1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Rohingya-Krise ruft UN auf den Plan

6. September 2017

In Bangladesch platzen die Flüchtlingscamps nach der Massenflucht von Rohingyas aus Myanmar aus allen Nähten. Die Vereinten Nationen warnen vor einer Tragödie. Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi hält sich bedeckt.

Bangladesch Massenflucht der Rohingyas
Bild: picture-alliance/dpa/B. Armangue

Nach der Massenflucht hunderttausender Rohingyas aus Myanmar nach Bangladesch droht eine humanitäre Tragödie. Hilfsorganisationen schlagen Alarm. Die Flüchtlingscamps seien voll und Geld zur dringend notwendigen Versorgung der Menschen fehle. Dabei werfen Menschenrechtler der einstigen Hoffnungsträgerin Myanmars, Aung San Suu Kyi, Tatenlosigkeit vor.

Die Rohingya seien von dem "Risiko einer ethnischen Säuberung bedroht", sagte der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, in New York. "Den Muslimen aus Rakhine muss eine staatliche Nationalität oder zumindest vorerst ein gesetzlicher Status gegeben werden, der es ihnen erlaubt, ein normales Leben zu haben, sich frei bewegen zu können und Zugang zu Arbeitsmarkt, Bildung und Gesundheitswesen zu haben", mahnte der UN-Generalsekretär.

Die meisten sind Frauen und Kinder

Mindestens 123.000 Angehörige der muslimischen Minderheit der Rohingyas sind in den vergangenen sieben Tagen nach Bangladesch geflohen, wie das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR in Bangladeschs Hauptstadt Dhaka mitteilte. Bei bis zu 80 Prozent dieser Menschen handele es sich um Frauen und Kinder, teilte das Kinderhilfswerk UNICEF mit.

Täglich kämen weiter Tausende Flüchtlinge über die Grenze, berichtete die Internationale Organisation für Migration (IOM) in Genf. Die UN-Hilfsorganisationen bräuchten für die nächsten drei Monate dringend 18 Millionen Dollar (gut 15 Millionen Euro) zur Unterstützung der Ankömmlinge. Die Menschen benötigten Zelte, Decken, Essen und medizinische Versorgung. 

Seit Ausbruch der Gewalt in dem südostasiatischen Land Myanmar am 25. August sollen mindestens 400 Menschen getötet worden sein. Der Regierung zufolge hatten Rohingyas Polizei- und Militärposten angegriffen. Anschließend habe es Kämpfe zwischen Sicherheitskräften und den "bengalischen Terroristen" gegeben, die einen "Islamischen Staat" im Norden der Provinz an der bangladeschischen Grenze aufbauen wollten. Dann hätten aufständische Rohingyas Dörfer in Brand gesetzt.

Geflüchtete Rohingyas weisen diese Darstellung der Regierung in Myanmar zurück. Nach ihren Angaben waren es Soldaten, Grenzwachen und buddhistische Bewohner von Rakhine, die Häuser angezündet hätten. Sie hätten auch auf Rohingyas geschossen.

Staatenlos schon seit Jahrzehnten

Angehörige der muslimischen Minderheit werden im früheren Birma als illegale Einwanderer aus Bangladesch angesehen, selbst wenn sie seit Generationen in dem vorwiegend buddhistischen Land leben. Seit ihnen 1982 die Staatsbürgerschaft entzogen wurde, sind sie staatenlos. Rund eine Million Rohingyas leben in Rakhine, sie können sich aber nicht frei bewegen und haben keinen Zugang zum Schulsystem.

In Bangladesch leben bereits etwa 400. 000 Rohingya-Flüchtlinge - die meisten in der Küstenregion Cox's Bazar. Wegen möglicher negativer Auswirkungen auf den Tourismus dort will der Staat sie auf eine abgelegene Insel im Golf von Bengalen umsiedeln. "Eine riesige Anzahl von Staatsbürgern Myanmars zu beherbergen, ist eine große Belastung für Bangladesch", sagte Premierministerin Sheikh Hasina. "Nur aus humanitären Gründen haben wir ihnen Unterschlupf gewährt."

Bangladesch dürfe die Rohingyas nicht zurückweisen oder abschieben, sagte der EU-Kommissar für humanitäre Hilfe und Krisenschutz, Christos Stylianides. Zudem sei uneingeschränkter Zugang für Helfer zu den inzwischen rund 350.000 Schutzbedürftigen in Rakhine unabdingbar, um eine weitere Verschlechterung der humanitären Situation zu verhindern. 

Trotz der Rohingya-Krise gilt Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi vielen immer noch als LichtgestaltBild: Reuters/S. Lewis

Was macht Suu Kyi?

Als "Staatsrätin" ist die Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi seit knapp eineinhalb Jahren de facto Regierungschefin von Myanmar. Sie ist zudem Außenministerin. Schon Ende des vergangenen Jahres warfen ihr elf andere Friedensnobelpreisträger indirekt Mitschuld an einer "ethnischen Säuberung" vor. In einem offenen Brief forderten unter anderen Desmond Tutu, Malala Yousafzai und Muhammad Yunus die UN auf, etwas gegen die Verbrechen an der Minderheit der Rohingyas zu unternehmen, und prangerten die Tatenlosigkeit von Suu Kyi an.

Diese hatte den Nobelpreis im Jahr 1991 für ihren gewaltlosen Kampf für Demokratie und Menschenrechte in dem südostasiatischen Land erhalten, wo damals das Militär herrschte. Die Oxford-Absolventin stand zu der Zeit unter Hausarrest - insgesamt war sie 15 Jahre lang eingesperrt.

Das Leiden der Rohingya in Bangladesch

01:02

This browser does not support the video element.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) rief Suu Kyi auf, mit ihrer moralischen Autorität die Gewalt gegen die Rohingyas zu verurteilen. Es sei "beschämend", dass sie das bislang nicht tue, sagte der stellvertretende Asien-Chef von HRW, Phil Robertson.

In den Konflikt eingeschaltet hat sich auch die Türkei. Noch am Mittwoch werde die Lieferung von tausend Tonnen Hilfsgütern anlaufen, kündigte ein Sprecher von Präsident Recep Tayyip Erdogan an. Man werde Reis, getrockneten Fisch und Kleidung ins Krisengebiet bringen. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu will an diesem Mittwoch nach Bangladesch reisen, am Donnerstag ist ein Besuch Cavusoglus in der Grenzstadt Cox's Bazar vorgesehen.

haz/wa (dpa, afp, rtr)

 

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen