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Riskanter Kurs trotz Wirtschaftswachstum

Ingo Mannteufel8. Februar 2002

Russland konnte im vergangenen Jahr ein kräftiges Wirtschaftswachstum verzeichnen. Nach Ansicht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung ist die russische Wirtschaft dennoch auf einem gefährlichen Kurs.

Moskauer BörsenhändlerBild: AP

Die großen Volkswirtschaften der Welt, vor allem die USA, Japan und Deutschland, kämpfen mit wirtschaftlicher Stagnation oder Rezession. Dagegen kann Russland nach Jahrzehnten des wirtschaftlichen und politischen Niederganges auf drei erfolgreiche Jahre zurückblicken. Eine ungelöste Frage ist, ob und wie lange der gegenwärtige Aufschwung noch anhalten wird. Denn das Wachstum des russischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) lag im Jahre 2001 mit etwa fünf Prozent bereits deutlich unter dem des sehr erfolgreichen Vorjahres von über acht Prozent. Die Abschwächung fiel in wichtigen Wirtschaftsbereichen noch wesentlich stärker aus. So sank die Wachstumsrate der Industrieproduktion von 11,9 Prozent auf nur noch 4,9 Prozent.

Wechselkurse in MoskauBild: AP

Russischer Wirtschaftskurs berge "deutliche Gefahren"

Nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin sind die entscheidenden Ursachen für die Aufwärtsbewegung aber nicht in den von Präsident Putin eingeleiteten Reformen zu sehen. Das DIW hält die institutionellen Reformbemühungen für grundsätzlich richtig. Eine wirtschaftspolitische Kurskorrektur sei jedoch notwendig, um die Dauerhaftigkeit des Wirtschaftswachstums zu sichern. Denn Importsubstitution, der Rückgang der Reallöhne und die hohen Weltmarktpreise für Energieträger nach der Russland-Krise von 1998 seien für den Wirtschaftsaufschwung verantwortlich gewesen. Und diese drei Faktoren weisen nun in eine andere Richtung: Die Weltmarktpreise für Energie sind auf unter die Hälfte ihres zwischenzeitlichen Spitzenwertes gefallen – zuletzt sehr kräftig. Die russischen Reallöhne wachsen seit zwei Jahren mit exorbitanten Raten von etwa 20 Prozent. Wegen des raschen Anstiegs der Reallöhne ist nach Ansicht des DIW mittlerweile der nach 1998 entstandene Kostenvorteil fast völlig wieder aufgezehrt worden.

Russlands Präsident Vladimir PutinBild: AP

Die Nominallöhne stiegen 2001 sogar um über 45 Prozent. Die zusätzliche nominale Kaufkraft wirke weitgehend als zusätzliche reale Kaufkraft, weil der Wechselkurs des Rubels zum US-Dollar sich kaum verändert hat. Die Nachfrage nach günstiger werdenden Importen zeige sich im 18-prozentigen Importwachstum. Wie nach 1998, nur nun in die andere Richtung, hat das Auswirkungen auf die Gewinne im russischen Unternehmenssektor: sie gingen im vergangenen Jahr um real mehr als sieben Prozent zurück. Die Folge: eine starke Verlangsamung des Wachstums der Anlageinvestitionen.

Lösungen?

Nach Ansicht des DIW kann Russland den Weltmarktpreis für Energieträger nicht beeinflussen. Dagegen könnten die "exorbitanten Lohnsteigerungen" von der Politik gebremst werden. Als Richtgröße empfiehlt das Institut das Tempo des BIP-Wachstums, also etwa fünf Prozent. Durch eine "etwas weniger ambitionierte" Wechselkurspolitik könne die Regierung der Wirtschaft weitere Luft verschaffen. Falls dies nicht geschehe, sieht das DIW "erhebliche Risiken für das weitere Wirtschaftswachstum". Angesichts der mangelhaften Umsetzung von Gesetzen in den russischen Regionen werde sich ohnedies das Investitionsklima in Russland auch in Zukunft nur langsam verbessern.

RusslandBild: AP
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