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Politik

Rolle der Reichsbahn bei der Juden-Vernichtung

28. April 2022

In Güterwagen waren Millionen KZ-Insassen in die Lager gebracht worden. Die "Sonderzüge in den Tod" sind daher eine schwere historische Last auch noch für heutige Verantwortliche der Bahn.

Auch der Chef der Deutschen Bahn, Richard Lutz, nahm an der Feier in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem teil
Auch der Chef der Deutschen Bahn, Richard Lutz (r.), nahm an der Feier in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem teil Bild: AMIR COHEN/REUTERS

Israel hat der sechs Millionen im Holocaust ermordeten Juden gedacht. Am Donnerstag-Vormittag (28.04.2022) heulten für zwei Minuten landesweit die Sirenen. Autos hielten auf den Straßen an, Menschen standen still und gedachten der Toten. An einer Gedenkveranstaltung in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem nahmen Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und der Chef der Deutschen Bahn, Richard Lutz, teil.

"Vieh- oder Eisenbahnwaggon das wichtigste Deportationsmittel"

Der Gedenktag stand in diesem Jahr unter dem Motto "Zugfahrten in den Untergang: Die Deportation der Juden während des Holocaust". Die Deutsche Reichsbahn spielte bei der Vernichtung der europäischen Juden eine entscheidende Rolle. Rund drei Millionen Menschen in Europa wurden von 1941 an mit Zügen zu den NS-Vernichtungsstätten gebracht - die meisten davon Juden, aber auch Sinti und Roma.

Ankunft von ungarischen Juden in Auschwitz-Birkenau im Juni 1944Bild: picture-alliance/dpa/Mary Evans Picture Library

"Der Vieh- oder Eisenbahnwaggon, das wichtigste Deportationsmittel, wurde damit eines der bekanntesten Symbole des Holocaust", heißt es in einer Erklärung von Yad Vashem. Es gilt als gesichert, dass die systematische Ermordung von Millionen von Menschen ohne die Reichsbahn nicht möglich gewesen wäre. Die "Sonderzüge in den Tod" waren für sie ein gewinnbringendes Geschäft. Oft mussten die Fahrtkosten von den Juden selbst bezahlt werden.

"Kritische Auseinandersetzung mit Rolle der Reichsbahn"

Im Januar 2021 hatten sich die Fraktionen von Linken, Grünen und FDP im Bundestag hinter Forderungen zu Entschädigungszahlungen für die Bahn-Transporte von Holocaust-Opfern gestellt. Die heutige Deutsche Bahn ist allerdings nicht Rechtsnachfolgerin der Reichsbahn. Die Bahn habe jedoch eine besondere Verantwortung, sagte Lutz. Sie setze sich daher "für eine kritische Auseinandersetzung mit der Rolle der Reichsbahn in der Nazi-Zeit ein".

Vertreter der israelischen Staatsspitze und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (3. von rechts) in Yad VashemBild: AMIR COHEN/REUTERS

Nach der Feier in Yad Vashem wohnte Bundestagspräsidentin Bas einer Zeremonie im israelischen Parlament bei, bei der die Namen von Opfern des Holocaust verlesen wurden. Bas entzündete in der Knesset eine Kerze im Gedenken auch an die vor 80 Jahren aus ihrer Heimatstadt Duisburg deportierte Jüdin Irma Nathan. Diese wurde 1942 von den Nazis ermordet. Auch ihr Mann und die beiden Kinder wurden von den Nazis getötet.

Noch 161.400 Holocaust-Überlebende in Israel

Die deutschen Nationalsozialisten und ihre Helfershelfer ermordeten während des Zweiten Weltkrieges insgesamt sechs Millionen Juden. In Israel leben nach Behördenangaben noch 161.400 Holocaust-Überlebende. Das Durchschnittsalter betrage 85,5 Jahre, hieß es. Mehr als 1000 Betroffene seien sogar älter als 100 Jahre. Den Angaben zufolge lebten Ende 2020 weltweit 15,2 Millionen Juden, die meisten davon - 6,9 Millionen - in Israel.

Wie die Jewish Claims Conference mitteilte, sind rund 100 Holocaust-Überlebende seit Kriegsbeginn aus der Ukraine nach Israel eingewandert. Zudem seien mithilfe der Organisation rund 70 Betroffene aus der Ukraine nach Deutschland gebracht worden. Die Claims Conference mit ihrer Zentrale in New York setzt sich für die materielle Entschädigung von Betroffenen ein.

sti/jj (afp, ap, dpa) 

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