Nach zwei arbeitsreichen Wochen beendet die Formel 1 in Barcelona ihre Testfahrten vor der neuen Saison. Sebastian Vettel und sein starker Ferrari schüren die Hoffnung auf ein echtes Duell mit Mercedes um die WM.
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Vom Verlierer des Jahres zum Retter der Formel 1 in nur drei Monaten? Das geht Sebastian Vettel dann doch ein wenig zu schnell. Zwei Wochen vor dem Start der neuen Saison wird der viermalige Weltmeister in Diensten von Ferrari plötzlich als heißer Kandidat auf den obersten Platz auf dem Siegerpodest gehandelt, zumindest als große Gefahr für Dominator Mercedes. Vettel reagiert darauf beinahe genervt.
"Mercedes ist weiterhin das Maß aller Dinge", sagte der 29-Jährige am Rande der Testfahrten in Spanien, die am Freitag zu Ende gingen: "Wenn man drei Titel in Folge gewinnt, dann ist man auch der Favorit." Vettel stapelt tief, auch wenn das dem viermaligen Weltmeister momentan durchaus schwer fällt. Zwei Wochen lang haben die 20 Formel-1-Fahrer in ihren neuen Boliden auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya ihre Runden gedreht. Ferrari, im vergangenen Jahr ohne Grand-Prix-Sieg, machte dabei einen ziemlich starken Eindruck: Schnell, ausdauernd und gut organisiert wirkte die Scuderia, die neben Vettel Ex-Weltmeister Kimi Räikkönen, der am Freitag die Rundenbestzeit der diesjährigen Testfahrten setzte, ins Rennen schickt. Eigenschaften, die man in der Vergangenheit fast nur bei Mercedes fand.
Hamilton vermutet Bluff bei Ferrari
Vize-Weltmeister Lewis Hamilton scheint das durchaus in die Karten zu spielen. Statt sich öffentlich zu sorgen, ob der wiedererstarkten Konkurrenz aus Italien, schob der Mercedes-Star dem Gegner nur zu gerne die Favoritenrolle zu und behauptete sogar, Ferrari sei unter dem brandneuen Aerodynamik-Reglement schnell und könne sogar noch schneller sein: "Ich glaube, sie bluffen", sagte Hamilton. "Sie sind sehr nah dran, wenn nicht sogar schneller als wir."
Die Formel-1-Teams der Saison 2017
Am 26. März startet die Formel 1 in die neue Saison. Wird Mercedes wieder dominieren, oder schaffen es Max Verstappen und Sebastian Vettel, den Silberpfeilen Paroli zu bieten? Wer fährt für die anderen Rennställe?
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Mercedes - Auch ohne Rosberg zum Titel?
Der Konstrukteurs-Weltmeister der letzten letzten drei Jahre will auch in dieser Saison wieder ganz oben stehen. Nach dem Rücktritt von Weltmeister Nico Rosberg hat sich das Werksteam den Finnen Valtteri Bottas (r.) ins Boot geholt. Zusammen mit dem Briten Lewis Hamilton (l.) ist Mercedes wieder der Top-Anwärter für den Fahrer- und Kostrukteurstitel.
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Ferrari - Mit Vettel zurück zu altem Glanz
Die Scuderia Ferrari geht mit hohen Erwartungen in das kommende Rennjahr. Sowohl Sebastian Vettel (r.) als auch Kimi Räikkönen (2.v.r.) konnten in der vergangenen Saison keinen Rennsieg einfahren. In seiner zehnten Fahrer-Saison will Vettel - genau wie der letzte Ferrari-Weltmeister Räikkönen - Ferrari wieder an die Spitze bringen.
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Red Bull Racing - Nicht mehr nur Vize
Mit dem jungen Max Verstappen und Daniel Ricciardo will Red Bull den Weltmeister Mercedes dieses Jahr endlich vom Formel-1-Thron stoßen und den Aufwärtstrend des letzten Jahres fortführen. Vor allem der 19-jährige Verstappen, der als jüngster Formel-1-Fahrer in die Geschichte einging, ist heiß auf die neue Saison: "Ich will Kilometer bolzen."
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Renault - Schafft es Hülkenberg aufs Podium?
Als Nachfolger von Lotus geht das zum Automobilhersteller Renault gehörende Team in diesem Jahr an den Start. Mit der deutschen Hoffnung Nico Hülkenberg und dem Briten Jolyon Palmer (2.v.l.) will der Rennstall an erfolgreiche Zeiten anknüpfen. Renault-Neuling Hülkenberg (r.) peilt nach 115 Grand-Prix-Teilnahmen seinen ersten Platz auf dem Podium an.
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Force India - Gewagter Look
Das erste indische Team der Formel-1-Geschichte visiert auch in diesem Jahr wieder einen Platz im oberen Mittelfeld an. Mit 173 Punkten erreichte man im letzten Jahr Platz vier der Konstrukteurs-WM. Für den mit indischer Lizenz fahrenden Rennstall sitzen in dieser Saison der Mexikaner Sergio Perez und der Franzose Esteban Ocon am Steuer. Ungewöhnlich ist diesmal die knallrosane Lackierung.
