Immer wieder kommt es vor allem in Mittelitalien zu gewaltigen Erdbeben. Das ist kein Zufall. Denn das Land liegt in einer gefährlichen geologischen Knautsch- und Zerrzone. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.
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Ist ganz Italien stark gefährdet?
Ja, grundsätzlich muss in fast ganz Italien permanent mit schweren Erdbeben gerechnet werden. Italien ist das am stärksten erdbebengefährdete Land in Europa. Besonders häufig trifft es aber die Gebiete, die um die Gebirgsketten des Apennin liegen. Dieser Gebirgszug ist 1500 Kilometer lang und durchzieht einen großen Teil des Landes, vorwiegend in Nordwest-Südost-Richtung.
Und was hat jetzt der Apennin mit Erdbeben zu tun?
Der Apennin, dessen höchste Gipfel - der Corno Grande - 2912 Meter hoch ist, entstand durch eine gewaltige Kollision der Afrikanischen Platte mit der Eurasischen Platte. Diese Kollision ist bis heute aktiv. Noch immer schiebt sich die Afrikanische Platte aus dem Süden unter die Eurasische Platte im Norden. Dadurch kommt es - wie an allen aktiven Plattengrenzen - zu großer Erdbebengefahr. Und als wäre das nicht genug, quetscht sich aus dem Osten auch noch die kleinere adriatische Platte dazu.
Dieses Gedrücke und Gequetsche an den Grenzen der Plattenränder führt dazu, dass sich dort mit der Zeit enorme Energie anstaut, die sich irgendwann, plötzlich durch ein Erdbeben entlädt.
Besonders chaotisch wird die plattentektonische Lage in Italien durch zusätzliche Bewegungen, die das Becken des Thyrrhenischen Meeres verursacht. Diese Kombination aus Reißen, Schieben, Drücken und Quetschen in unterschiedlichste Richtungen macht den Untergrund hier zum Pulverfass, sagen Erdbebenforscher.
Kann man Erdbeben noch immer nicht vorhersagen?
Nein, leider nicht. Der Untergrund, in dem sich das Plattendurcheinander abspielt, reagiert zu chaotisch. Erdbeben passieren überraschend, ohne Vorwarnung. Die Kräfte, die gegeneinander wirken, spielen sich hunderte von Kilometern im Erdinneren ab. Es gibt keine verlässlichen und regelmäßigen Ereignisse oder Abläufe, die Forscher aufzeichnen und messen und für eine zuverlässigen Prognose verwenden könnten.
Auch kleinere Erdstöße bedeuten nicht, dass ein großes Beben bald darauf folgen muss. Sie sind also kein verlässlicher Hinweis. Das einzige Instrument der Erdbebenforscher ist die Statistik. Seit Anfang des 20. Jahrhundert werden Erdbeben gemessen. Anhand der Daten lässt sich zumindest die Wahrscheinlichkeit berechnen, wann in welchen Regionen wieder ein Erdbeben auftreten könnte.
Und wie kann man sich schützen?
Vor allem durch erdbebensicheres Bauen! Es gibt verschiedene technische Möglichkeiten, um Gebäude vor dem Einstürzen zu bewahren. Für neue Bauvorhaben in Erdbebengebieten gibt es in der EU Vorschriften. Neue Gebäude sind meistens so erdbebensicher gebaut, wie technisch zurzeit möglich.
Aber es gibt auch Maßnahmen, um alte Gebäude, wie es sie in Italien sehr häufig gibt, erdbebensicherer zu machen. Zum Beispiel durch zusätzliche Wände und Stützen oder tragende Elemente, mit denen die Schwingungsenergie der Erdstöße abgeleitet werden kann.
Erdbeben: Die gefährdetsten Regionen der Welt
Nach dem verheerenden Erdbeben in Nepal sind noch immer viele Dörfer in der Nähe Kathmandus von der Außenwelt abgeschnitten. Welche Regionen der Welt außerdem von starken Beben bedroht sind, sehen Sie hier.
Bild: Reuters/N. Chitrakar
Die gefährdesten Regionen der Welt
Insgesamt sieben Kontinentalplatten bilden die Oberfläche unserer Erde. Dort, wo sie aufeinander stoßen, besteht eine besonders hohe Gefahr für Erdbeben. In Nepal trifft die eurasische auf die indische Platte. Dieser plattentektonische Auffahrunfall löste auch das dramatische Beben vom vergangenen Samstag aus. Wir zeigen sieben besonders erdbebengefährdete Regionen.
Nepal, Bhaktapur [1]
Sieben Weltkulturdenkmäler liegen im Tal von Kathmandu. Sie haben einen hohen kulturellen und spirituellen Stellenwert für die Nepalesen - außerdem sind sie Touristenmagneten. Hier feiern Menschen das Gaijatra Fest auf Bhaktapurs historischem Platz im August 2014.
Bild: picture alliance/landov
Nepal, Bakhtapur [1]
Das Beben vom 25. April 2015 hatte die Stärke 7.8, zerstörte große Teile der Hauptstadt Kathmandu und tötete mehr als 5000 Menschen. Die Rettungsarbeiten laufen weiter auf Hochtouren: Unter den Trümmern der Tempel sind noch immer Menschen verschüttet.
