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Politik

Ein Machtkampf spitzt sich zu

Lewis Sanders IV sth
9. November 2017

Die Fehde zwischen Saudi-Arabien und dem Iran scheint die Region zu zerreißen, der Ton ist scharf geworden. Doch das war nicht immer so. Ein Rückblick auf eine schwierige Beziehung.

Mondsichel über einer Moschee
Bild: picture-alliance/dpa/J. Ferrari

Nach einem Raketenangriff auf Riad scheinen sich die Beziehungen zwischen dem sunnitischen geprägten Saudi-Arabien und dem schiitisch dominierten Iran weiter zu verdüstern. Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman warf Teheran vor, hinter dem Raketenangriff der jemenitischen Huthi-Rebellen zu stecken. Er spricht von einem "Kriegsakt", der Iran dagegen von "absurden Behauptungen". Die Unterstellungen seien "falsch, destruktiv, unverantwortlich und vor allem provokativ." Die Rhetorik der beiden Länder polarisiert, aber sie ist nicht die Wurzel des Konflikts zwischen den beiden muslimischen Ländern. Vielmehr dreht sich das Spannungsverhältnis zwischen Riad und Teheran um Macht und Einfluss - sei es in Syrien, im Irak, im Jemen, in Bahrain, im Libanon oder zu Hause.

Das sunnitische Saudi-Arabien und der schiitische Iran ringen schon länger um die Vormachtstellung im Nahen Osten. Der Iran soll über Milizen im Libanon, Syrien und im Irak versuchen, Einfluss zu nehmen. Saudi-Arabien soll wiederum sunnitische Gruppen unterstützen. Vor allem unter dem jungen Kronpinzen Mohammed soll sich die Politik gegenüber dem Iran verschärft haben.

Dabei versuchten Riad und Teheran einst in den 1960er Jahren mit Unterstützung der Vereinigten Staaten, die Beziehungen zu verbessern; Saudi-Arabiens König Faisal und Schah Mohammad Reza Pahlavi beehrten sich gegenseitig mit Staatsbesuchen. Die Spannung war jedoch immer spürbar. In einer Reihe von Briefen in den späten 1960er Jahren forderte der Schah laut Berichten Faisal auf, Saudi-Arabien im Sinne westlicher kultureller Werte zu reformieren und schrieb: "Bitte, mein Bruder, modernisieren Sie! Öffnen Sie Ihr Land! Bieten Sie gemischte Schulen für Jungen und Mädchen an! Lassen Sie Frauen Miniröcke tragen, erlauben Sie Diskotheken! Sonst kann ich nicht garantieren, dass Sie auf Ihrem Thron bleiben."

Faisal antwortete: "Majestät, ich schätze Ihren Rat. Darf ich Sie daran erinnern, dass Sie nicht der Schah von Frankreich sind. Sie sind nicht im Elysee, Sie sind im Iran. Ihre Bevölkerung ist zu 90 Prozent muslimisch. Bitte vergessen Sie das nicht."

Die Spannung zwischen den beiden Ländern eskalierte, als US-Präsident Richard Nixon in den 1970er Jahren mit seiner Zwei-Säulen-Strategie eine Politik verfolgte, die dem Regime des Schahs materielle Unterstützung bot und gleichzeitig seine strategischen Beziehungen zu Riad aufrechterhielt.

Irans Revolutionsführer Ajatollah Khomeini - eine Gefahr für Saudi-Arabien? Bild: picture-alliance/dpa/AFP/G. Duval

Revolutionäre Wende 

Die Revolution von 1979 im Iran, angeführt von Ajatollah Khomeini, führte zum Sturz des Schahs und änderte grundlegend die Beziehungen zwischen einer späteren schiitisch dominierten islamischen Republik und dem sunnitischen Reich Saudi-Arabien. Für Saudi-Arabien war die islamische Revolution ein Versuch, sie in der Region zu entthronen, zumal Teheran versuchte, seine Revolution in andere Golfstaaten zu exportieren. Während des Irak-Iran-Kriegs zwischen 1980 und 1988 unterstützten die Saudis zusammen mit den USA das Regime Saddam Husseins im Irak und drängten sogar andere Golfstaaten dazu, Bagdad zu unterstützen.

Nach gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen schiitischen Pilgern und saudischen Sicherheitskräften in Mekka 1987, bei denen mehr als 400 Menschen ums Leben kamen, verurteilte Khomeini die Führungsleute des Königreichs als "niederträchtige und gottlose Wahhabiten".  Der Vorfall löste Proteste in Teheran aus, die zur Durchsuchung der saudi-arabischen Botschaft führten. Riad brach die diplomatischen Beziehungen ab. Nach dem Ende des Irak-Iran-Kriegs begannen die beiden Länder eine vorsichtige Annäherung. Sie gipfelte während des folgenden Jahrzehnts in dem offiziellen Besuch des ehemaligen iranischen Präsidenten Mohammad Khatami in Riad 1999.

USA und Saudi-Arabien: Für Trump war dies der erste Amtsbesuch Bild: Getty Images/AFP/M. Ngan

Iran-Deal ändert alles 

Nach der Islamischen Revolution begann der Westen zunehmend, den Iran als eine potenzielle Bedrohung für die regionale und globale Sicherheit zu betrachten, besonders wegen seiner Ambitionen bei der Atomenergie. Die anhaltende Spannung führte 2006 zu einer Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, in der der Iran verurteilt wurde, weil er sich weigerte, sein Urananreicherungsprogramm sofort einzustellen. Auf der anderen Seite genoss Saudi-Arabien während der gesamten 2000er Jahre weiterhin beträchtliche Unterstützung von den USA und blieb ein Garant für die Interessen der Vereinten Nationen in der Region.

Das Atomabkommen von 2015, das Iran am Atomwaffenbesitz hindern sollte und dafür eine Lockerung der Wirtschaftssanktionen versprach, war der Wendepunkt. Für Saudi-Arabien war der Deal eine Gefahr: Er drohte seine regionale Dominanz zu untergraben, denn die internationale Gemeinschaft sah im Iran nun Geschäftsmöglichkeiten und eine neue Ölquelle.

Vor und unmittelbar nach dem Atomabkommen startete Saudi-Arabien mehrere Operationen, die iranische Interessen in der gesamten Region bedrohten. Im Jemen führt Riad weiterhin Krieg gegen iranisch unterstützte Rebellen, und in Syrien unterstützt es islamistische Gruppierungen gegen die Regierung. Die Hinrichtung mehrerer Mitglieder der saudi-arabischen schiitischen Gemeinde, darunter des prominenten Geistlichen Nimr al-Nimr, im Januar 2016 löste in Teheran gewalttätige Demonstrationen aus, bei denen Demonstranten die saudische Botschaft in Brand steckten. Riad reagierte darauf, indem es alle Verbindungen zum Iran auflöste. Es war der Anfang der neuen Eiszeit.

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