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Williams F1 - Junges Blut plus Erfahrung
Der seit 1977 in der Formel-1 aktive Rennstall geht in diesem Jahr unter dem Namen "Williams Martini Racing" an den Start. Neben Formel-1-Debütant Lance Stroll, der erst 18 Jahre alt ist, sitzt Routinier Felipe Massa im Cockpit des anderen Boliden. Trotz seines angekündigten Rücktritts nach dem letzten Saisonrennen 2016, hängt der 35-jährige seinem Rennstall zuliebe ein Jahr dran.
Das nach Ferrari erfolgreichste Team der Formel-1-Geschichte setzt in der neuen Saison auf eine markante Lackierung in Schwarz-Orange. Für den britischen Rennstall wird 2017 erneut der Spanier Fernando Alonso (l.) ins Cockpit steigen. Der zurückgetretene Jenson Button wird durch Stoffel Vandoorne (r.) ersetzt, der als Ersatzfahrer bisher ein einziges WM-Rennen bestreiten durfte.
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Haas - Runde zwei für das US-Team
Seit 2016 nimmt das US-amerikanische Motorsportteam an der Formel 1 teil. Mit einem 6. Platz in Australien im vergangenen Jahr erzielte der Rennstall das beste Ergebnis für ein neu gegründetes Team in einem Debütrennen. In dieser Saison gehen der Franzose Romain Grosjean und der Däne Kevin Magnussen für Haas an den Start.
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Toro Rosso - mehr als nur die kleinen Bullen?
Der italienische Rennstall geht in diesem Jahr nicht mehr mit veralteten Ferrari-Motoren, sondern mit der gleiche Renault-Hardware wie das französische Werksteam an den Start. Am Steuer sitzen der Russe Daniil Kwjat und der Sohn des zweifachen Rallye-Weltmeisters Carlos Sainz, Carlos Sainz junior. Die Scuderia ist das Nachwuchsteam des großen Bruders Red Bull.
Bild: picture-alliance/AP Photo/M. Fernandez
Sauber - Mit Ferrarimotor nach vorne
Nach dem vorletzten Platz in der Konstrukteurs-Wertung will der Schweizer Rennstall wieder angreifen. In dieser Saison sollen der Deutsche Pascal Wehrlein und der Schwede Marcus Ericsson die Punkte einfahren. Ausgestattet sind die Sauber-Boliden, aufgrund von Reglementänderungen, mit einem Ferrari-Motor des vergangenen Jahres.
Bild: picture-alliance/LAT
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Doch auch ohne jeden Bluff war teilweise beeindruckend, was Ferrari ablieferte. Die Scuderia wirkte auch stärker als Red Bull Racing, der bisherige erste Herausforderer der Silberpfeile. So drehte Vettel am vorletzten Testtag die bis dahin mit Abstand schnellste Runde - und ging dabei auf der Geraden offensichtlich noch vom Gas, um sein wahres Tempo zu verschleiern. "Wir machen unser Programm", sagte Vettel anschließend abwehrend. "Mal machen wir schneller, mal langsamer."
Damit hält es Vettel wie die gesamte Konkurrenz. Kaum ein Team deckt die Karten komplett auf, Spritmenge, Motoreinstellungen und Reifenmanagement lassen keine echten Vergleiche zu. Grundsätzlich geben die Rundenzeiten bei den Tests daher nur einen geringen Aufschluss über die tatsächlichen Kräfteverhältnisse. Und bis zum Saisonstart in Melbourne am 26. März wird es ohnehin noch Updates an der Technik geben.
Mehrkampf an der Spitze?
Dennoch lasse sich zumindest ein Fazit ziehen, meint Formel-1-Experte Christian Danner. "Entscheidend ist die Zuverlässigkeit, denn da kann man nicht tricksen", sagt der 58-Jährige: "Und Ferrari scheint da eine viel bessere Basis zu haben als im vergangenen Jahr. 2016 wurden sie durch zahlreiche Getriebe- und Motorschäden zurückgeworfen, diese Probleme haben sie offenbar sehr konsequent gelöst."
Was das alles bedeutet, wird sich aber erst in zwei Wochen beim Großen Preis von Australien in Teilen beantworten lassen. Schließlich wartete die Formel 1 in den vergangenen Jahren vergeblich auf ein Team, das den Silberpfeilen über eine gesamte Saison Schwierigkeiten bereiten konnte. Und auch mit den grundlegend neu konzipierten Autos zeigte Mercedes in Barcelona keine Schwächen, spulte mal wieder die mit Abstand meisten Runden ab.
Doch der Wunsch der Fans und der Veranstalter nach einem echten Mehrkampf um den WM-Titel ist durchaus größer als in den vergangenen Jahren - auch weil Weltmeister Nico Rosberg seinen Abschied genommen hat und Nachfolger Valtteri Bottas erst beweisen muss, dass er um die vorderen Plätze mitfahren kann. Zudem wird Max Verstappen in seinem dritten Formel-1-Jahr - neben seinem Ungestüm - das Plus an Erfahrung zugutekommen. Die größte Hoffnung aber, dass Mercedes nicht wieder alleine vorneweg fährt, trägt Rot.