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Politik

Rote Flora immer stärker unter Druck

11. Juli 2017

Die Rufe nach Konsequenzen für das linksautonome Zentrum im Hamburger Schanzenviertel nach den Kawallen beim G20-Gipfel werden lauter. Nicht nur Politiker fordern das Aus für das besetzte Theater.

Deutschland, Hamburg, G20 Proteste
Bild: picture-alliance/M.Heine

Eine Online-Petition auf der Plattform "Change.org" wollte aus dem besetzten Theater einen Kindergarten oder eine Grundschule machen. Bis Dienstagmittag unterzeichneten mehr als 5700 Menschen die Idee des Hamburger Unternehmers Alexander Tebbe. Doch Tebbe zog die Petition mittlerweile wieder zurück. Laut dem "Hamburger Abendblatt" wurde der Unternehmer im Kurznachrichtendienst Twitter angefeindet. In einer anderen Petition wird gefordert, die Rote Flora in einen öffentlichen Park umzuwandeln. Nach der beispiellosen G20-Gewaltnacht schwindet die Unterstützung für das besetzte Theater.

Forderungen nach Schließung aus der Politik

Die Union fordert ein hartes Vorgehen gegen die linksautonome Szene und ihre Zentren. In einem Papier, das die Bundestags-CSU auf ihrer Klausurtagung beschlossen hat, heißt es: "Quasi rechtsfreie Räume wie die Rote Flora oder die Rigaer Straße müssen konsequent geschlossen werden." CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeld sagte: "Das sind Keimzellen für Gewaltexzesse, das können wir nicht länger dulden." Die Partei fordert außerdem ein härteres Vorgehen gegen Linksextremisten und Linksautonome: mehr Versammlungsauflagen und -verbote, europaweite Meldeauflagen, eine europäische Extremistendatei auch für Linksradikale.

Im Zuge der Anti-G20-Demonstrationen kam es zu StraßenschlachtenBild: picture-alliance/dpa/C. Gateau

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zeigte sich erneut schockiert über das Ausmaß der Gewalt in Hamburg und betonte, dass es keine Rückzugsräume für Linksextremisten geben dürfe. "So etwas wie die Rote Flora, besetzte Häuser in Berlin und so etwas, was es in Connewitz in Leipzig gibt, kann man nicht hinnehmen. Wenn das einmal eingerissen ist, ist das nicht so leicht wieder zu lösen."

Auch Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hatte die Existenz des Zentrums bereits infrage gestellt, sich aber gegen einen "Schnellschuss" ausgesprochen. Das seit 30 Jahren besetzte ehemalige Theatergebäude gilt als eines der wichtigsten Zentren der autonomen Szene in Deutschland. Es stand auch hinter der "Welcome to Hell"-Demonstration, bei der es am Donnerstagabend schon vor Beginn des G20-Gipfels schwere Ausschreitungen gegeben hatte.

Flora-Anwalt verspricht Hilfe

Experten warnen, die Schließung der Roten Flora könnte einen "massiven Kampf" auslösen, wie der Kriminologe Christian Pfeiffer der "Passauer Neuen Presse" sagte. Auch die Linke in Hamburg erklärte, eine Räumung würde die Lage nur verschlimmern.

Flora-Anwalt Andreas Beuthe ruderte bei der Bewertung der Krawalle unterdessen zurück. "Solche Aktionen sind sinnentleerte Gewalt und haben eine Linie überschritten", sagte er dem "Hamburger Abendblatt", nachdem er in einem ARD-"Brennpunkt" mit der Aussage, als Autonomer habe er "Sympathien" für solche Aktionen, nur nicht im eigenen Viertel, für Empörung gesorgt hatte. Nun distanzierte er sich aufs Schärfte von den Ausschreitungen und kündigte an, das autonome Zentrum wolle den Opfern der Krawalle helfen.

Vielerorts wurden Autos angezündetBild: Getty Images/L. Neal

Neben massiven Schäden in mehreren Stadtteilen waren bei den Ausschreitungen fast 500 Beamte und dutzende Demonstranten verletzt worden. Die Polizei will für die Ermittlungen eine Sonderkommission mit bis zu 170 Mitgliedern einsetzen. Der Polizei lägen über 2000 Fotos von Zeugen und hunderte Stunden Videoaufnahmen der Sicherheitskräfte vor, die ausgewertet werden müssten, sagte Hamburgs Polizeipräsident Ralf Martin Meyer. Bislang seien rund 50 Haftbefehle ausgestellt worden.

Gabriel: Merkel trägt politische Verantwortung

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) gab in einem Interview der Zeitungen der Funke Mediengruppe der Bundeskanzlerin die "politische Verantwortung für die Inszenierung und Ausrichtung des G20-Gipfels in Hamburg". Gabriel sagte, Angela Merkel habe im Wahljahr den G20-Gipfel in ihrer Heimatstadt nutzen wollen, "um mit attraktiven Bildern ihr Image aufpolieren zu wollen". Den in der Kritik stehenden Hamburger Bürgermeister nahm er in Schutz. Scholz sei nicht für die Gipfel-Inszenierung verantwortlich. "wer seinen Rücktritt will, schon die Forderung halt ich für unangemessen, der muss auch den Rücktritt von Angela Merkel fordern", so der Minister.

rk/sti (dpa, afp, rtr)

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