Rihanna gegen das Schlumpfine-Klischee
17. Juli 2025
Papa Schlumpf ist verschwunden - entführt von bösen Zauberern, den Brüdern Gargamel und Razamel. Eine muss ihn retten: Schlumpfine, die einzige Frau im sonst rein männlichen Dorf Schlumpfhausen, übernimmt die Führung im neuen Animationsfilm "Die Schlümpfe", der am 18. Juli in die Kinos kommt.
Gesprochen wird Schlumpfine in der Originalfassung von Popstar Rihanna. Neben der Synchronisation hat sie den Film mitproduziert und einen Song beigesteuert - "Friends Of Mine", ein tanzbarer Poptrack, der bereits im Mai veröffentlicht wurde. Für die Sängerin ist es der erste neue Track seit drei Jahren. Für Fans ist es ein Ereignis, auch weil zwischenzeitlich über Rihannas Rückzug aus dem Musikgeschäft spekuliert wurde. Doch nicht alle sind begeistert. Kritik kam vor allem daran auf, dass ausgerechnet ein Kinderfilm ihr musikalisches Comeback markieren soll.
Nur eine Frau unter 99 Männern
Dass Rihanna Schlumpfine ihre Stimme leiht, ist aus feministischer Sicht interessant - und auch problematisch. Die Grammy-gekrönte Künstlerin und Unternehmerin, die derzeit mit ihrem dritten Kind schwanger ist, gilt vielen als Symbol für die Selbstermächtigung schwarzer Frauen. Und obwohl der neue Schlumpf-Film Schlumpfine ebenfalls eine stärkere, aktivere Rolle zuschreibt, bleibt die Figur doch untrennbar mit einem sexistischen Popkulturprinzip verbunden, das die US-amerikanische Autorin Katha Pollitt 1991 als "Schlumpfine-Prinzip" bezeichnete: eine einzige weibliche Figur in einer Welt voller männlicher Helden, oft reduziert auf Äußerlichkeiten oder Emotionen.
Ein Muster, das sich nicht nur bei den Schlümpfen zeigt. Auch Prinzessin Leia in Star Wars, Miss Piggy bei den Muppets, Peach in der Super Mario-Welt oder Kanga bei Winnie Puuh erfüllen ähnliche Funktionen: Sie sind da. Aber eben allein unter Männern.
Hollywood und das "Schlumpfine-Prinzip"
Der neue Schlümpfe-Film fügt sich ein in Hollywoods schier endlose Reihe aus Neuauflagen, Spin-offs und Fortsetzungen. Und alle basieren auf der ursprünglichen Comicserie, die der belgische Zeichner Peyo 1958 entwickelte.
Schon der erste Realfilm mit Animationsanteilen, "Die Schlümpfe" (2011), greift das problematische Geschlechterverhältnis im Schlumpf-Universum ironisch auf. In einer Szene spielt Bösewicht Gargamel mit Handpuppen seiner blauen Lieblingsfeinde und parodiert den Oberschlumpf: "Ich bin Papa Schlumpf. Ich habe 99 Söhne und eine Tochter - vollkommen normal!"
Auch die sexistische Hintergrundgeschichte von Schlumpfine wird in "Die Schlümpfe 2" (2013) erneut thematisiert: Sie gehörte ursprünglich gar nicht zum Schlumpf-Dorf, sondern wurde von Gargamel aus Lehm geschaffen - als böse Spionin, die die Schlümpfe unterwandern sollte. Doch als sie deren Offenheit und Freundlichkeit erlebt, wendet sie sich von ihrem Schöpfer ab. Papa Schlumpf verwandelt sie daraufhin mit einem Zauber in eine "echte" Schlumpfine.
Braucht die Schlumpfwelt mehr Schlumpfinen?
Diese Verwandlung betrifft nicht nur ihren Charakter, sondern auch ihr Aussehen: Aus struppigem schwarzen Haar werden glänzende blonde Locken, die einfachen Schlumpf-Schlappen und das schlichte Tanktop verwandeln sich in High Heels und ein Rüschenkleid - ein Schritt hin zur stereotypen Feminisierung.
Am deutlichsten wird das "Schlumpfine-Prinzip" dann in "Die Schlümpfe - Das verlorene Dorf" (2017) aufgegriffen. Schlumpfine beginnt darin, ihre eigene Identität zu hinterfragen, als sie erkennt, dass die anderen Schlümpfe Namen haben, die ihre Eigenschaften beschreiben - Brillenschlumpf, Tollpatsch, Fauli. Auf ihrer Reise der Selbstfindung stößt sie schließlich auf ein Dorf voller weiblicher Schlümpfe. Ein Versuch der Umdeutung, der nicht bei allen gut ankam.
Eher Merchandise als Feminismus
"Ich bin für die Stärkung von Mädchen - aber nicht auf Kosten der Jungen. Mir hat nicht gefallen, wie die männlichen Schlümpfe als tollpatschige Idioten dargestellt wurden", schrieb eine Mutter auf der Plattform Common Sense Media. Kritikerin Maryann Johanson meinte, der Film halte sich für feministisch, zementiere aber nur alte Geschlechterbilder, indem Frauen auf ein Podest gestellt würden.
Andere vermuteten hinter der Einführung neuer weiblicher Figuren vor allem wirtschaftliches Kalkül: mehr Charaktere, mehr Produkte, mehr Zielgruppenbindung. Der Medienkritiker Alex Abad-Santos urteilte damals im Magazin Vox, das Ziel sei weniger eine neue Botschaft, sondern "eine erweiterte Grundlage für ein neu aufgelegtes Schlumpf-Universum - diesmal mit mehr Mädchenfiguren und wohl auch mehr Mädchen im Publikum".
Blaue Figuren in braunem Kontext
Während die Gender-Debatte um die Schlümpfe andauert, gibt es noch ganz andere Schlagzeilen: In Deutschland wurde das Schlumpf-Universum von rechtspopulistischen Gruppen vereinnahmt. So kursieren auf Social Media-Plattformen KI-generierte Videos, die im Schlumpf-Universum spielen. Darin ist die manipulierte Stimme des originalen deutschen Erzählers zu hören, die behauptet, Deutschland stecke in einer "woken Diktatur".
Bei Veranstaltungen der rechtspopulistischen Partei AfD wurden Schlumpf-Figuren gesichtet - nicht ganz zufällig, denn die Parteifarbe ist ebenfalls "schlumpf"-blau.
Die Schlümpfe sind unpolitisch - oder doch nicht …?
Die belgische Firma IMPS, Inhaberin der Markenrechte, reagierte prompt: "Wir nehmen diesen Missbrauch der Marke sehr ernst und distanzieren uns ausdrücklich vom Inhalt der Beiträge und ihrem rechtspopulistischen Kontext." Die Schlümpfe stünden für Toleranz, Freundschaft und Respekt und dürften nicht für politische Zwecke missbraucht werden.
Adaption aus dem Englischen: Silke Wünsch