Geisterspiel. Das Stadion wird beim Derby zwischen dem BVB und dem FC Schalke 04 so gut wie leer sein. Die ungewöhnlichen Umstände des Bundesliga-Neustarts nach zwei Monaten Pause spielen eher den Gästen in die Karten.
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Egal wie es ausgeht, schon jetzt ist sicher, dass dieses 96. Bundesliga-Revierderby in die Geschichtsbücher eingeht. Denn noch niemals zuvor standen sich die Erzrivalen Borussia Dortmund und FC Schalke 04 vor so gut wie leeren Rängen gegenüber. Keine Frage, unter normalen Umständen wäre das Dortmunder Stadion an diesem Samstag (Anpfiff 15.30 Uhr MESZ, ab 15.00 im DW-Liveticker) bis auf den letzten der 81.365 Plätze ausverkauft. Und die "Gelbe Wand", fast 25.000 BVB-Fans auf der Südtribüne, würden die Arena in einen Hexenkessel verwandeln.
Doch jetzt ist Geisterspiel: Wegen der Corona-Pandemie werden sich nur insgesamt rund 300 Menschen im und rund um das Stadion verlieren. "Ein Derby ohne Zuschauer, da blutet einem das Herz", sagt BVB-Sportdirektor Michael Zorc. "Wir brauchen ohne die Fans ein höheres Maß an Eigendynamik und Eigenmotivation."
Psychologischer Vorteil des BVB ist dahin
Der Sportpsychologe des Vereins sei eng in die Vorbereitung auf dieses ungewöhnliche Derby einbezogen worden, sagt Trainer Lucien Favre. "Es ist natürlich sehr speziell ohne Zuschauer. Das ist auch eine mentale Frage."
Der psychologische Vorteil der Schwarzgelben ist nicht nur wegen der fehlenden Unterstützung von den Rängen dahin. Wäre das Derby, wie ursprünglich geplant, Mitte März ausgetragen worden, wäre der BVB klar in der Favoritenrolle gewesen. Bevor die Saison wegen der Corona-Pandemie unterbrochen worden war, hatte das Team Favres aus acht Rückrundenspielen sieben Siege geholt und sich mit 51 Punkten auf den zweiten Tabellenplatz hinter dem FC Bayern (55) vorgespielt. Die Schalker dagegen hatten ihren Schwung verloren und waren in den letzten sieben Spielen ohne Sieg geblieben.
Wichtige Schalke-Spieler sind genesen
Das sei lange vorbei, sagt Schalke-Trainer David Wagner: "Es ist wie nach der Sommerpause. Da trainierst du eine Woche und hast dann dein erstes Testspiel. Da weißt du nicht, wo du stehst. Aber der Gegner steht genauso im Nebel wie wir. Jedem, der etwas anderes erzählt, sage ich: Du hast nicht mehr alle Latten im Zaun."
Wagner freut sich, dass mit den Mittelfeldspielern Suat Serdar, Daniel Caligiuri und Verteidiger Salif Sané drei Stammkräfte wieder an Bord sind, die zum ursprünglichen Derby-Termin im März verletzt gefehlt hätten. "Wir haben aufgrund der Rückkehrer ein ganz anderes Trainingsniveau. Wir hätten diese Phase kaum besser nutzen können."
BVB-Fans hoffen auf Torjäger Haaland und Sancho
Im Gegensatz dazu muss BVB-Trainer Favre neben dem immer noch verletzten Spielmacher Marco Reus auf zwei weitere Mittelfeld-Stammspieler verzichten: Emre Can und Axel Witsel fallen wegen muskulärer Probleme aus.
Die Hoffnungen der BVB-Fans richten sich vor allem auf die Jungstars im Sturm, den Engländer Jadon Sancho, der in dieser Saison schon 14-mal traf, und den Norweger Erling Haaland, der erst im Winter zu den Dortmundern stieß und seitdem neun Bundesliga-Tore erzielte. Die beiden waren vor der Pause kaum zu stoppen. Doch konnten die Torjäger ihre Topform über zwei Monate konservieren?
