Rousseff auf USA-Reise
5. April 2012Die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff reist am 9. April zum ersten Mal in ihrer Amtszeit in die USA. Wenn sie in Washington aus dem Flugzeug steigt, wird sie sich als höfliche Besucherin geben und strittige Themen außen vor lassen.
Weder die Reform des UN-Sicherheitsrates noch die US-Agrarsubventionen stehen bei Rousseffs Reise auf der offiziellen Agenda. Um Bildung, Technologie und Energiefragen werde es in den Gesprächen zwischen Rousseff und Barack Obama gehen, lies das brasilianische Außenministerium vorab verlauten.
Wirtschaftliche Zusammenarbeit
Dilma Rousseff versteht sich als sachliche Politikerin, die versucht wirtschaftliche Chancen zu nutzen. Das unterscheidet sie von ihrem Vorgänger Lula da Silva, der eine eher kritische Haltung gegenüber der USA hatte.
Rousseff hat klare Ziele: "Die US-Regierung soll Brasilien als strategischen Partner anerkennen“, analysiert Rafael Duarte Villa, Experte für Außenpolitik an der Universität São Paulo im Gespräch mit der DW. "Bisher akzeptieren die USA von allen Schwellenländern lediglich China und Indien als strategischen Partner.“
Brasilen braucht technologische Kooperationen
Brasilien ist heute reicher und weniger abhängig vom nordamerikanischen Markt. Das Land braucht keine finanziellen Hilfen mehr - weder vom Internationalen Währungsfonds (IWF), noch von den USA. Aber eines ist nach wie vor unverändert: Brasilien schafft es nicht alleine, seine technologische Entwicklung voranzutreiben.
Es gab auf diesem Gebiet schon gut funktionierende Partnerschaften, erinnert sich Eiiti Sato von der Universität Brasilia. "Das war zum Beispiel ein breit angelegtes Kooperationsprogramm zwischen dem Massachusetts Institute of Technology (MIT), der Cornell Universität und der brasilianischen Luftwaffe in den 1970er Jahren. Diese Kooperation legte den Grundstein für die brasilianische Luftfahrtindustrie." Solche Partnerschaften wären weiterhin notwendig, zum Beispiel in der Biotechnologie, findet Sato.
Auch eine Koopration im Bereich des Militärs sei wünschenswert, sagt Marcus Vinicius de Freitas, Professor für Recht und Internationale Beziehungen der Stiftung Armando Álvares Penteado. Auch wenn dies ein sensibles Thema sei. "Die militärische Zusammenarbeit zum Schutze natürlicher Ressourcen ist essenziell - insbesondere im maritimen Bereich, wo Brasilien große Ölvorkommen besitzt." Die brasilianischen Streitkräfte bräuchten eine Modernisierung ihrer veralteten Ausrüstung, so Freitas.
Es wird auch um Öl gehen
Bis 2009 waren die USA der wichtigste Handelspartner Brasiliens. Nun ist es China. Aber die Vereinigten Staaten sind immer noch ein wichtiger Absatzmarkt für brasilianische Produkte. Und Brasilien könnte die Quelle sein, die den "Öl-Durst“ der USA stillen könnte.
"Brasilien will zu einem verlässlichen Ölversorger für die USA werden. Denn die USA haben immer wieder Probleme mit Lieferanten aus Saudi-Arabien und Venezuela", sagt Freitas. Brasilien hat riesige Öl-Reserven vor der Küste. Zudem haben die USA Interesse an brasilianischem Ethanol. Allerdings kann Brasilien momentan nicht so viel Ethanol liefern, weil es schon genug Probleme hat, die Nachfrage im eigenen Land zu bedienen.
Ein weiterer wichtiger Punkt, über den Brasilien mit den USA verhandeln möchte, ist der Bildungssektor. Bildung wird in Brasilien als entscheidender Faktor gesehen, der den Wohlstand im Land beeinflusst. Bis 2015 das Land 100.000 brasilianische Studenten mit einem Stipendium ins Ausland schicken, um seinen Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften zu beheben. Viele der Top-Universitäten befinden sich in den USA. Deshalb wird sich Präsidentin Dilma Rousseff auf ihrer Reise auch mit Akademikern treffen und die Harvard Universität besuchen.
Eine andere Haltung als Lula
Rousseffs sachliche Art könnte die Chancen auf eine bessere Zusammenarbeit mit den USA erhöhen. "Es besteht die begründete Hoffnung, dass der Dialog in eine neue Phase tritt, in der beide Seiten Zwistigkeiten beiseite legen und mehr Verständnis für die Erwartungen und Bedürfnisse des anderen entwickeln“, meint Eiiti Sato von der Universität Brasilia.
Nach Ansicht von Rafael Duarte Villa von der Universität São Paulo erwarten die USA auf "bilateraler Ebene eine einfachere Zusammenarbeit mit weniger Widerstand“.