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"Herzstück der Annäherung"

Esther Felden16. September 2013

Kaesong gilt als Gradmesser für den Zustand der innerkoreanischen Beziehungen. Die Wiedereröffnung gebe Anlass zur Hoffnung, mehr aber noch nicht, sagt Lars-André Richter von der Friedrich-Naumann-Stiftung in Seoul.

Verkehr rollt in Richtung Kaesong, Nordkoreas Sonderwirtschaftszone (Foto: Getty Images)
Kaesong, Nordkoreas Sonderwirtschaftszone, ist wiedereröffnet wordenBild: Getty Images

Kaesong hat Zukunft

01:41

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Deutsche Welle: Herr Richter, am Montag (16.09.2013) wurde die Produktion im Industriepark Kaesong wieder aufgenommen. Wie wichtig ist diese Entwicklung für beide Seiten?

Lars-André Richter: Sie ist auf jeden Fall erfreulich, weil die gemeinsam von Nord- und Südkorea betriebene Sonderwirtschaftszone Kaesong ein Symbol der Wiederannäherung ist und ein Herzstück der "Sonnenschein-Politik" war, die 2000 aus der Taufe gehoben wurde und mehrere Jahre andauerte. Vor diesem Hintergrund war die Schließung im April natürlich fatal, und es ist ein gutes Zeichen, dass sie jetzt zurückgenommen wird. Was die Bedeutung für die beiden Koreas anbelangt: Für den Norden hat die Wiedereröffnung zweifelsohne eine politische und eine wirtschaftliche Dimension. Für Südkorea hatte diese Sonderwirtschaftszone immer in erster Linie eine politische Bedeutung. Wirtschaftlich abhängig ist das Land von Kaesong nicht.

Sie haben den Symbolcharakter Kaesongs angesprochen. Inwieweit bestand aus Ihrer Sicht tatsächlich eine realistische Gefahr, dass dieses letzte gemeinsame Prestigeprojekt vor dem endgültigen Aus stand?

Wie so häufig gab es auch in diesem Falle die unterschiedlichsten Prognosen: Eine lautete: Der Norden könne gar nicht anders, als den Park wiederzueröffnen. Oder Kaesong bleibt zumindest mittelfristig, vielleicht sogar dauerhaft dicht. In der Tat erreichten den Norden über Kaesong sicher auch eine Menge an Informationen über die Außenwelt, insbesondere über die Situation im Süden. Am Ende aber waren die wirtschaftlichen Erwägungen dann doch stärker als die ideologischen.

Wie groß ist der wirtschaftliche Schaden, der durch die fünfmonatige Schließung entstanden ist?

Zunächst zum Süden: Der wirtschaftliche Schaden soll sich auf knapp eine Milliarde US-Dollar belaufen. Gut 14 Millionen US-Dollar hat der Staat an Versicherungsleistungen an insgesamt 46 südkoreanische Unternehmen gezahlt. Dieses Geld will er nun wiederhaben. Außerdem sind in den zurückliegenden Monaten Kunden abgesprungen. Die muss man nun zurückgewinnen. Es dürfte ein Jahr dauern, bis alles wieder halbwegs beim alten ist. Volkswirtschaftlich allerdings spielt Kaesong für den Süden nicht die Rolle, die es für die nordkoreanische Wirtschaft spielt. Für Pjöngjang ist der schließungsbedingte Schaden sicher signifikanter.

In dem Grundsatzabkommen, dass dem Beschluss zur Wiedereröffnung voraus ging, haben beide Seiten sich darauf verständigt, dass Kaesong nicht noch einmal zum Spielball der Politik werden soll. Wie groß ist aus Ihrer Sicht die Gefahr, dass es trotzdem noch einmal in Folge politischer Spannungen zu einer solchen Schließung kommt?

Papier ist geduldig. Es war eine Entscheidung des Nordens, Kaesong am 3. April zunächst zu blockieren und dann zu schließen, keine des Südens. Das heißt, Seoul konnte die Vereinbarung jetzt bereitwillig unterschreiben. Kurzum: Das ganze ist eine wichtige Geste. Aber in Stein gemeißelt ist da sicherlich nichts.

Etwas, was dem Norden eine Schließung erschweren würde - und auch langfristig geplant ist - ist es, internationale Unternehmen nach Kaesong zu locken. Wie beurteilen Sie die Chancen, dass es dazu tatsächlich einmal kommt?

Das ist richtig, internationale Investoren würden eine neuerliche Schließung erschweren. Der Norden selbst hat schon seit längerem Interesse daran, ausländische Investoren ins Land zu locken, und das nicht nur nach Kaesong. Die Wahrscheinlichkeit, dass das kurz- oder mittelfristig gelingt, ist indes nicht sonderlich groß, auch wegen der Krise im Frühling. Ein Schlüsselwort ist Diversifizierung. Die Chinesen sind in Nordkorea bereits aktiv, haben auch eigene Sonderwirtschaftszonen. Nun sollen auch andere kommen. Immerhin: Eine Infrastruktur besteht in Kaesong schon.

Dennoch glaube ich nicht, dass es nun zu einem Run kommen wird. Es ist geplant, im Oktober in Kaesong eine Art Investorenmesse abzuhalten. Auch darauf haben sich beide Seiten, Süd und Nord, unlängst verständigt. Es bleibt abzuwarten, wie die Resonanz sein wird, auf Seiten der Nachbarstaaten, vor allem aber auf Seiten der Europäer und der USA.

Lars-André Richter ist Landesvertreter der Friedrich-Naumann-Stiftung in Seoul.

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