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Politik

Mugabe - die Macht hinter der Macht

Blessing Vava
6. September 2019

Auch zwei Jahre nach der Absetzung Robert Mugabes sind Menschenrechtsverletzungen in Simbabwe an der Tagesordnung, schreibt der Studentenaktivist, politische Beobachter und Blogger Blessing Vava.

Simbabwe Afrika Robert Mugabe
Bild: Reuters/M. Hutschings

Es war ein heißer Oktoberabend im Jahr 2009. Wir, eine Gruppe studentischer Aktivisten, saßen im Bus auf dem Weg nach Hause. Wir hatten den Geburtstag des Sohnes eines Mitstudenten gefeiert, und die Fahrt sollte der Abschluss eines frohen Tages werden. Keiner von uns ahnte, dass der Abend eine unerwartete Wendung nehmen sollte, an dessen Ende wir in kalten Gefängniszellen sitzen würden - aus Gründen, von denen wir nie geglaubt hätten, dass sie uns in Schwierigkeiten bringen könnten.

Wir waren am Market Quare, an einem der belebtesten Busbahnhöfe Harares, in den Bus gestiegen, der uns in die bescheidene Vorstadt Glen View bringen sollte. Wir kamen mit anderen Fahrgästen ins Gespräch, und wir sprachen über die gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Probleme, die Simbabwe damals beschäftigten.

Blessing Vava, politischer Beobachter und BloggerBild: Blessing Vava

In einem Land, in dem der Raum für Menschenrechte eingeschränkt war, beteiligten sich die Menschen eigentlich ungern an öffentlichen Diskussionen über Politik und die Fehler der Regierung. Die Unterhaltung an diesem Abend war aufgeregt und emotional; die Menschen im Bus brachten ihre Unzufriedenheit über den andauernden Niedergang der Wirtschaft und die rücksichtslose Unterdrückung jeder Form von abweichender Meinung offen und leidenschaftlich zum Ausdruck.

Plötzlich wendet der Busfahrer

Einer meiner Kommilitonen sagte laut, dass Präsident Robert Mugabe der Grund dafür sei, dass sich Simbabwe in einer Zeit der politischer Krise nicht weiter entwickelte. Mugabe hatte sich zunächst geweigert, nach der unentschieden ausgegangenen Präsidentschaftswahl im Jahr 2008 der Bildung einer Gemeinschaftsregierung mit dem damaligen Oppositionsführer Morgan Tsvangirai zuzustimmen. Mein Mitstudent sagte: "Robert Mugabe war der Hauptgrund, weshalb die Gemeinschaftsregierung nicht zustande gekommen war."

Die Diskussion artete in Chaos aus; einige Fahrgäste riefen, dass schon die Erwähnung Mugabes alle im Bus in Schwierigkeiten bringen könne. Und tatsächlich wendete der Busfahrer schlagartig und fuhr uns zum Polizeihauptquartier von Harare, berüchtigt als Ort willkürlicher Festnahmen. Bei der Ankunft verschwendeten vier bewaffnete Polizisten keine Zeit, als sie erfuhren, worum es ging, und legten uns mit der Begründung, wir hätten "Verrat begangen", Handschellen an.

Gute zwei Stunden lang wurden wir abwechselnd verhört und verprügelt, bevor man uns in schmutzige Zellen warf. Einige meiner Freunde bluteten; medizinische Versorgung wurde ihnen verweigert. Erst nach zwei Nächten in Polizeigewahrsam wurden wir freigelassen.

Mit Waffengewalt gegen die Opposition: Polizisten eröffnen das Feuer gegen Demonstranten (August 2018)Bild: Reuters/M. Hutchings

Das war nur einer von vielen derartigen Vorfällen, die ich als Student während der schrecklichen Mugabe-Jahre erlebte. Präsidentenbeleidigung war eines der Verbrechen, dessen Menschen in Simbabwe am häufigsten beschuldigt wurden, wenn sie die Redefreiheit nutzten, die in der Verfassung des Landes garantiert ist.

Festnahmen, Prügel, Ausschluss aus dem Studium

Wie ich machten hunderte von studentischen Aktivisten während Mugabes Regierungszeit schlimmste Erfahrungen: Verhaftungen, Prügel, Ausschluss aus Vorlesungen und Seminaren. Nachdem sich die oppositionelle Bewegung für einen Demokratischen Wandel im Jahr 1999 gebildet hatte, in der die Studentenbewegung eine sehr wichtige Rolle spielte, wurde Mugabes Druck auf Aktivisten an Simbabwes Hochschulen nur noch schlimmer. Studenten kamen ums Leben; einige wurden auf Lebenszeit vom Studium in Simbabwe ausgeschlossen, andere wurden zeitweise suspendiert; alles gehörte zu den Mitteln, mit denen Mugabe eine kritische Masse zum Schweigen bringen wollte: die Stundenten.

Als junge Menschen fühlten wir uns von Mugabe und seiner Generation, ihre Selbstsucht und ihre Gier, um die Früchte unserer Befreiung betrogen. Der wirtschaftliche Zusammenbruch, Arbeitslosigkeit, Korruption und Machtmissbrauch brachten mich so weit, Mugabes Herrschaft herauszufordern - so gefährlich dieser Weg für den Einzelnen auch war. Einfach war es nicht; täglich war zu hören, dass Menschen verschwanden, dass Studenten verhaftet und angegriffen wurden.

Das zwiespältige Vermächtnis des Robert Mugabe

Jetzt, nach Mugabes Tod, denke ich über das zwiespältige Vermächtnis dieses Mannes nach. In seinen ersten Jahren an der Macht verfocht Mugabe eine radikale Politik der Bildung für alle; und zu seinen Gunsten ist zu sagen, dass eine Mehrheit der Simbabwer mit sozial schwachem Hintergrund davon profitierten.

Bildung für alle: Schule in Harare, der Hauptstadt von SimbabweBild: Jekesai Njikizana/AFP/Getty Images

Dieser Traum von Bildung für alle wurde im Jahr 2000 schlagartig zum Albtraum, als Mugabe begann, ein Grundrecht wie die Bildung zu privatisieren und in eine Ware zu verwandeln - mit dem Ergebnis, dass tausende von Studenten aus armen Familien keinen Zugang zu Bildung mehr hatten.

In der Betrachtung von Mugabes Vermächtnis wäre es klug, die Frage zu stellen, ob Mugabe allein handelte bei der Zerstörung der Wirtschaft von Simbabwe und den massiven Menschenrechtsverletzungen, die seine Zeit an der Macht prägten.

Die Antwort ist ein entschiedenes NEIN. Mugabe handelte nicht allein, er vertrat ein Machtsystem, das ich Mugabeismus nenne. Dieser Begriff beschreibt seine Herrschaft am besten. Seine Vertreibung aus dem Amt und sein Tod haben enthüllt, welche Macht hinter den 37 Jahren seiner Terrorherrschaft steht. Die Geschichte der Menschenrechtsverletzungen in Simbabwe geht weiter, wird sogar noch schlimmer unter einer Regierung, die versucht, nicht mit Mugabe in Verbindung gebracht zu werden. Mugabe starb verbittert, verraten von seinen engsten Vertrauten.

Blessing Vava ist ein politischer Beobachter und Blogger. Er stammt aus Simbabwe und lebt in Johannesburg in Südafrika

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