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Politik

Rufe nach Urwahl des SPD-Chefs werden lauter

10. Februar 2018

Bei den Sozialdemokraten erhält die Forderung der Parteilinken nach einer Urwahl prominente Unterstützung von Katarina Barley. Geht der Wechsel an der Spitze der SPD doch nicht so glatt über die Bühne?

Bundesfamilienministerin Katarina Barley
Bundesfamilienministerin Katarina Barley (Archivbild)Bild: picture alliance/dpa/K. Nietfeld

In der SPD weitet sich die Diskussion über eine Wahl eines oder einer neuen Vorsitzenden durch die Mitglieder anstelle eines Parteitages aus. "Der Urwahl-Idee kann ich grundsätzlich etwas abgewinnen und bin dafür offen, denn die direkte Beteiligung der Mitglieder schafft Vertrauen", betonte die geschäftsführende Arbeits- und Familienministerin, Katarina Barley. Allen in der SPD müsse aber auch klar sein, dass es weitere Veränderungen geben müsse. "Wir müssen an ganz vielem arbeiten, an der Kommunikation nach innen und außen. Und an einer besseren Vermarktung unserer Erfolge", sagte die 49-Jährige der "Rheinischen Post".

Die ehemalige SPD-Generalsekretärin ist erst seit 2017 Bundesfamilienministerin, nach der Bundestagswahl übernahm sie kommissarisch auch das Arbeitsministerium. Die ehemalige Richterin und promovierte Juristin gilt als ehrgeizig und wird als Kandidatin für das Außenministerium gehandelt.

SPD-Chef Martin Schulz hatte am Mittwoch nach der Einigung auf einen Koalitionsvertrag mit der Union angekündigt, sich als Parteichef zurückziehen zu wollen. Er schlug die Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Andrea Nahles, als seine Nachfolgerin vor. Sie soll auf einem Sonderparteitag nach dem Mitgliedervotum über den Koalitionsvertrag gewählt werden. Das Ergebnis der Befragung soll Anfang März feststehen.

Linker Flügel will Direktwahl

Nach der Rückzugsankündigung des SPD-Vorsitzenden verlangten Parteilinke und Gegner einer großen Koalition eine Urwahl über den künftigen Parteivorsitz. Dazu forderten Bundestagsabgeordnete und Landespolitiker sowie der Verein "NoGroKo" Schulz und den gesamten SPD-Vorstand am Donnerstag in einem offenen Brief auf. Zu den Unterzeichnern des Briefs gehören die Bundestagsabgeordneten Hilde Mattheis und Marco Bülow sowie der Vorstand des Vereins "NoGroKo".

Sie verwiesen darauf, dass Schulz erst im Dezember als Vorsitzender wiedergewählt worden sei. Gerade einmal zwei Monate später werde nun bekannt, "dass Du, Martin, als Parteivorsitzender, dieses Votum missachtest und ein kleiner Kreis vorentscheidet, dass der Parteivorsitz durch Andrea Nahles übernommen werden soll", heißt es in dem Brief.

Damit würden der Parteitag und die Entscheidungskraft der Delegierten und der ganzen Partei "ad absurdum geführt", kritisierten die Parteilinken. "Dies ist für uns nicht akzeptabel." Nach der Niederlage bei der Bundestagswahl habe Schulz eine "umfassende Reform der SPD und eine deutlich stärkere Mitbestimmung von Mitgliedern auch in Personalfragen angekündigt". Deshalb forderten sie jetzt, eine Urwahl des Parteivorsitzes auf den Weg zu bringen.

Keine öffentlichen Personaldiskussionen

Inzwischen forderten führende Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ein Ende der öffentlichen Personaldebatten. Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner sagte, er halte es zwar für altmodisch, dass Inhalte vor den Personen kommen, aber es wäre "klüger gewesen, das beizubehalten". Es habe sich in den vergangenen Tagen einmal mehr gezeigt, dass solche Debatten "der Partei nur schaden". Auch Andrea Nahles so öffentlich als Nachfolgerin von Martin Schulz an der Parteispitze zu ernennen - diese Debatte zu führen, sei ein Fehler gewesen.

Der scheidende SPD-Chef Schulz hatte am Mittwoch auch angekündigt, in einer neuen großen Koalition das Außenministerium übernehmen zu wollen. Dies löste parteiinterne Kritik an seinen Ambitionen aus. Auch Amtsinhaber Siegmar Gabriel kritisierte Schulz. Am Freitag kündigte Schulz dann an, auf das Außenministerium zu verzichten. Er betonte, durch die Diskussion um seine Person den Erfolg des SPD-Mitgliedervotums über den Koalitionsvertrag gefährdet zu sehen. "Daher erkläre ich hiermit meinen Verzicht auf den Eintritt in die Bundesregierung und hoffe gleichzeitig inständig, dass damit die Personaldebatten innerhalb der SPD beendet sind."

Weder Parteichef noch Außenminister: der SPD-Politiker Martin Schulz in der DefensiveBild: Reuters/H. Hanschke

Die SPD-Fraktionschefin Nahles sagte auf die Frage, ob Sigmar Gabriel Bundesaußenminister bleiben könne, dass sehr bald in den Parteigremien über den weiteren Fahrplan beraten werde. Jetzt gehe es aber darum, sich auf die Inhalte des Koalitionsvertrages vor dem Mitgliederentscheid zu konzentrieren. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig erklärte: "Wir können jetzt in den nächsten Tagen keine weitere Personalspekulation gebrauchen. Es muss jetzt auch wirklich um die Inhalte gehen." Der Verzicht von Schulz auf das Außenamt verdiene Respekt, so die SPD-Vizevorsitzende. Schulz nehme mit seinem Schritt einen großen Druck aus der anstehenden Mitgliederentscheidung über die große Koalition.

kle/ust (rtr, dpa, afp)

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