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Wird Rosetta bald eine Stunde mit Philae plaudern?

Fabian Schmidt15. Juni 2015

Wenn Rosetta es schafft, ihre Antennen auf Philae auszurichten, könnte der Orbiter alle zwölf Stunden bis zu einer Stunde mit dem Landeroboter kommunizieren, sagt Projektleiter Stephan Ulamec im DW-Interview.

Philae auf Komet 67P/Tschurjumow-Gerassimenko ILLUSTRATION (Foto ESA via Getty Images)
So aufrecht steht Philae leider nicht auf dem Kometen TschuriBild: ESA via Getty Images

Deutsche Welle: Herr Ulamec, was haben Sie gefühlt, als Sie plötzlich wieder Daten von Philae bekommen haben und wussten: Er lebt noch!

Stephan Ulamec: Wir haben uns natürlich gefreut. Obwohl wir damit gerechnet hatten und optimistisch waren, dass der Landeroboter - wir nennen ihn Lander - irgendwann aufwacht, war es dann am Samstagabend doch überraschend. Und als wir dann in der Nacht noch in die Daten hereingeschaut und diese interpretiert haben, da wussten wir, der Lander ist wirklich gesund. Die Temperatur ist hoch, das heißt deutlich oberhalb der nötigen Einschalttemperatur und auch der Solargenerator findet offensichtlich genug Sonnenlicht, um später wirklich noch einmal Experimente durchführen zu können.

Projektleiter Stephan Ulamec freut sich über die gute NachrichtBild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe

Konnte Philae Ihnen mitteilen, ob er auf seinen drei Beinen gelandet ist, oder liegt er vielleicht doch auf der Seite?

Wir hatten ja schon im November Bilder, auf denen die Füße zu sehen waren. Mehr Informationen haben wir jetzt nicht. Philae hat uns mitgeteilt, wie es ihm geht: Ob die Technik die Monate im kalten Tiefschlaf gut überstanden hat - die Antwort ist: Ja! Die Temperatur im inneren ist relativ warm, um die 35 Grad Celsius.

Die Batterie ist sogar noch wärmer. Wir haben auch gute Informationen, wie die Solarpaneele im Laufe eines Kometentages beleuchtet werden: Etwa mit einer Leistung von 24 Watt über fast drei Stunden. Das ist gut!

Der Komet 67p/Tschurjumow-Gerasimenko kommt ja jetzt in die heiße Phase: Er fliegt der Sonne immer näher und es es tritt auch mehr Gas und Staub aus dem Kometen aus. Ist denn dann zu befürchten, dass dadurch etwas verdreckt oder dass sich das Positive dann wieder umkehrt ins Gegenteil?

Zum einen ist es natürlich für den Lander gut, wenn er nah an der Sonne ist. Nur so bekommt er genug Licht, damit er Strom hat und warm genug ist, um in Betrieb zu sein. Durch das Ausgasen entsteht Staub, der zum Teil auch wieder auf den Kometen zurück fällt. Da ist in der Tat eine gewisse Gefahr, dass sich Staub auf dem Solargenerator ablegt, den dann bedeckt, und wir am Ende wieder weniger Strom kriegen. Im Moment sieht das nicht so aus, aber das ist möglich.

Ein größeres Problem besteht dabei mit dem Orbiter Rosetta: Wenn der Komet sehr stark ausgast und Staub produziert, kann man mit dem Orbiter nicht mehr so nah an den Kometen heran, weil dann die Navigationssysteme - der Sternensensor/Startracker - irritiert werden. Wenn man mit dem Orbiter weiter weg ist, wie es jetzt der Fall ist, dann hat man aber kürzere und schlechtere Kommunikationsmöglichkeiten mit dem Lander. Das Radiosignal ist dann einfach zu schwach. Das ist auch das Problem, das wir jetzt haben: Der Lander ist gesund und hat viel Power, aber wir hatten jetzt nur ganz kurze Slots von etwa 85 Sekunden-Perioden, in denen man kommunizieren kann. Das liegt auch daran, dass der Orbiter sich nicht nahe an den Lander herantraut. Und das liegt daran, dass der Komet aktiv wird, und viel Staub produziert.

Ein Bild von Philae aus der Rosetta-Perspektive bei der LandungBild: ESA/Rosetta/Philae/CIVA

Wie oft dreht sich der Orbiter um den Kometen?

