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Rettungskräfte in New Orleans völlig überfordert

5. September 2005

Obwohl die Rettungskräfte in New Orleans bis zur Erschöpfung arbeiten, wird die Hilfe für viele Hurrikan-Opfer zu spät kommen. Noch immer sind tausende Menschen in der Stadt.

Den Helfern läuft die Zeit davonBild: dpa
Eine erschöpfte Frau in New Orleans vor der Evakuierung des Convention Centers am FreitagBild: dpa - Bildfunk

Während nach Angaben lokaler Behörden noch immer tausende Menschen in New Orleans auf Rettung aus der zerstörten Stadt warten, läuft den Helfern die Zeit davon. Ein Hauptmann der Küstenwache sagte dem Nachrichtensender CNN am Montag (5.9.2005), obwohl alle seine Männer bis zur totalen Erschöpfung arbeiteten, werde für viele die Hilfe zu spät kommen. Auch in der Umgebung von New Orleans begann knapp eine Woche nach den Zerstörungen durch "Katrina" die systematische Suche nach Opfern.

Polizisten erschießen sich

"Wir retten immer noch Menschen von Dächern und aus Obergeschossen", sagte eine Sprecherin von New Orleans am Sonntagabend. Viele der Verbliebenen könnten in Häusern gefangen sein, die von Fluten umspült sind. Die Polizei teilte mit, mindestens 1000 Hilferufe pro Tag zu erhalten. Es sei nicht möglich, allen Rettungsgesuchen nachzukommen, weil es zu wenig Boote gebe. Die Durchsuchung von Haus zu Haus könne noch Wochen, wenn nicht Monate dauern, sagte Generalmajor Marvin Mayes von der US-Luftwaffe.

Die Einsatzkräfte müssen albtraumhafte Bilder verkraften. Sie brachen Gebäude auf und fanden vielfach ganze Familien, die sich zum Schutz vor dem Hurrikan verbarrikadiert hatten und dann in ihren eigenen vier Wänden ertranken. Mindestens zwei Polizisten setzten ihrem Leben mit einem Schuss in den Kopf ein Ende.

Stacy Brown, left, and Mark Fox push their remaining belongings in a shopping cart as they seek evacuation from New Orleans, Sunday, Sept. 4, 2005. Both were residents of the New Orleans Ninth Ward which is still under water. (AP Photo/Rick Bowmer)Bild: AP

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Dammbruch repariert

Unterdessen gelang es US-Spezialeinheiten, einen knapp 100 Meter langen Dammbruch in New Orleans zu reparieren. Nach Armeeangaben wurden am Sonntag 700 rund 1500 Kilo schwere Sandsäcke über der Bruchstelle abgeworfen. Nach der Reparatur dieses Dammes wird es rund drei Monate dauern, bis das Wasser aus dem gesamten Stadtgebiet abgepumpt sein wird. Die Armee habe 24 Pumpen in den östlichen Gebieten der Stadt im Einsatz. "Es gibt Bezirke, in denen sich das Wasser zurückzieht. Wir werden noch sehr viel zu tun haben", sagte ein Mitglied der US-Armee. Ingenieure stehen vor der Herausforderung, die größeren Pumpen zu reparieren. Sie wurden durch "Katrina" beschädigt. Ihre Reparatur wird Experten zufolge noch bis zu eine Woche dauern.

Mitglieder der Nationalgarde bringen am Samstag einen Verletzten zum wartenden HelikopterBild: AP

Am Sonntag erschossen Polizisten mindestens fünf Männer, die Arbeiter auf dem Weg zu einer Damm-Reparatur angegriffen haben sollen. Die insgesamt 14 Arbeiter waren im Auftrag einer Pioniereinheit der Armee im Einsatz und wurden nach Angaben eines Militärsprechers von Polizisten eskortiert.

Riesige Leichenhalle errichtet

In einer ersten offiziellen Zählung bestätigten die Behörden 59 Tote im Raum New Orleans, unter ihnen zehn aus dem Superdome, dem Footballstadion der Stadt, wo zehntausende tagelang ohne eine hinreichende Versorgung mit Wasser, Lebensmitteln und Medikamenten ausharren mussten. Insgesamt rechnet die US-Regierung mit tausenden von Toten. In der kleinen Ortschaft Gabriel nahe New Orleans wurde unterdessen eine riesige Leichenhalle eingerichtet, in der voraussichtlich tausende von Leichen aufgebahrt werden müssen. Die Behörden befürchten, dass die hohe Zahl nicht geborgener Toter das Seuchenrisiko erhöht. Zudem hat der Hurrikan laut Heimatschutzminister Michael Chertoff die wahrscheinlich größte Umweltkatastrophe der US-Geschichte verursacht.

Reparaturarbeiten an einem gebrochenen Damm am SonntagBild: AP

Humanitäre Katastrophe

Durch die hohe Zahl der Flüchtlinge stehen die Behörden vor einer humanitären Katastrophe. Rund eine Million Einwohner in drei Bundesstaaten verloren ihr Zuhause. Die Gesamtschäden werden auf bis zu 100 Milliarden Dollar (80 Milliarden Euro) geschätzt. Etwa 345.000 Menschen wurden laut CNN bis Sonntag in Notunterkünften untergebracht, davon 50.000 in Louisiana. Mindestens 350.000 Häuser wurden nach Behördenangaben zerstört.

Der wegen seines Krisenmanagements scharf kritisierte US-Präsident George W. Bush will am Montag erneut die Katastrophenregion besuchen. Am Sonntag hatte sich die politische Auseinandersetzung über die Schuld an dem Rettungsdesaster verschärft. Mehrere schwarze Kongressabgeordnete lasteten der US-Regierung an, dass die Schwarzen, die hauptsächlich von dem Unglück betroffen sind, wie Menschen zweiter Klasse behandelt würden. (stu)

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