Bild: Reuters/D. Siddiqui
Japan, Fukushima [2]
In Japan bebt die Erde sehr häufig, das Land gilt als Spezialist im Erdbebenschutz. Wolkenkratzer in den Städten werden auf speziellen Fundamenten gebaut, die das Haus bei einem Erdbeben schwanken lassen und so die Energie der Stöße abfangen. 2010 war das Atomkraftwerk Takahama eines von insgesamt 55, die etwa ein Drittel der japanischen Energie einspeisten. Es liegt an der Westküste Japans.
Bild: AFP/Getty Images/JIJI Press
Japan, Fukushima [2]
Japan liegt über 5000 Kilometer von Nepal entfernt. Am 11. März 2011 ereilte es ein ähnlich dramatisches Schicksal. Die Erde bebte und löste damit eine der größten Katastrophen aus, die das Land je erlebte. Mehr als 18.000 Menschen starben. Der vom Beben ausgelöste Tsunami beschädigte das Atomkraftwerk Fukushima so stark, dass große Mengen radioaktives Material austraten.
Bild: picture-alliance/dpa
Indischer Ozean, Andamanensee [3]
Die Inselgruppe der zu Indien gehörenden Andamanen liegt nicht weit entfernt von der Bruchkante zwischen Indisch-Australischer und Eurasischer Platte. Durch große tektonische Spannungen kommt es dort häufig zu See- und Erdbeben.
Bild: picture-alliance/dpa
Indischer Ozean, Andamanensee [3]
So wie am 26.12.2004: Das drittstärkste jemals gemessene Erdbeben erschütterte den Meeresboden vor Sumatra. Die dadurch ausgelösten Tsunamis kosteten 230.000 Menschen entlang der Küsten des Indischen Ozeans das Leben.
Bild: AFP/Getty Images/Choo Youn Kong
China, Yunnan [4]
Im Südwesten Chinas liegt die Provinz Yunnan. Sie ist bekannt für ihre beeindruckende Natur, ihre Reisterrassen - und ihre Erdbebengefahr. Die chinesische Provinz liegt auf der nördlichen Grenze der Indisch-Australischen und der Eurasischen Platte.
Bild: picture alliance/ZUMA Press
China, Yunnan [4]
Ein Erdbeben der Stärke 6,5 tötete im August 2014 mehr als 400 Menschen. 100.000 wurden nach Medienberichten obdachlos. China wird immer wieder von schweren Beben erschüttert. 2008 starben mindestens 70.000 Menschen bei einem Erdbeben in der Provinz Sichuan.
Bild: Reuters
Italien, L'Aquila [5]
Auch Europa ist von Erdbeben bedroht. Hier drückt die afrikanische Platte gegen den europäischen Kontinent. Italien liegt direkt auf der Plattengrenze.
Bild: picture-alliance/dpa/G. Barone
Italien, L'Aquila [5]
2009 starben über 300 Menschen bei einem Beben im italienischen L'Aquila. Zehntausende wurden obdachlos. Als im Anschluss sieben Wissenschaftler zu Gefängnisstrafen verurteilt wurden, weil sie nicht vor dem Beben gewarnt hatten, sorgte das international für Kritik: Erdbeben lassen sich mit heutigen wissenschaftlichen Methoden nicht vorhersagen.
Bild: picture alliance/INFOPHOTO
USA, San Francisco [6]
Die Golden Gate Bridge ist das Wahrzeichen San Franciscos. Doch ihr droht Unheil: Forscher sagen, dass der kalifornischen Stadt bald das schlimmste Beben seit 1906 bevorsteht. Erdbeben in dieser Region werden durch Spannungen im San-Andreas-Graben vor der Küste Kaliforniens ausgelöst. Dort schiebt sich die nordamerikanische unter die pazifische Platte - gewaltige Spannungen sind die Folge.
Bild: DW
USA, San Francisco [6]
1906 zerstörte ein Erdbeben die Stadt an der Westküste der USA fast komplett. Es gilt bis heute als eine der schlimmsten Naturkatastrophen in der Geschichte der Vereinigten Staaten. 3000-6000 Menschen kamen damals ums Leben.
Bild: picture-alliance/akg-images
Chile, Valdivia [7]
Heute erinnert im idyllischen Valdivia im Süden Chiles nichts an die Gefahr eines Erdbebens. Doch sie ist real: Direkt vor der Küste Chiles verläuft die Grenze zwischen der südamerikanischen und der Nazca-Platte. Werden die Spannungen hier zu groß, bebt die Erde. In der Folge entstehen auch Tsunamis.
Bild: Elio Caro/Virtual Publicidad
Chile, Valdivia [7]
Mit einem Wert von 9,5 war es das stärkste jemals gemessene Erdbeben: 1960 bebte die Erde vor der Küste Chiles und zerstörte große Teile der Infrastruktur des Landes. Knapp 1700 Menschen kamen ums Leben, Millionen wurden obdachlos. 2010 gab es in Chile zuletzt ein großes Beben. Den nächsten "Big Bang" sagen Forscher für den Norden Chiles vorher - dort sei die Erde seit Jahren verdächtig still.