Der Orbiter dreht sich sehr langsam, aber der Komet dreht sich in 12,4 Stunden einmal um die eigene Achse, und das ist dann der Rhythmus, in dem wir solche Kommunikationsfenster haben. Wir arbeiten jetzt daran, den Orbiter besser zu positionieren. Wenn es uns gelingt, Rosetta genau über der Antenne von Philae zu positionieren, dann sollten die Fenster, in denen wir kommunizieren können, länger werden - im Bereich einer Stunde oder noch länger.

Was für Daten erwarten Sie dann von Philae, die Sie bisher noch nicht gewinnen konnten?

Alle Informationen im Massenspeicher sind jetzt Housekeeping-Daten, also unterschiedlichste Daten, die der Lander über sich selbst gespeichert hat: Temperaturen, Stromversorgung, Sonnendauer. Aber in dem Moment, wo wir längere Slots haben, können wir wieder Kommandos senden und die Experimente neu betreiben. Da werden wir mit denen beginnen, die weniger Strom brauchen: Magnetometer, Temperaturmessungen, elektrische Eigenschaften der Oberfläche.

In einem nächsten Schritt könnte Philae dann Kamerabilder liefern. Das braucht etwas mehr Strom, aber noch nicht sehr viel Strom. Es könnte sich ja etwas an der Beleuchtung verändert haben, seit wir im November die letzten Bilder bekommen hatten. Teile, die Dunkel waren, könnten jetzt beleuchtet sein.

Und wenn wir noch mehr Strom haben, könnten wir versuchen, eine Probe zu nehmen: Den Bohrer aktivieren und weitere Analysen durchführen.

Klaus Seidensticker: Das Geräusch der Philae-Landung

02:07

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Das ist dann natürlich die Königsdisziplin: Eine Bohrprobe zu nehmen, die Probe ins Öfchen zu füttern, das Öfchen zu erhitzen und mit einem Massenspektrometer oder sogar einem Infrarotmikroskop nochmal zu untersuchen.

Das würde aber doch voraussetzen, dass der Lander auf den drei Beinen steht, oder kann er auch um die Ecke bohren?

Nein, um die Ecke kann er nicht bohren, aber wenn er schräg gegen die Wand gelehnt steht, könnte er eine Probe von der Oberfläche aufnehmen - vielleicht sogar ohne zu bohren. Das wäre die Hoffnung.

Besteht dann die Gefahr, dass er aus eigener Kraft wieder vom Kometen abhebt?

Wir haben anfangs befürchtet, dass er durch die Aktivierung des Bohrers umkippen könnte. Im November ist das nicht passiert. Wenn wir genug Strom haben, würden wir das auf jeden Fall noch einmal versuchen mit dem Bohrer von der Oberfläche ein paar Krümel aufzunehmen und die in die Öfchen zu setzen, für die Analyse. Aber das wäre das Anspruchsvollste, sowohl vom Betrieb, als auch von der Energie, die notwendig ist.

In den ersten 40 Sekunden, in denen Philae und Rosetta kommuniziert haben, hat der Lander 300 von derzeit vorliegenden 8000 Datenpaketen geschickt. Wie groß kann ich mir als Laie diese Pakete vorstellen? Rechnet man da in Megabyte?

Nein (lacht!) Wir reden von hunderten Byte. Insgesamt ist das, was wir jetzt in den 300 Paketen bekommen haben vielleicht ein Kilobyte. Das sind noch keine Bilder, sondern Temperaturen, Spannungen. Ein Temperaturwert entspricht einem Byte! Bislang sind noch keine Bilder oder Massenspektrometer-Daten dabei. Jetzt ist der Massenspeicher am Lander voll. Dort warten etwa zwei Megabyte an Daten auf uns.

Dann wünsche ich Ihnen viel Glück, und wir warten gespannt auf die ersten Bilder.

Der Österreicher Stephan Ulamec ist Projektleiter für den Landeroboter Philae am Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt in Köln. Im November 2014 hat die Raumsonde Rosetta, die um den Kometen 67P/ Tschurjumow-Gerasimenko kreist, Philae auf dem Kometen abgesetzt. Danach riss die Verbindung ab, da Philea keine Energie mehr hatte. Seit der Nacht vom 13. auf den 14. Juni kommuniziert der Landeroboter wieder mit Rosetta.

Das Interview führte Fabian Schmidt.

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