Der Schotte ebnete mit seinen unkonventionellen und radikalen Werke den Weg für die Pop Art in Großbritannien. Nach langer Zeit sind Eduardo Paolozzis bahnbrechende Collagen jetzt wieder in Berlin zu sehen.
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Eduardo-Paolozzi-Schau: "Lots of Pictures - Lots of Fun"
Eine Serie von "Bunk!"-Collagen, die der Künstler von 1947 bis 1952 in Paris und London schuf, gelten als Prototypen der Pop-Art. Einige der Werke stehen im Mittelpunkt einer neuen Paolozzi-Ausstellung in Berlin.
Bild: Trustees of the Paolozzi Foundation/VG Bild-Kunst, Bonn 2017
'Bunk!: Evadne in Green Dimension', 1952
Paolozzis "Bunk!"-Collagen gehören zu den ersten Werken der britischen Pop-Art. Erstmals ausgestellt wurden sie während der legendären Bunk!-Veranstaltung von 1952, die von der Independent Group, einer Vereinigung junger Künstler, organisiert wurde. Paolozzi bearbeitete 1972 die Werke im Siebdruckverfahren für seine "Bunk!"- Serie.
Bild: Trustees of the Paolozzi Foundation/VG Bild-Kunst, Bonn 2017
'Bunk!: Take Off', 1950
Inspiriert von Reklamebildern in einer Ausgabe des "US Camera" Magazins von 1950, werden in dieser Collage ein Flugzeug und eine Schlittschuhläuferin übereinander gestellt. Vielleicht sollte hier die amerikanische Euphorie in der Nachkriegszeit kommentiert werden. Das Werk wurde ursprünglich durch ein Epidiaskop dargestellt, das Notizen des Künstlers mitsamt Zeitungsausschnitten projizierte.
Bild: Trustees of the Paolozzi Foundation/VG Bild-Kunst, Bonn 2017
Eduardo Paolozzi, 'His Majesty the Wheel', 1958–1959
Dieses Werk gehört zu den von Paolozzi in den 50er Jahren kreierten brutalistischen Bronzestatuen. Nach seinem Studium in Edinburgh und London zog der Künstler 1947 nach Paris. Dort entwickelte er eine Skulpturstil, der u.a. vom Schweizer Künstler Alberto Giacometti inspiriert wurde. Auch in diesem Werk untersuchte Paolozzi die Verbindung zwischen Mensch und Maschine.
Bild: Trustees of the Paolozzi Foundation/VG Bild-Kunst, Bonn 2017
'As is When: Wittgenstein in New York', 1965
Die aus zwölf Teilen bestehende Collagenserie "As is when" war Paolozzis erstes großes Print-Projekt. Die Collagen, aus denen diese Siebdrucke entstanden, schuf der Künstler zwischen Mai 1964 und März 1965. Die gesamte Serie bezog sich auf den österreichisch-britischen Philosophen Ludwig Wittgenstein. Das Thema dieser Collage (Bild) sind Wittgensteins Reisen nach New York.
Bild: Trustees of the Paolozzi Foundation/VG Bild-Kunst, Bonn 2017
'As is When: Wittgenstein the Soldier', 1965
Paolozzi war weniger an Wittgensteins philosophischen Überlegungen als vielmehr an seinem Leben interessiert. Dieses inspirierte den Künstler dazu, mehrere Erfahrungsebenen in eine Collage einzubringen und sie in einem Bild zusammenzufassen. "Ich musste jemanden wie Wittgenstein finden, um diese Idee an jemanden heften zu können", erklärte Paolozzi einmal.
Bild: Trustees of the Paolozzi Foundation/VG Bild-Kunst, Bonn 2017
'Bunk: Vogue Gorilla with Miss Harper', 1950
Diese Arbeit von 1950 steht beispielhaft für eine "vorgefertigte" Collage, die als ganzes aus einer Zeitschrift entnommen wurde und mit existierenden kulturellen Collagen und Gegenüberstellungen spielt. Dieser Prototyp der Pop-Art war insofern bemerkenswert, weil er die ästhetischen und künstlerischen Konventionen der Zeit sprengte.
Bild: Trustees of the Paolozzi Foundation/VG Bild-Kunst, Bonn 2017
'Bunk: I was a Rich Man's Plaything', 1947
Diese Collage von Paolozzi wurde zum Kultobjekt. Sie füllt das gesamte Titelbild der als "schäbig" geltenden US-amerikanischen Zeitschrift "Intimate Confessions" und gilt als Pionierarbeit der Pop-Art, weil sie das Wort "Pop" enthält: in der Rauchwolke, die aus einer Waffe strömt. In der darunter angeordneten Reklame dreht sich alles ums Thema "Fliegen", das im Werk "Take-Off" behandelt wurde.
