1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
GesellschaftRuanda

Väter, ihr werdet zu Hause gebraucht!

Nasra Bishumba
6. Oktober 2021

Mehr Erziehungsurlaub für frisch gebackene Väter? In Ruanda gehen die Meinungen dazu auseinander. Doch die Rufe der Befürworter werden lauter.

Ruanda, Kigali | Symbolbild Alltagsleben, Vater mit Kind
Vater-Kind-Zeit? Soll nach dem Willen einiger Ruander bald alltäglicher werdenBild: Bildagentur-online/Hermes Images - AGF/picture alliance

Rahma Ingabire ist seit etwa drei Monaten Mutter. Ihr Ehemann, mit dem sie seit zwölf Jahren verheiratet ist, habe sich bisher kaum eingebracht - für Ingabire ein Argument gegen Vaterschaftsurlaub: "Ich habe unser Kind zur Welt gebracht, mein Mann hat Einkäufe gebracht: Windeln, Essen und so weiter. Aber ich bin es, die Kleider wäscht, das Haus putzt, Windeln wechselt und nachts alleine aufsteht", sagt sie.

Ihr Mann bringe sich kaum ein, wenn er zu Hause ist und sie glaube nicht, dass das mit Vaterschaftsurlaub anders wäre: "Ich finde nicht, dass afrikanische Männer Elternzeit bekommen sollten."

Neue Forderungen für die Väter

Weibliche Angestellte in Ruanda haben Anspruch auf zwölf Wochen bezahlten Mutterschaftsurlaub, bis zu zwei Wochen davon dürfen vor dem errechneten Geburtstermin genommen werden. Väter dürfen vier zusammenhängende Arbeitstage als Sonderurlaub geltend machen. Damit liegt der kleine ostafrikanische Binnenstaat etwas unter dem weltweiten Median: Laut Weltbank gab es 2020 in 105 von 189 untersuchten Ländern einen Rechtsanspruch auf bezahlten Vaterschaftsurlaub; im Schnitt waren es fünf Tage - gegenüber 98 Tagen bei Müttern.

Allerdings bedeutet ein Anspruch nicht automatisch, dass er geltend gemacht wird: Laut Weltbank nahmen zuletzt nur 40 Prozent der skandinavischen Väter Vaterschaftsurlaub, in Tschechien und Polen waren es sogar nur zwei Prozent.

In der ruandischen Zivilgesellschaft regt sich die Forderung, Männern eine längere Auszeit rund um die Geburt zu ermöglichen: Eine Kampagne, an der verschiedene Gruppen beteiligt sind, fordert für Väter mindestens halb so viel Elternzeit wie für Mütter, also mindestens sechs Wochen.

"Unfair, der Mutter das alleine zu überlassen"

Jimford Murenzi sagt, Männer sollten nicht über einen Kamm geschoren werden: "Ich verstehe nicht, warum Vaterschaftsurlaub überhaupt großartig diskutiert werden muss. Kinder jeden Alters brauchen beide Elternteile." Als sein neugeborener Sohn jede Nacht wach wurde, hätte er sich mit seiner Frau bei der Betreuung abgewechselt: "Vier Tage war ich dran, vier Tage sie. Es wäre doch unfair gewesen, ihr das alleine zu überlassen."

Ruanda, hier Bürotürme in der Hauptstadt Kigali, hat Jahre mit großem Wirtschaftswachstum hinter sichBild: /AFP/Getty Images

Ruandas Regierung verspricht, die Idee des verlängerten Vaterschaftsurlaubs zu unterstützen. Sie gibt jedoch zu bedenken, dass Männer an Bord kommen und sich aktiv einbringen müssen in die unbezahlte Arbeit in Haushalt und bei der Babypflege. Erst dann könne eine solche Idee umgesetzt werden.

"Wohl des Kindes in den Mittelpunkt stellen"

Fidele Rutayisire ist der Gründer des Ruandischen Männerzentrums. Es beschäftigt sich mit Themen wie Gleichstellung und Familiengesundheit und wird dafür von der Regierung unterstützt. Das Zentrum hat kürzlich in einer Umfrage festgestellt, dass sich zunächst die Einstellung ändern müsse.

"In unserer Umfrage haben 90 Prozent der Teilnehmenden angegeben, dass Erziehung die Aufgabe von Frauen sei", sagt Rutayisire. Das sei ein Problem, an dem das Zentrum arbeite - mit einem Programm, das Rollenverständnis von Vätern zu ändern. "Wir sehen, dass Männer den Wert der Arbeit zu verstehen beginnen, sobald sie zu Hause voll eingebunden werden."

Die feministische Organisation Spectra plädiert dafür, das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt solcher Überlegungen zu stellen. Spectra-Gründerin Chantal Umuhoza sagt, das richte sich nicht unbedingt an diejenige, die das Kind zur Welt gebracht hat, sondern auch an die Menschen, die direkt in die Erziehung und Fürsorge eingebunden sind. "Fürsorge ist nicht nur Stillen oder Geburtsnachsorge für Mütter, sondern es geht darum, dass das Kind wohlbehütet aufwächst. Das umfasst auch andere Bereiche, in denen auch ein Vater für sein Kind sorgen kann."

Ob Vätern in Ruanda dazu mehr Zeit eingeräumt werden soll, wird das Land wohl noch einige Zeit beschäftigen.

Aus dem Englischen adaptiert von David Ehl.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen