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PolitikEuropa

Royaler Glanz: G7-Gipfel besucht die Queen

11. Juni 2021

Die reichen Industrienationen versprechen mehr Impfdosen für ärmere Länder. Die Pandemie dürfe sich niemals wiederholen, fordern die G7. Beim Ausflug zur Queen ging es auch um Gesundheit. Bernd Riegert aus Carbis Bay.

UK G7-Gipfel im Gartenanlage "Eden Project" in Cornwell
Königliche Visite bei G7: Die Queen (Mitte) bittet zur Lehrstunde über ArtenvielfaltBild: Jack Hill/AP Photo/picture alliance

Im futuristischen Treibhaus, das den weltgrößten künstlichen Regenwald beherbergt, saßen die Queen und US-Präsident Joe Biden unter einem Baldachin und plauderten über Gesundheitsfragen und Artenschutz. Königin Elizabeth II. hatte die G7, die Gruppe der wichtigsten westlichen Demokratien, zum Ausflug in die Touristenattraktion "Eden Project" in Cornwall eingeladen.

Beim obligatorischen Posieren für ein Gruppenbild scherzte die Königin: "Müssen wir jetzt so dreinschauen, als ob uns das Spaß macht?" Kräftige Lacher der mächtigen Runde waren die Antwort. 

Der Sohn und Thronfolger der 95 Jahre alten Monarchin, Prinz Charles, dozierte beim royalen Empfang über die Bedeutung von Naturschutz, Klimastabilität und Artenvielfalt auch bei der Bekämpfung und Vermeidung von Pandemien.

"Der Kampf gegen diese schreckliche Seuche hat gezeigt, wie durchschlagend und schnell die internationale Gemeinschaft Krisen eindämmen kann, wenn der politische Wille, Geschäftssinn und Mobilisierung der Öffentlichkeit kombiniert werden", sagte der 72-jährige Prince of Wales.

"Wir haben es in der Pandemie getan, wir müssen es, offen gesagt, so auch für den Planeten machen." Der seit vielen Jahrzehnten im Umweltschutz engagierte Royal spielte natürlich auf die Klimapolitik und den Kampf gegen die Erderwärmung an - Themen, über die die G7 ebenfalls beraten. 

Rüstig voran durch die Gewächshäuser: US-Präsident Biden (78), Premier Johnson (56) , Queen Elizabeth (95), Frankreichs Präsident Macron (43)Bild: Jack Hill/AP Photo/picture alliance

G7 verabschieden Plan für gobale Gesundheit

Die Delegationen aus den USA, Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan und Gastgeberland Großbritannien werden am Samstag eine "Erklärung von Carbis Bay" veröffentlichen, die das Ziel setzt, die Folgen der Corona-Pandemie zu überwinden und die Welt möglichst besser als zuvor wieder aufzubauen. Außerdem sollen künftige Pandemien verhindert werden. Dazu seien mehr Forschung, mehr Umweltschutz und bessere Gesundheitsversorgung der Menschen die Mittel.

Die G7, die bislang drei Viertel aller verfügbaren Impfstoffe gegen COVID-19 selbst verbraucht haben, versprach diese von den Vereinten Nationen oft kritisierte Vorgehensweise jetzt zu ändern. Die Staaten und die EU wollen gemeinsam mindestens eine Milliarde Impfdosen bis zum Ende des nächsten Jahres für ärmere Staaten spenden.

500 Millionen Dosen kommen aus den USA, sagte Präsident Joe Biden zu. 100 Millionen Dosen aus Großbritannien. Beide Staaten hatten bisher so gut wie keine Impfstoffe exportiert. Die Europäische Union hat immerhin 315 Millionen Dosen in alle Welt ausgeführt, rund die Hälfte der bisher in der EU produzierten Menge. Über die COVAX-Initiative der UN sollen weitere Millionen folgen.

Polizei in St. Ives versperrt "roten Protest-Künstlern" den Weg zum G7-GipfelBild: Bernd Riegert/DW

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Antonio Guterres, sagte die zugesagten Hilfen seien nicht ausreichend. "Wir brauchen einen Welt-Impfplan", sagte Guterres in einer Videokonferenz vor Reportern in Cornwall. "Ansonsten droht sich die Pandemie wie ein Waldbrand in den Entwicklungsländern auszubreiten.

"Die G7-Staaten sind sich einig, dass die Impfstoff-Produktion weltweit hochgefahren werden muss. Dass dazu die von den USA angeregte Aufgabe von Patenten das richtige Mittel seien, sehen viele europäische Staaten anders. 

Rote Demonstranten mahnen Klimaschutz an

Mit friedlichen und fantasievollen Protesten begleiteten einige hundert Demonstranten in St. Ives den Beginn des G7-Gipfels der mächtigsten westlichen Industrienationen im benachbarten Dorf Carbis Bay. Menschen, die als G7-Politiker, schwarze Vögel und rote Todesboten verkleidet waren, zogen durch die engen Gassen des beschaulichen Badeorts in Cornwall. Am Strand wurde getrommelt und gesungen.

