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Rettungsgeld rettete nicht Griechenland

Zhang Danhong4. Mai 2016

Dass die Milliarden der Hilfspakete für Griechenland vor allem europäischen Banken halfen, war allgemein bekannt. Doch wie wenig davon tatsächlich im griechischen Haushalt landete, überraschte auch Forscher.

Gerüst an griechischem Tempel (Foto: picture alliance)
Bild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe

Jörg Rocholl und Axel Stahmer von der European School of Management and Technology (ESMT) wollten es genau wissen. Sie brachten die an verschiedenen Stellen öffentlich zugänglichen Daten zusammen und analysierten, wohin die 216 Milliarden Euro aus den ersten zwei Hilfspaketen geflossen sind.

"Unsere Vermutung war, dass es eine relativ kleine Summe ist, die tatsächlich in den griechischen Haushalt geflossen ist. Dass die dann so klein ausgefallen ist, hat uns auch überrascht", sagt ESMT-Präsident Jörg Rocholl gegenüber der DW.

Studie: Griechenland-Hilfsgelder gingen an die Banken

01:49

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Weniger als fünf Prozent

Laut der Studie, die jetzt veröffentlicht wurde, kamen von den 216 Milliarden weniger als zehn Milliarden den Griechen direkt zugute. Das sind noch nicht mal fünf Prozent. Der große Rest wurde für die Bedienung von alten Schulden und Zinszahlungen genutzt. Das heißt: Seit 2010 geben Europa und der Internationale Währungsfonds der Regierung in Athen Geld in die Hand, damit sie es an europäische Banken und andere private Gläubiger weiterreicht. Vor diesem Hintergrund ist das "Rettungspaket für Griechenland" eine irreführende Formulierung.

Bei diesem Prozess handele es sich "im Wesentlichen um eine Verlagerung der Forderungen der Gläubiger von der privaten Hand in die öffentliche Hand", so Rocholl. Letztlich haben die europäischen Steuerzahler das Nachsehen.

War es also falsch, Griechenland im Frühjahr 2010 nicht in den Konkurs geschickt zu haben? Die Situation sei damals nicht einfach gewesen, sagt ESMT-Präsident Rocholl: "Anderthalb Jahre nach der Pleite von Lehman Brothers hatte man die Befürchtung, mit einem Konkurs Griechenlands das Feuer, das gerade so einigermaßen ausgetreten war, neu zu entfachen."

Gutes Geld dem schlechten hinterhergeworfen

Aus Furcht vor einem neuen Flächenbrand wurde also das schlechte Geld nicht abgeschrieben, sondern dem schlechten Geld gutes hinterhergeworfen. Und eine unendliche Rettungsgeschichte nahm seinen Lauf. Sechs Jahre danach ist das dritte Hilfspaket angelaufen, und das Land ist wieder pleite.

Jörg Rocholl will dennoch nicht von einem Scheitern der Rettungspolitik sprechen. Sie habe Athen zumindest zu mehr Haushaltsdisziplin gezwungen. Die Neuverschuldung sank. 2015 wurde sogar ein Primärüberschuss erzielt. Das bedeutet, dass die Einnahmen die Ausgaben übersteigen, wobei bei den Ausgaben der Zinsdienst nicht mitberechnet wird. Dieser Erfolg wurde allerdings durch Steuererhöhungen erreicht, nicht durch Strukturreformen.

Ein reformunfähiges Land

"Griechenland hat in vielen Teilen ein nicht funktionierendes staatliches System. Man könnte sogar in bestimmten Bereichen von einem 'failed state' sprechen", sagt Rocholl zur DW. Als Beispiele nennt er das Fehlen eines Katastersystems und der systematischen Steuererfassung. Der vor allem von Deutschland erhoffte erzieherische Effekt durch die Rettungspakete mit harten Auflagen ist ausgeblieben.

Auch wenn die Kernprobleme bei Griechenland liegen, fordert Ökonom Rocholl von der europäischen Politik eine Kurskorrektur: "Das Grundprinzip der Marktwirtschaft, dass derjenige, der die Rendite erzielt, auch das Risiko trägt, muss in Europa wieder hergestellt werden." Das bedeutet frühe Schuldenschnitte, "um eine deutliche Reduzierung von Staatsschulden zu erreichen, bevor die Vergabe neuer Mittel riskiert wird", heißt es in der Studie.

Einen Schuldenschnitt für Griechenland zum jetzigen Punkt, wie ihn der griechische Premier Alexis Tsipras und etliche Ökonomen fordern, lehnt der ESMT-Präsident allerdings ab. "Die Maßnahmen zur Schuldenerleichterung für Griechenland sind schon sehr weitreichend." Durch die Senkung der Zinssätze und die Verlängerung der Laufzeiten wurde Athen Zeit bis Anfang des nächsten Jahrzehnts gekauft. Jörg Rocholl hofft inständig, dass Griechenland dieses Zeitfenster endlich für Strukturreformen nutzen wird.

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