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Europäische Filmpreise werden in Berlin vergeben

Bernd Sobolla9. Dezember 2015

Glanz, Glamour und kulturelle Vielfalt - darum geht es beim Europäischen Filmpreis, der an diesem Samstag in Berlin verliehen wird. Wer hat die besten Chancen auf die Awards?

Europäischer Filmpreis 2015 Ewige Jugend
Bild: European Film Academy/Gianni Fiorito

Vorbild für die European Film Awards ist die Oscar-Verleihung in den USA. Doch die Popularität von Filmstars ist in Europa grundsätzlich geringer, auch wenn sich viele Schaulustige am Roten Teppich vor dem Haus der Berliner Festspiele einfinden werden. Aber das ist kein Vergleich zu Hollywood, wo die Oscar-Verleihung allein in den USA über 40 Millionen Zuschauern vor die Fernseher zieht. Dennoch zeigt sich in den letzten Jahren ein beständig wachsendes Interesse an den European Film Awards. Jedes Jahr gibt die Europäische Filmakademie (EFA) eine Auswahlliste mit rund 40 Spielfilmen bekannt, die für eine Nominierung in Frage kommen. Die etwa 3.000 EFA-Mitglieder stimmen dann über die Nominierungen ab, im zweiten Wahlgang dann auch über die Gewinner der insgesamt 22 Kategorien.

Die Trophäe des Europäischen FilmpreisesBild: picture-alliance/dpa

Kurze Geschichte

Filmschaffende hatten die EFA 1988 in Berlin gegründet. Erklärtes Ziel war es, den europäischen Film zu fördern und die Werke über die nationalen Grenzen hinaus bekannt zu machen. Und dazu dient vor allem die Verleihung des Europäischen Filmpreises. Die European Film Awards wurden in den Anfangsjahren in Berlin/Babelsberg verliehen. Seit 1997 findet die Zeremonie abwechselnd in Deutschland und einem anderen europäischen Land statt.

Dieses Mal sind in der Kategorie "Bester Film" sechs Filme nominiert. Gute Chancen hat "Victoria" des deutschen Regisseurs Sebastian Schipper. Das liegt zum einen an den Konkurrenten, die bei aller filmischen Qualität vor allem eines verbindet: Es handelt sich um Dramen oder eher melancholische Werke. In "Youth" zeigt Paolo Sorrentino, wie zwei 80-jährige Künstler am Ende ihres Lebens auf ihre Kinder und deren chaotisches Leben blicken. Der Isländer Grímur Hákonarson erzählt in "Rams" von zwei Brüdern, die Zeit ihres Lebens Schafe züchten, aber schon ewig nicht mehr miteinander reden. Doch eines Tages bedroht eine Tierseuche ihr Leben. "The Lobster" von Yorgos Lanthimos schildert, wie ein Staat in naher Zukunft die Singles in der Stadt einfängt und in ein Hotel bringt, wo sie 45 Tage Zeit haben, einen Partner zu finden. Die türkisch-französische Regisseurin Deniz Gamze Ergüven erzählt in "Mustang" von der 13-jährigen Lale, die mit ihren Schwestern im Süden der Türkei als Waisenkinder aufwächst, wo alle auf Zwangsheiraten vorbereitet werden. Und der schwedische Regisseur Roy Andersson reflektiert in "Eine Taube sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach", wie Menschen ihre Schicksale achselzuckend erdulden.

Filmszene aus "Victoria" von Sebastian SchipperBild: European Film Academy

"Victoria" feiert das Leben

Schippers "Victoria" sticht hervor, weil er der einzige Film ist, in dem das Leben gefeiert wird - ob in der Disko, auf den Dächern Berlins oder beim Banküberfall. Es ist ein Genrefilm, der das Draufgängertum der Jugend ins Bild rückt und der in einer einzigen Einstellung gedreht wurde.

In der Kategorie "Beste Europäische Komödie" kann sich der belgische Regisseur Jaco van Dormael Chancen ausrechnen. Sein Film "Das brandneue Testament" schildert, wie Gott im heutigen Brüssel lebt und seine Tochter Ea - aus kindlichem Eigensinn - jedem einzelnen Menschen sein Sterbedatum verrät. Ein genialer Spaß mit subtilen Hintergedanken.

Dokumentarfilm Freiheitskampf und Selbstfindung

Für die Auszeichnung als "Bester Dokumentarfilm" drängen sich zwei Werke auf: Zum einen "A Syrian Love Story" von Sean McAllister, der die Geschichte von Amer und Raghda schildert, die sich vor 15 Jahren in einem syrischen Gefängnis kennenlernten. Ein Film über eine große Liebe und den Freiheitskampf in Syrien vor dem Hintergrund des Arabischen Frühlings. Zum anderen empfiehlt sich Ivan Gergolets "Dancing with Maria". Gergolet porträtiert die 90-jährige Tänzerin Maria Fux, die noch heute ein Studio in Buenos Aires betreibt, wo sie allen Schülern beibringt, ihre eigene Persönlichkeit auszudrücken und damit auch ihr Leben zu verändern.

Beste Schauspieler/in: Wie sähe das Leben aus, wenn…?

Zu den Favoritinnen in der Kategorie "Beste Schauspielerin" gehört Charlotte Rampling. In "45 Years" von Andrew Haigh spielt sie eine Ehefrau, die kurz vor dem 45. Hochzeitsjubiläum erfährt, dass ihr Mann eine andere Frau geheiratet hätte, wenn jene nicht tödlich verunglückt wäre. Nominiert sind auch Alicia Vikander ("Ex Machina"), Margeritha Buy ("Mia Madre"), Laia Costa ("Victoria") und Rachel Weisz ("Youth"). Gute Aussichten sollte auch der deutsche Schauspieler Christian Friedel für seine Rolle als Widerstandskämpfer Georg Elser in dem Drama "Elser" von Oliver Hirschbiegel haben. Tom Courtney ("45 Years"), Colin Farrell ("The Lobster)", Vincent Lindon ("The Measure of a Man") und Michael Caine ("Youth") sind ebenfalls nominiert.

Ehrung für ihr Lebenswerk: Charlotte RamplingBild: European Film Academy

Ehrenpreise schon bekannt

Einen Preis hat Charlotte Rampling bereits sicher. Sie wird für ihr Lebenswerk geehrt und Christoph Waltz für seinen Beitrag zum Weltkino. Außerdem erhält der britische Ausnahmeschauspieler Sir Michael Caine den Ehrenpreis der EFA. Der 82-jährige Charakterdarsteller hat in mehr als 100 Filmen mitgewirkt.

Ehrung für seinen Beitrag zum Weltkino: Christoph WaltzBild: European Film Academy

Identitätsbildung

Die Verleihung der Europäischen Filmpreise steht nicht nur für Glanz und Glamour. Es geht auch um die Bildung einer gemeinsamen europäischen Identität. Zwar ist die Sprachenvielfalt ein Hindernis, nationale Grenzen zu überschreiten, doch immerhin sorgt sie für eine große kulturelle Vielfalt.

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