denke nicht, dass sich irgendetwas in Trump verändert hat. Er ist nach wie vor nicht qualifiziert. Der Hauptgrund für meinen Rücktritt war, dass in meinem Staat, Texas, das Verständnis vorherrscht, dass man als Wahlmann sozusagen die Zusage gibt, dass man für den Kandidaten stimmt. Ich wurde also genau dafür gewählt. Ich habe niemandem erzählt, dass ich mich daran nicht halten wollte, auch nicht von der Entwicklung in meiner Denkweise. Also bekommen die Menschen einen Wahlmann, der für den Kandidaten stimmt, und ich habe klargestellt, dass ich nicht diese Person sein kann, da ich in dieser Frage keine Kompromisse eingehe.

Gibt es etwas, das sie anderen republikanischen Wahlmännern sagen möchten, angesichts der Tatsache, dass viele Republikaner während des Wahlkampfes ihre Zweifel an Trump äußerten?

Ich glaube, was man mitnehmen kann, ist dass man als Wahlmann verstehen muss, wo man steht. Und dass die Rolle des Wahlmannes nicht geschaffen wurde, um die Meinung des Volkes abzunicken. So funktioniert unser System nicht. Unser System ist in diesem Sinne keine reine Demokratie, es ist eher eine Republik. Die Wahlmänner müssen sich also darüber im Klaren werden, welche Rolle sie inne haben und was ihr Gewissen ihnen sagt. Ich gehe nicht zu den Leuten und sage ihnen: "Du musst genau so denken." Ich erkläre lediglich, wie ich denke. Jeder muss auf sein Gewissen hören.

Art Sisneros ist Republikaner aus Texas. Er ist einer von 538 Wahlmännern in den USA. Er trat von seinem Amt zurück, da er seine Stimme nicht für Donald Trump abgeben wollte.

Das Interview führte Michael Knigge.

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