Schnee von gestern, meint David Wagner. Genauso wenig von Belang wie die Tatsache, dass dieses 96. Bundesliga-Duell zwischen Borussia Dortmund und seinem FC Schalke vor leeren Rängen gespielt werde: "Am Ende ist es Wurst. Es ist Derby, Geisterspiel oder nicht. Du willst insbesondere dieses Spiel gewinnen. Fertig."
Mutter aller Derbys: Schalke 04 gegen Borussia Dortmund
Bereits 100 Mal gab es das Bundesliga-Derby zwischen dem FC Schalke 04 und Borussia Dortmund. Der Ruhrgebietsklassiker produziert immer wieder denkwürdige Momente.
Bild: Friso Gentsch/dpa/picture alliance
Gemeine Fußangel
Das Ruhrpott-Derby hat schon viele kuriose Momente geliefert - im 100. Bundesliga-Duell kommt einer dazu: Nach seinem Tor zum 1:1 wird Marius Bülter von der Teleskopstange der Kamera rüde zu Fall gebracht. "Ich war auch überrascht, dass das Ding da steht", sagt der Schalker Stürmer. "Ich habe es noch gut gelöst und gut abgefangen." Endergebnis: 2:2, Bülter unverletzt, Kamera-Angel kaputt…
Bild: Jürgen Fromme/firo Sportphoto/picture alliance
Nebelderby
Im November 1966 pfeift Schiedsrichter Gerd Henning das Revierderby in Dortmund trotz dichten Nebels an. "Ich bin immer, wenn der Ball in den Nebel geschossen wurde, hinterhergelaufen", sagt der Pfeifenmann später. "Das war anstrengend, aber okay." Der BVB hat den besseren Durchblick und gewinnt 6:2. Drei Treffer steuert Lothar Emmerich bei, bis heute Derby-Rekord in einem Spiel.
Bild: Imago/Horstmüller
Hundebiss
Das Derby in Dortmund im September 1969 sorgt für eine der kuriosesten Szenen der Bundesliga-Geschichte: Ein Hund des Sicherheitsdienstes beißt den Schalker Spieler Friedel Rausch in den Allerwertesten. Der Dortmunder Timo Konietzka sagt später zu Rausch: "Ich werde für immer der mit dem ersten Bundesliga-Tor sein. Und du bist für immer der mit dem Hund."
Bild: picture-alliance/dpa
Kopfball des Keepers
Jens Lehmann (4.v.l.) gelingt im Dezember 1997 in Dortmund ein Last-Minute-Tor der besonderen Art. In der Schlussminute gleicht der nach vorne geeilte Torwart der Schalker per Kopf zum 2:2 aus. Lehmann gehört zu den Spielern, die Derbys für beide Klubs gespielt haben: elf für Schalke, neun für Dortmund. Rekord für Wechsler zwischen den Erzrivalen.
Bild: ullstein bild - Firo
Feindbild Möller
Beim Duell im September 2000 in Dortmund entlädt sich der Zorn der BVB-Fans auf Andreas Möller. Auf Bannern und mit Sprechchören beschimpfen sie den Mittelfeldstar, der vor der Saison zum Erzrivalen gewechselt ist, als Verräter. Möller bleibt cool und macht ein Riesenspiel. Schalke gewinnt 4:0 - und am Ende singen die Gästefans: "Ohne Möller habt ihr keine Chance."
Bild: picture-alliance/S. Simon
Elfmeterkiller
Frank Rost ist der Mann des Derbys im Januar 2004 in Dortmund. Der Schalker Torwart pariert gleich zwei Strafstöße, erst einen Foulelfmeter von Jan Koller, dann einen Handelfmeter von Torsten Frings. Rost bereitet damit den Boden für den 1:0-Sieg der Gäste, den Ebbe Sand mit seinem Tor kurz vor Schluss sicherstellt.
Bild: picture-alliance /dpa/F.-P. Tschauner
Längste Serie
Auch das Derby im Dezember 2004 in Dortmund wird durch einen einzigen Schalker Treffer entschieden, diesmal durch Ailton (r.). Zum zwölften Mal in Folge bleiben die Königsblauen damit in Bundesliga-Duellen gegen den BVB ungeschlagen - bis heute die längste Derby-Erfolgsserie.
