Paul Kagame regiert in Ruanda zunehmend autoritär. Ein Vorwurf seit längerem: Politische Gegner würden systematisch verfolgt. Nun prangert Human Rights Watch den brutalen Umgang mit Gefangenen an.
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Schläge, vorgetäuschtes Ertrinken, Aushungern - davon berichten laut Human Rights Watch (HRW) ehemalige Gefangene aus Ruanda. In vielen Haftanstalten des ostafrikanischen Landes seien "schwere Menschenrechtsverletzungen, einschließlich Folter, allgegenwärtig", so die in New York ansässige Menschenrechtsorganisation in einem jetzt veröffentlichten Report.
Die von den Ex-Häftlingen geschilderten Praktiken werden laut HRW sowohl in offiziellen Gefängnissen als auch in inoffiziellen Haftanstalten angewendet. Ruandas Regierung habe es zudem versäumt, den Vorwürfen nachzugehen.
HRW habe die Regierung in der Hauptstadt Kigali im September wegen der Ergebnisse des Berichts kontaktiert, teilte die Organisation mit. Bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung an diesem Dienstag habe sie jedoch noch keine Antwort erhalten.
Zustände in Kwa Gacinya "besonders brutal"
Der Bericht fußt demnach auf Gerichtsdokumenten sowie rund 30 Interviews mit Betroffenen aus den Jahren 2019 bis 2024. Sie saßen in drei Haftanstalten ein. Besonders brutal soll demnach das Vorgehen in Kwa Gacinya in der Hauptstadt Kigali sein. Laut HRW handelt es sich dabei um ein von der Polizei kontrolliertes "inoffizielles Gefangenenlager".
Ex-Häftlinge würden ein "System von Misshandlungen, Scheinhinrichtungen, Schlägen und Folter" in Kwa Gacinya bezeugen - Zustände, die bis mindestens 2011 zurückreichen. Dazu gehörten laut Gerichtsdokumenten monatelange Aufenthalte in "sargähnlichen" Zellen und unter Folter erzwungene Geständnisse.
"Es war ein Ort der Angst", beschrieb bereits vor Jahren der Oppositionelle Venant Abayisenga die dortigen Zustände. Während seiner Haft in Kwa Gacinya im Jahr 2017 habe er unter anderem gehört, wie Menschen hingerichtet worden seien, sagt Abayisenga in einem 2020 im Onlinekanal Youtube veröffentlichten Interview. Wenige Monate nach seinen öffentlichen Aussagen über die Haftbedingungen verschwand der Oppositionelle spurlos. Ähnliche Aussagen von Häftlingen trug Human Rights Watch auch aus anderen Gefängnissen des Landes zusammen.
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Täter bleiben offenbar meist unbehelligt
Die Regierung in Kigali habe es "versäumt, die wiederholten und glaubwürdigen Foltervorwürfe von Häftlingen oder ehemaligen Häftlingen seit mindestens 2017 zu untersuchen oder anzugehen", kritisiert HRW. Untersuchungen internationaler Organisationen würden "regelmäßig" blockiert. Einem HRW-Mitarbeiter sei im Mai die Einreise verweigert worden.
Bis auf einen hochrangigen Beamten wurde offenbar bislang niemand zur Verantwortung gezogen. Gegenüber den Tätern herrsche mehr oder weniger Straflosigkeit, kritisierte die Organisation.
Dass es auch in Ruanda möglich sei, die tief verwurzelte Praxis der Folter zu durchbrechen, zeige aber ein Urteil von Anfang April. In dem Verfahren sei unter anderem ein Gefängnisdirektor wegen der Ermordung eines Gefangenen zu 15 Jahren Haft und einer Geldstrafe verurteilt worden.
Afrikas Langzeitherrscher
Manche afrikanische Präsidenten sind so lange an der Macht, dass die meisten Bürger niemals einen anderen Herrscher erlebt haben. Der älteste und der dienstälteste Staatschef lenken zwei benachbarte Länder.
Bild: Jemal Countess/UPI/newscom/picture alliance
Äquatorialguinea: Teodoro Obiang Nguema
Teodoro Obiang Nguema ist mit 45 Dienstjahren der zurzeit dienstälteste Präsident Afrikas. Bis 2017 musste er diesen zweifelhaften Titel noch teilen: Damals war Angolas Staatschef José Eduardo dos Santos aus dem Amt geschieden, das er wie Obiang Nguema 1979 übernommen hatte. Zuletzt ließ sich Obiang Nguema 2022 erneut zum Präsidenten wählen. Sein Sohn steht als Vizepräsident bereit zu übernehmen.
Bild: Ludovic Marin/AFP
Kamerun: Paul Biya
Kameruns Staatsoberhaupt hält den Spitzenplatz in einer anderen Kategorie: Geboren im Jahr 1933, ist Paul Biya der älteste Präsident Afrikas. Er ist seit 1982 im Amt - und war zuvor bereits sieben Jahre lang Premierminister. 2008 wurde die Verfassung Kameruns extra geändert, um Biya weitere Mandate zu ermöglichen. Sein aktuelles Mandat läuft noch bis 2025.