Bild: Trustees of the Paolozzi Foundation/VG Bild-Kunst, Bonn 2017
'Parrot',1964
"Parrot" ist eine der Aluminiumskulpturen, die Paolozzi während einer intensiven Schaffensperiode von 1962 bis 1964 schuf, als er eng mit einem Maschinenbauunternehmen zusammenarbeitete. Während der Künstler für seine Bronzeskulpturen in den 50er Jahren Gussformen aus Wachs verwendete, arbeitete er nun mit mechanisch vorgeformten Metallteilen, die er zusammenschmolz.
Bild: Trustees of the Paolozzi Foundation/VG Bild-Kunst, Bonn 2017
'Eduardo Paolozzi,' undatiert
Durch die Anwendung innovativer künstlerischer Techniken für seine Collagen und Skulpturen, darunter der Siebdruck, forderte Eduardo Paolozzi die ästhetischen Konventionen seiner Zeit heraus. Bevor diese seit 30 Jahren erste monographische Ausstellung über den Künstler in Deutschland gezeigt wurde, stand Paolozzi auch in der Whitechapel Gallery in London im Mittelpunkt einer Schau.
Bild: Trustees of the Paolozzi Foundation/VG Bild-Kunst, Bonn 2017
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Als "einen der innovativsten und respektlosesten Künstler der britischen Nachkriegsmoderne" bezeichnet Stefanie Heckmann den britischen Grafiker und Bildhauer. Sie ist Kuratorin der aktuellen Ausstellung "Eduardo Paolozzi: Lots of Pictures — Lots of Fun" in der Berlinerschen Galerie, die das Werk eines Künstlers nach Berlin gebracht, das hierzulande fast in Vergessenheit geraten ist. Als Sohn italienischer Immigranten wurde Paolozzi 1924 im schottischen Edinburgh geboren. Bereits in jungen Jahren machte er sich in der britischen Kunstszene einen Namen. Er war Mitbegründer der einflussreichen London Independent Group, einer avantgardistischen Vereinigung radikaler junger Pop-Art-Künstler. Ohne es zu ahnen, wurde er in den späten 1940er und frühen 1950er Jahren zu einem Pionier der Pop-Art.
Fasziniert vom Farbenrausch der Konsumwelt
"Nach dem Zweiten Weltkrieg war Paolozzi einer der ersten Künstler in Großbritannien, die fasziniert von den Bildern waren, die die neue Konsumkultur und Massenmedien mit sich brachten", so Kuratorin Heckmann. "Paolozzi kreierte seine frühen "Bunk!"-Collagen aus farbenfrohen amerikanischen Zeitschriften, Comics, Tageszeitungen und Werbeanzeigen und gab so den Weg für die britische Pop-Art ebneten", sagte sie der DW.
Eben diese bahnbrechenden Collagen, die Paolozzi in den 1970er Jahren als Siebdrucke neu anfertigte, stehen seit dem 9. Februar im Fokus der aktuellen Ausstellung.in der Berlinischen Galerie. Unterstützt wird die aktuelle Schau von der London Whitechapel Gallery, die 2017 retrospektiv Paolozzis gesamtes Oeuvre ausgestellt hatte. In Deutschland ist es die erste Werkschau des britischen Künstlers seit über 30 Jahren. Im Gegensatz zur Londoner Ausstellung konzentriere sich die Berlinische Galerie auf Paolozzis charakterisch-experimentelle Werke, die zwischen den 1940er und 1970er entstanden und ihm international viel Aufmerksamkeit einbrachten, so Heckmann.
Enge Bindung zu Deutschland
Zu sehen sind seine wichtigsten Arbeiten aus dieser Zeit, zusammengetragen aus privaten und öffentlichen Sammlungen weltweit. Auch Werke aus der Berliner Zeit des Künstlers sind dabei: Von 1974-1975 lebte Paolozzi im Westteil der Stadt. Seine starke Bindung zu Deutschland gab der Brite nie auf und ließ sich später in München nieder, wo er bis in die 1990er Jahre lebte.
2005 starb der 1989 zum Ritter geschlagene Sir Eduardo Paolozzi im Alter von 81 Jahren in London. Die Ausstellung "Eduardo Paolozzi. Lots of Pictures — Lots of Fun" ist noch bis zum 28. Mai 2018 zu sehen.