Bild: picture-alliance/Ulmer/B. Hacke
Spielverderber
Einen ganz bitteren Tag erleben die Schalker im Mai 2007. Am vorletzten Spieltag verspielen sie die mögliche Meisterschaft - ausgerechnet beim Derby in Dortmund. Alexander Frei und Ebi Smolarek (2.v.r.) treffen für den BVB. Die Schalker Christian Pander (l.) und Fabian Ernst (2.v.l.) sind bedient.
Bild: picture-alliance/Ulmer/L. Coch
Aufholjagd
Alles scheint klar beim Derby im September 2008 in Dortmund. Nach einer Stunde führt Schalke mit 3:0 - und kaum jemand hält für möglich, was dann folgt: Nach dem Anschlusstreffer des BVB fliegen innerhalb von fünf Minuten zwei Schalker vom Platz. Dann das 2:3 und schließlich sogar noch der 3:3-Ausgleich: durch ein Elfmetertor von Alexander Frei (Mitte) in der vorletzten Minute.
Bild: picture-alliance/dpa/A. Scheidemann
Hochrisikospiele
Immer wieder geraten gewaltbereite Anhänger beider Vereine bei den Derbys aneinander. So gibt es im Oktober 2012 in Dortmund und auch ein Jahr später in Gelsenkirchen schwere Krawalle. Beide Vereine drohen damit, künftig Derbys vor leeren Gäste-Kurven zu spielen. So weit kommt es dann jedoch nicht.
Bild: picture alliance/Sven Simon
Batman und Robin
Pierre-Emerick Aubameyang (l.) bringt den BVB beim Duell im Februar 2015 in Dortmund mit 1:0 in Führung. Nach dem Tor verwandelt er sich in Batman, Marco Reus in Robin. Den Torjubel mit Maske haben sich die beiden zwei Tage vor dem Derby ausgedacht. "Wir versuchen immer, ein bisschen Spaß reinzubringen. Das tut gut", erzählt Reus hinterher. Dortmund gewinnt 3:0.
Bild: Lars Baron/Bongarts/Getty Images
Rot für den Schiedsrichter
Schalkes Maskottchen "Erwin" zeigt Schiedrichter Felix Zwayer nach dem Derby im April 2017 in Gelsenkirchen die Rote Karte. Zwayer hat in der Nachspielzeit den Schalkern einen Handelfmeter verwehrt. Schalkes protestierender Trainer Markus Weinzierl (3.v.r.) muss auf die Tribüne. Die Partie endet 1:1. "Erwin" kommt mit einer Ermahnung durch den DFB davon.
Bild: picture-alliance/dpa/G. Kirchner
Hitziges Duell nach Abpfiff
Das Derby im November 2017 ist eines der spektakulärsten: Nach 4:0-Halbzeitführung fängt der BVB in der Nachspielzeit noch den 4:4-Ausgleich. Dass die Schalker diesen gefühlten Sieg feiern, passt BVB-Urgestein Nuri Sahin (r.) gar nicht. Es kommt zu bösen Worten und einer Rangelei. Obwohl das Spiel schon beendet ist, sehen Sahin und Schalke-Torwart Ralf Fährmann (2.v.r.) noch die Gelbe Karte.
Bild: picture-alliance/dpa/G. Kirchner
Abstiegskandidatensieg
42 Punkte trennen die beiden Teams vor dem Derby im April 2018 in Dortmund. Der BVB ist noch mit dabei im Titelrennen, Schalke spielt gegen den Abstieg. Doch auf dem Rasen präsentieren sich überraschend die Gäste meisterlich. Nach zwei Roten Karten gegen die Dortmunder Reus und Wolf steht am Ende ein 2:4 (1:2) auf der Ergebnistafel. Und die Schalker feiern in Dortmund.
Bild: Reuters/W. Rattay
Geisterspiele
Wegen der Corona-Pandemie steigt das Derby in Dortmund im Mai 2020 vor leeren Rängen und unter strengem Hygienekonzept. Haaland (l.) jubelt nach seinem Treffer zum 1:0 mit Abstand zu seinen Teamkollegen. Am Ende gewinnt der BVB klar mit 4:0. Auch die beiden folgenden Derbys werden vor (zumindest nahezu) leeren Rängen gespielt. Nun sind die jeweiligen Stadien natürlich wieder ausverkauft.