G7 war für sie bislang immer nur ein TV-Ereignis: Margaret S. wundert sich über die ProtesteBild: Bernd Riegert/DW

Einige Bewohner von St. Ives und ganze Rudel von Kameraleuten beobachteten das Treiben. "Ich frage mich, ob die so irgendwas erreichen. Die Leute sollten sich auf die großen Fragen konzentrieren, die entschieden werden müssen", sagt die Rentnerin Margaret S., die von ihrer Terrasse einen fantastischen Blick auf den Strand von St. Ives hat.

Von dort hört man die Trommelklänge. "Wir können seit einer Woche nicht auf die Straße. Alles ist abgeriegelt. Wir sind im Lockdown", beklagt sich die Einwohnerin der Gipfel-Sicherheitszone. "Trotzdem ist es natürlich interessant. Ich habe viele G7-Gipfel im Fernsehen gesehen, aber ich hatte ja keine Ahnung, was da hinter den Kulissen alles so passiert."

Multilaterale Signale von Biden

Hinter dem drei Meter hohen provisorischen Metallzaun, der an das Grundstück der Rentnerin grenzt, tagen seit Freitagmittag die sieben Staats- und Regierungschefs und- chefinnen aus den USA, Frankreich, Deutschland, Italien, Kanada, Großbritannien und Japan. Zu dem Kreis gehören auch die Vertreter der EU, Ratspräsident Charles Michel und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Die Demonstranten am Strand fordern mehr Einsatz gegen den Klimawandel. Der britische Premier Boris Johnson und andere Gipfel-Gäste haben versprochen, den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Neue Zusagen sind in Carbis Bay aber nicht vorgesehen.

Offizielles Gipfelfoto am Strand von Carbis Bay: sieben Regierende und zwei Vertreter der EUBild: Patrick Semansky/AP/picture alliance

Das bedeutendste Ziel des ersten persönlichen Gipfeltreffens seit zwei Jahren ist die Stärkung der demokratischen Staaten gegenüber den Autokratien in der Welt, meint ein hoher US-Diplomat, der den Gipfel mit vorbereitet hat. Für Bundeskanzlerin Angela Merkel ist es deshalb besonders wichtig, Joe Biden, den neuen US-Präsidenten, zu treffen.

"Er repräsentiert das Bekenntnis zum Multilateralismus, das uns in den letzten Jahren doch gefehlt hat", sagte Merkel bei ihrer Ankunft im Strandhotel von Carbis Bay und spielte auf Bidens Vorgänger Donald Trump an, der die G7 und andere internationale Gremien torpedierte.

Topthema China

Joe Biden möchte in zahlreichen Gesprächsrunden bis zum Sonntag eine Allianz der Demokratien gegen China schmieden, das er für die größte Bedrohung westlicher Werte, des westlichen Wohlstands und seines Einflusses hält. Bundeskanzlerin Merkel und die Vertreter der EU-Staaten weisen daraufhin, dass China nicht nur systemischer Rivale und wirtschaftlicher Konkurrent, sondern in manchen Fragen auch Partner sein müsse.

Man brauche alle in der Welt, sagte Merkel: "Wir wollen zusammenarbeiten, gerade in den Bereichen des Klimaschutzes und der Biodiversität. Da werden wir niemals Lösungen ohne China erreichen."

Inoffizielles Gipfelfoto am Strand: Demonstranten mit Politikermasken beklagen die Untätigkeit der IndustriestaatenBild: Bernd Riegert/DW

Die G7 wollen auch über eine Strategie gegenüber Russland sprechen. Die jüngsten Truppenaufmärsche an der Grenze zur Ukraine und die Unterdrückung der Opposition in Russland und Belarus mache eine starke Antwort dringend notwendig, heißt es von G7-Diplomaten, die an der Gipfel-Erklärung feilen.

Boris Johnson wähnt sich im Zirkus

Die G7 werden sich zum gemeinsamen wirtschaftlichen Aufbau nach der Corona-Krise bekennen und eine Reform des weltweiten Steuersystems befürworten, dass multinationale Konzerne stärker zur Kasse bitten soll. "Das ist eine gute Gelegenheit, über die Lektionen zu sprechen, die wir aus der Pandemie gelernt haben", sagte der britische Gastgeber Boris Johnson. Gleichzeitig kritisierte er das Format der G7. In den 1970er Jahren waren die Gipfel als vertrauliche Gespräche am Kamin gestartet. "Jetzt ist das ein riesiger Medien-Zirkus", meinte Johnson zu wartenden Reportern.

Gipfel-Folklore: Ein Bäcker in St. Ives bietet G7-Pasteten anBild: Bernd Riegert/DW

Dieser Artikel wurde aktualisiert.

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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