Romney zurück zur Basis
23. August 2012Pünktlich zum Start des Parteitags der Republikaner in Tampa, Florida, will Präsidentschaftskandidat Mitt Romney seine Partei wieder vereinen. Die Wunden des brutalen Nominierungskampfes sind tief. Mit der Benennung seines Vizes, Paul Ryan, einer Symbolfigur der Ultrakonservativen, will Romney nun den Frieden wieder herstellen. "Der alte Romney war ein moderater Republikaner der Mitte, der hätte einen Typen wie Ryan nicht gemocht", sagt Darell West, Innenpolitik-Experte der Brookings Institution in Washington. "Aber die politische Landschaft hat sich dramatisch verändert und Romney ist klug genug, den konservativen Flügel einzubeziehen, wenn er die Wahl gewinnen will", so West. "Der neue Romney ist viel konservativer als der alte."
Norman Ornstein vom American Enterprise Institut sagt, dass der neue Kurs von Romney die Partei zwar begeistere, andererseits aber vor allem die gemäßigten Wähler bei den Präsidentschaftswahlen im November abschrecken könnte. "Ryan repräsentiert einen kompromisslosen Konservatismus in sozialen und wirtschaftlichen Fragen. Die Nominierung ist ein Spiel, ein sehr riskantes Spiel", so Ornstein im Gespräch mit der DW.
Die USA zwischen zwei Polen
Laut Umfragen des Forschungszentrums Pew vom Juni waren die Meinungsverschiedenheiten zwischen Republikanern und Demokraten so groß wie noch nie seit der ersten Umfrage im Jahr 1987. Vor allem bei Fragen zur Rolle der Regierung und zur Absicherung des Sozialsystems klaffen die Meinungen radikal auseinander.
Auch die beiden großen Parteien haben sich verändert. Laut der Pew-Umfrage gibt es in der Republikanischen Partei mittlerweile doppelt so viele selbsterklärte konservative Republikaner wie moderate und liberale Republikaner. Und auch bei den Demokraten ist die Zahl der selbsternannten Liberalen in den vergangenen Jahren stetig gestiegen und liegt nun fast gleich auf mit der Zahl der Parteimitglieder, die sich als moderat bezeichnen.
Versöhnung mit der Basis
Der Aufstieg des Kongressabgeordneten Ryan in der republikanischen Partei ist eng mit diesen Trends verknüpft. Ryan wurde als Intellektueller in konservativen Kreisen zwar geschätzt, hatte aber bis vor kurzem auf nationaler Ebene kein politisches Profil. Doch bei den Zwischenwahlen 2010 eroberten die Republikaner 69 Sitze von den Demokraten. Mit der neuen Mehrheit im Repräsentantenhaus bekam Ryan auch eine Plattform für seine Politik. Als Vorsitzender des Haushaltsausschusses gelangten seine Überzeugungen von einer strikten Haushaltskonsolidierung und dem Abbau der Sozialausgaben in den politischen Mainstream.
Der moderate Romney wurde plötzlich zu einer Minderheit innnerhalb der eigenen Partei. "Die konservativen Kritiker trauten Romney einen erfolgreichen Wahlkampf nicht zu. Weil sie dachten, dass er keine Strategie für die Steuer - und Haushaltspolitik hat", sagt West. "Mit Ryan hat er diese Fragen indirekt beantwortet und alle Bedenken des konservativen Flügels ausgeräumt."
"Der Pfad zum Wohlstand"
Der Kern von Ryans konservativer Anziehungskraft ist sein Haushaltentwurf mit dem Namen "Der Pfad zum Wohlstand". Der Plan sieht dramatische Veränderungen beim staatlichen Gesundheitsprogramm für arme und ältere Menschen vor. Es soll gekürzt und teilweise privatisiert werden. Außerdem sollen das Steuersystem reformiert und die Staatsausgaben vor allem im öffentlichen Sektor reduziert werden.
"Schauen Sie doch, was in Griechenland, Irland und in anderen europäischen Ländern passiert", sagte Ryan im US-Fernsehen. "Die haben nicht schnell genug reagiert und jetzt sind die Regierungen zu schmerzhaften Steuererhöhungen und Sparmaßnahmen gezwungen. Auch uns steht das bald bevor - deshalb müssen wir jetzt reagieren."
Tabubruch
Laut dem Meinungsforschungsinstitut Gallup sehen sich 40 Prozent der US-Amerikaner als konservativ, 35 Prozent als moderat und 21 Prozent als liberal. Das Forschungsinstitut Pew fand heraus, dass 59 Prozent der Bevölkerung es zwar befürworten, wenn der Staat den Ärmsten hilft, aber nur noch 39 Prozent, wenn dafür auch zusätzliche Schulden gemacht würden.
"Wenn die Republikaner die Wahlen gewinnen, wird es ernsthafte Veränderungen geben", so Barone. "Sie hätten das Mandat dafür, denn sie machen ja bereits in ihrem Wahlkampf klar, dass sie auch mit politischen Tabus brechen können."