Ein Jahr nach dem Beginn der Militäreinsätze gegen die muslimische Rohingya-Minderheit in Myanmar haben tausende Flüchtlinge im Nachbarland Bangladesch gegen ihre Vertreibung protestiert.
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Gestrandet im "Niemandsland"
Nach der Massenflucht der Rohingya aus Myanmar vor einem Jahr harren Hunderttausende in Bangladesch aus. Auch im Grenzgebiet, im sogenannten "Niemandsland", steht die muslimische Minderheit vor einer ungewissen Zukunft.
Bild: Reuters/S. Z. Tun
Angst vor Folter
Ein Jahr nach Beginn der Massenflucht der Rohingya aus ihrem Heimatland Myanmar befinden sich Tausende der Geflüchteten in der Grenzzone vor Bangladesch, genannt "Niemandsland". Im vergangenen Jahr einigten sich beide Länder darauf, dass die muslimische Minderheit in ihr Heimatland zurückkehren kann. Doch die Angst vor Folter ist größer als das Heimweh.
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Kein Schritt vorwärts, keiner zurück
Obwohl das Gebiet zwischen Myanmar und Bangladesch auf dem Territorium ihres Heimatlandes liegt, können die Rohingya nicht zurück: Das "Niemandsland" ist durch Stacheldraht und Landminen vom Rest Myanmars abgetrennt. Bangladesch dürfen sie dagegen nur betreten, um Versorgungsmittel von Hilfsorganisationen abzuholen.
Bild: AFP/Getty Images/Phyo Hein Kyaw
Die "verlorene Generation"
Vor allem für die Kinder ist die Situation dramatisch, mangelnde Ernährung und Krankheiten gehören zu ihrem Alltag. Das UN-Kinderhilfswerk warnt bereits vor einer "verlorenen Generation“. Und die Kinderrechtsorganisation "Save the Children" befürchtet Ausbeutung wie etwa Kinderheirat und Menschenhandel.
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Zelte bis zum Horizont
In Kutupalong in Bangladesch leben hunderttausende Rohingya in improvisierten Unterkünften auf engstem Raum zusammen - im größten Flüchtlingslager der Welt. Sie dürfen das Camp nicht verlassen, wissen aber auch nicht, ob sie bleiben können. Trotzdem haben sich die Rohingya dort ein Zuhause mit Moscheen und Geschäften aufgebaut.
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Beten für eine Zukunft
Trotz aller Widrigkeiten: Wenigstens können die Rohingya in Kutupalong ihren muslimischen Glauben frei leben, hier feiern Männer das Opferfest in Kutapalong. Doch die Trauer über die Vertreibung ist allgegenwärtig.
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Mit dem Elend arrangiert
So wie Shofika Begum, die in ihrer notdürftigen Behausung eine Mahlzeit zubereitet, versuchen die Rohyngia, in den Alltag zurückzufinden. Die 18-Jährige hat in Kutupalong den 23 Jahre alten Saddam Hussein aus ihrer Heimat geheiratet. Die Rohingya haben sich mittlerweile auf ein Leben fernab von Bangladesch eingestellt: Neben Hochzeiten werden auch Geburten in Kutupalong gefeiert.
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Kein Zurück in die zerstörte Heimat?
Während Bangladesch, selbst eines der ärmsten Länder der Welt, die Geflüchteten loswerden möchte, wollen die Rohingya selbst nicht in ihr Heimatland zurück. Das Militär Myanmars hatte die muslimische Minderheit systematisch vertrieben, viele ihrer Dörfer zerstört und niedergebrannt. Eine Heimat im Sinne eines Zuhauses haben die Rohingya also nicht mehr.
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Mehr als 40.000 Rohingya beteiligten sich nach Angaben von Nachrichtenagenturen an den Protestzügen und Demonstrationen in dem Flüchtlingslager Kutupalong im Distrikt Cox's Bazar im Süden von Bangladesh. In Sprechchören forderten sie "Gerechtigkeit von den UN". Auf einem Plakat stand: "Nie wieder: Rohingya-Völkermord-Gedenktag. 25. August 2018".
Im vergangenen Jahr war der Konflikt zwischen der Minderheit der muslimischen Rohingya und dem Militär in Myanmar eskaliert. Rohingya-Rebellen hatten damals bei Angriffen etliche Sicherheitskräfte getötet. Das Militär reagierte mit umfassender Gegengewalt und zerstörte zahlreiche Rohingya-Dörfer. Im mehrheitlich buddhistischen Myanmar wird die Minderheit der Rohingya seit Jahrzehnten unterdrückt. Hundertausende flüchteten vor einem Jahr ins benachbarte Bangladesch.
Größtes Flüchtlingslager der Welt
Die Vereinten Nationen stuften das Vorgehen gegen die Rohingya als "ethnische Säuberung" ein. Im März sprach die UN-Sonderberichterstatterin für Myanmar, Yanghee Lee, von einem "Völkermord". Nach Angaben der Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" wurden allein im ersten Monat der Gewalt 6700 Rohingya getötet. Heute leben fast 900.000 der geflüchteten Rohingya in Bangladesh.
Sie wohnen allerdings nicht verteilt in dem Land, sondern auf einer von der Regierung zugewiesenen Fläche, die gerade einmal 14 Quadratkilometer groß ist - das ist weniger als die Fläche der Kölner Innenstadt. Es soll sich bei dem Lager um das derzeit größte Flüchtlingscamp der Welt handeln. Nach Angaben der Rohingya werden sie auch von der Regierung Bangladeshs weiter unterdrückt. So können sie das Lager nicht frei verlassen oder sich anderswo im Land niederlassen.
Militär hat viele Dörfer der Rohingya zerstört
Ob die Menschen jemals in ihre alte Heimat zurückkehren können, ist völlig unklar. Bangladesch und Myanmar haben zwar ein Rückführungsabkommen geschlossen, die praktische Umsetzung dieses Abkommens steht aber noch aus. Und da das Militär in Myanmar viele der früheren Dörfer der Rohingya dem Erdboden gleichgemacht hat, ist zudem unklar, wo die Menschen nach einer Rückkehr leben sollen. Zurückzukehren bleibt trotzdem die große Hoffnung der Demonstranten in den Flüchtlingslagern. "Wir wurden vertrieben von unserem Land, von unseren Häusern", so ein Sprecher der Menge. "Wir wollen Gerechtigkeit. Wir wollen in unsere Häuser zurückkehren."