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Romário: "Nicht angemessen vorbereitet"

Mariana Santos (Jan D. Walter)14. Juni 2013

1994 schoss er Brasilien zum WM-Titel, heute bekämpft er als Abgeordneter Korruption im Sport. Im E-Mail-Interview mit der DW schießt Romário gegen die WM-Organisatoren, den Verband und den Nationalcoach.

Ehemaliger Fussballspieler Romario, brasilianischer Abgeordneter Ort: Parlament Brasiliens Datum: 04.06.2013 Copyrights: Alexandra Martins/Câmara dos Deputados
ehemaliger Fussballspieler Romario, brasilianischer AbgeordneterBild: Alexandra Martins/Câmara dos Deputados

DW: Romário, Sie haben die Befürchtung geäußert, die Weltmeisterschaft werde in einer Schande für Brasilien enden. Ist das Land einer Veranstaltung dieses Ausmaßes nicht gewachsen?

Romário: Die Möglichkeiten sind schon vorhanden, aber das Land hat sich nicht angemessen vorbereitet. Das beweisen die unzähligen Verspätungen beim Stadionbau. Wir wissen jetzt noch nicht, ob überhaupt alle fertig werden. Andere wurden übergeben, obwohl noch eine Menge zu tun war. Peinlich ist auch, dass man auf den nachhaltigen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs verzichtet. Dabei wäre das das einzige gewesen, was der Allgemeinheit nach dem Turnier geblieben wäre. Gastgeber einer Weltmeisterschaft zu sein, ist eine große Gelegenheit, die Wirtschaft zu stimulieren, den Tourismus anzukurbeln, die Ausbildung der Menschen und die Infrastruktur zu verbessern. Aber Brasilien verpasst solche Chancen immer wieder.

Einer der Sponsoren (Coca Cola) wirbt mit dem Slogan "Weltmeisterschaft für alle". Können wirklich alle Brasilianer an der "Copa" teilhaben?

Natürlich nicht. Jeder weiß, dass die fanatischen Fan, die, die den Fußball wirklich lieben, die hohen Eintrittspreise unmöglich aufbringen können. Nur das obere Viertel der brasilianischen Gesellschaft wird dabei sein.

Romário im Vorbereitungsspiel auf dei WM 1998 gegen DeutschlandBild: AP

Sie haben prophezeit, die Bauarbeiten im Zuge der WM würden zum größten Diebstahl der Geschichte des Landes werden. Wieso ist das so und wie hätte man das verhindern können?

Durch gute Planung und die Einhaltung von Fristen. Sobald die Arbeiten stillstehen oder ein Fehler auftritt, geraten die Baustellen in Verzug. Dadurch kann man über öffentliche Bauten, wie die Stadien, einen Notfall-Status verhängen. Dann muss die öffentliche Hand die fälligen Arbeiten nicht mehr ausschreiben, sondern kann direkte Aufträge erteilen. Und dann ist der Himmel die Grenze für Preise. Der Korruption sind Tür und Tor geöffnet.

Was wird Brasilien von der WM bleiben?

So wie es aussieht - keine Infrastrukturmaßnahmen, dafür überteuerte Stadien - wohl nur das Humankapital: die Qualifikation unserer Arbeiter. Ich glaube, dass die Unternehmer diese wichtige Rolle derzeit übernehmen. Aber das schulden sie dem Land auch. Schließlich sind sie es, die den meisten Gewinn machen - vor allem im Dienstleistungssektor.

Seit 2012 kämpfen sie dafür, dass eine parlamentarische Untersuchungskommission einberufen wird, um den brasilianischen Fußballverband CBF unter die Lupe zu nehmen. Worum geht es da?

Es geht um verdächtige Verträge, die ungerechtfertigte Bereicherung ermöglichen. Wir können nicht zulassen, dass ein Organ, das wie der CBF Brasilien in der Welt repräsentiert, ein schlechtes Bild abgibt. Er muss ein Vorbild an Redlichkeit abgeben. Deshalb verstehe ich auch die Gegenwehr nicht. Der Moment ist absolut opportun, um eine Untersuchung einzuleiten. Brasilien könnte der Welt als leuchtendes Beispiel dienen, und unser Parlament würde sich international profilieren, wenn es auch den populärsten Verband des Landes gewissenhaft überprüfen würde, um so einen Imageschaden vom Fußball abzuwenden.

Vom Weltfußballer (1994) zum Abgeordneten: Romário beklagt Korruption im Fußballverband CBFBild: Alexandra Martins/Câmara dos Deputados

Sie machen auch gezielt Front gegen den CBF-Präsidenten José Maria Marin, der unter Korruptionsverdacht steht. Wer wäre Ihr Kandidat für den Posten?

Warum José Maria Marin noch im Amt ist, verstehe ich auch nicht. Aber ich unterstützte auch keinen Gegenkandidaten. Wenngleich ich mir sicher bin, dass es einige bessere gäbe wie Zico und Raí [ehemalige Nationalspieler, d. R.].

Im Interview mit DW Brasil hat Sportminister Aldo Rebelo gefordert, die Regierung solle den Fußball stärker kontrollieren, da die Nationalmannschaft Brasilien vertritt. Stimmen Sie zu?

Allerdings. Schließlich gehört der Fußball zum brasilianischen Kulturerbe.

Was halten Sie von der Berufung von Felipe Scolari zum Trainer der Seleção?

Kein Kommentar.

Wer ist Ihr Favorit für den Titel 2014?

Brasilien derzeit jedenfalls nicht. Ich glaube, Deutschland hat große Chancen.

Romário de Souza Faria ist ein ehemaliger brasilianischer Fußballspieler und einer der bekanntesten Stürmer Brasiliens. 1994 gewann er mit der Seleçao die Weltmeisterschaft und wurde im selben Jahr zum Weltfußballer gewählt. Seit 2004 wird er in der Liste der 125 besten lebenden Fußballspieler geführt. Seit Oktober 2010 sitzt Romário für die Partido Socialista Brasileiro des Staates Rio de Janeiro im brasilianischen Bundesparlament.