Bild: Stephane Lemouton/abaca/picture alliance
Republik Kongo: Denis Sassou Nguesso
Eine Verfassungsänderung für zusätzliche Amtszeiten hat Denis Sassou Nguesso auch schon hinter sich: Er steht seit rund 40 Jahren, mit einer kurzen Unterbrechung zwischen 1992 und 1997, an der Spitze der Republik Kongo (Brazzaville). Bei seiner jüngsten Wiederwahl 2021 boykottierte die Opposition den Urnengang; die Bischofskonferenz klagte über mangelnde Transparenz.
Bild: Russian Foreign Ministry/AFP
Uganda: Yoweri Museveni
Seit mehr als dreieinhalb Jahrzehnten ist Yoweri Museveni an der Macht - ein Großteil seiner Landsleute kennt keinen anderen Präsidenten. Rund 80 Prozent der derzeit 46 Millionen Ugander wurden geboren, nachdem er 1986 ins Amt gekommen war. Damit er 2021 mit damals 76 Jahren seine sechste Amtszeit antreten konnte, ließ Museveni bereits Jahre zuvor die Altersobergrenze abschaffen.
Bild: ABUBAKER LUBOWA/REUTERS
Eswatini: König Mswati III.
Mswati III. musste noch seine Volljährigkeit abwarten, bis er als König inthronisiert werden konnte: Er war 14 Jahre alt, als sein Vater Sobhuza II. nach 61-jähriger Regentschaft 1982 starb. Erst vier Jahre später übernahm Mswati III. die Rolle als einziger absoluter Monarch Afrikas. Formal regiert seine Mutter als iNndlovukazi ("Große Elefantin") gemeinsam mit ihm das kleine Eswatini.
Bild: Dan Kitwood/empics/picture alliance
Eritrea: Isaias Afewerki
Das kleine Land am Roten Meer hatte noch nie einen anderen Staatschef: Isaias Afewerki wurde im Mai 1993 zum Präsidenten ernannt, gleich nachdem sich die Eritreer in einem Referendum für die Unabhängigkeit ihres Landes ausgesprochen hatten. Anfangs hatte er den Ruf eines Reformers. Inzwischen gilt er als Autokrat, der sein Land mit harter Hand regiert und es international weitgehend isoliert hat.
Bild: Stanislav Krasilnikov/TASS/AFP
Dschibuti: Omar Guelleh
Er ist in dieser Liste der Letzte, der schon vor der Jahrtausendwende an die Macht kam: Omar Guelleh ist seit 1999 Staatspräsident Dschibutis. In dieser Zeit ist ihm gelungen, die geopolitisch günstige Lage an der Meerenge zur Arabischen Halbinsel für die Entwicklung seines kleinen Landes auszunutzen: Heute dient Dschibuti als Militärstützpunkt für die USA, Frankreich, Japan, aber auch China.
Bild: Mohammed Dhaysane/AA/picture alliance
Ruanda: Paul Kagame
Paul Kagame führt Ruanda seit dem Jahr 2000. In einem Referendum 2015 sicherte auch er sich die Abkehr von der bisherigen Beschränkung auf zwei Amtszeiten: Kagame könnte nun bis 2034 an der Macht bleiben, sofern er bei turnusmäßigen Wahlen 2024 und 2029 antritt. Bei der vorherigen Wahl 2017 bescheinigte ihm das offizielle Ergebnis 98,8 Prozent der abgegebenen Stimmen.
Bild: Trinidad Express Newspaper/AFP
Togo: Faure Gnassingbé
2005 übernahm Faure Gnassingbé das Präsidenten-Amt von seinem Vater, der Togo 38 Jahre lang geführt hatte. Nach massiven Protesten der Bevölkerung gegen die "Dynastie" Gnassingbé wurde 2017 ein Gesetz erlassen, das die Amtszeit für Präsidenten begrenzt. Allerdings gilt das Gesetz nicht rückwirkend: Gnassingbé darf auch 2025 erneut antreten. (Die Galerie wurde zuletzt am 25.10.2023 aktualisiert)
Bild: Ute Grabowsky/photothek/IMAGO
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Ruanda wird seit 2000 von Präsident Paul Kagame zunehmend autoritär regiert. International steht der 66-Jährige wegen Defiziten bei Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Kritik.
Schon vor der aktuellen Veröffentlichung von Human Rights Watch gab es seit längerem Vorwürfe, politische Gegner würden in dem ostafrikanischen Land systematisch verfolgt und laut Berichten von Menschenrechtsorganisationen zum Teil mit Folter zu falschen Geständnissen gezwungen. Andere verschwinden oder sterben bei vermeintlichen "Unfällen". Laut einer aktuellen Statistik des Institute for Crime and Justice Policy Research der Birkbeck-Universität in London hat Ruanda mit 637 Gefangenen pro 100.000 Einwohnern eine der höchsten Inhaftierungsquoten der Welt.