Im Dezember 1989 fiel der Kommunismus auch in Rumänien. Es war das einzige Land des ehemaligen Ostbocks, in dem diese Wende blutig verlief. In Bukarest wurde der mehr als 1100 Todesopfer gedacht.
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Tausende Menschen versammelten sich in der Hauptstadt Bukarest in Erinnerung an die Toten. Auf dem Platz der Revolution gedachten sie mit einer Schweigeminute der Opfer, anschließend ließen sie hunderte Ballons aufsteigen, die nach Angaben der Organisatoren an die 1142 Todesopfer während des Umsturzes erinnern sollten.
Präsident Klaus Iohannis und mehrere Minister beteiligten sich an dem Gedenkmarsch. Zuvor legten sie Kränze an einer Gedenkstätte für die Opfer nieder und entzündeten Kerzen. "Wir wollen die Wahrheit über den Dezember 1989 wissen", hatte Iohannis kurz zuvor bei der Eröffnung einer Ausstellung über die Revolution gesagt.
Im westrumänischen Temeswar hatten am 16. Dezember 1989 die Demonstrationen gegen den kommunistischen Machthaber Nicolae Ceausescu begonnen. In den folgenden Tagen weiteten sie sich auf andere Landesteile aus. Am 21. Dezember versammelten sich schon Hunderttausende im Zentrum der Hauptstadt Bukarest. Nur einen Tag später mündeten die Proteste im Sturz Ceausescus. Er und seine Frau wurde am 22. Dezember festgenommen und am 25. Dezember hingerichtet.Doch immer noch wurden Menschen getötet: Rund 900 waren es zwischen dem 22. und 31. Dezember. Bis zum 22. Dezember hatten Soldaten und Sicherheitskräfte auf Befehl des Diktators auf die Demonstranten geschossen - wer aber für die weitaus größere Zahl von Opfern seit dem 22. Dezember verantwortlich ist, ist bis heute - zumindest offiziell - unklar.
Hinrichtung am Weihnachtstag: Das Ende des rumänischen Diktators Ceaușescu
Der Prozess dauerte etwa eine Stunde, direkt danach wurden Rumäniens Diktator Ceaușescu und seine Frau exekutiert - am 25. Dezember 1989. Eine Fotoserie von Anton Roland Laub zeigt die Schauplätze dieser Ereignisse.
Bild: Anton Roland Laub
Vor der Hinrichtungsmauer
Die Einschusslöcher sind auch nach 30 Jahren noch gut sichtbar: An dieser Mauer wurden Nicolae und Elena Ceaușescu hingerichtet. Der Prozess fand in einer Militärbasis in der rumänischen Kleinstadt Târgoviște statt. Anton Roland Laub widmet diesem Ort eine Fotoserie mit dem Titel "Last Christmas (2018-)", die in Berlin im Rahmen der Ausstellung "Heilige und verfluchte Orte" gezeigt wurde.
Bild: Anton Roland Laub
Ein Fotograf auf den Spuren der Vergangenheit
"Meine Arbeit basiert auf Recherchen und ist auch autobiographisch motiviert", sagt der Fotograf, der in Bukarest geboren und aufgewachsen ist und heute in Berlin lebt. "Den Anfang der rumänischen Revolution habe ich, wie auch den Mauerfall, im Radio verfolgt, auf BBC, Radio Free Europe, Voice of America und in der DW. Es waren sehr intensive Momente, die mich geprägt haben."
Bild: Lotte Laub
Zensierte Medien
Dieser alte schwarz-weiß-Fernseher ist immer noch im Gebäude zu sehen, in dem der Prozess gegen die Ceaușescus stattfand. Während der Diktatur gab es nur einen einzigen TV-Sender mit etwa 2 Stunden Sendezeit pro Tag, der die Propaganda des Regimes verbreitete. Die Auslandssender, durch die Anton Roland Laub vom Beginn der Revolution erfuhr, hörte man heimlich.
Bild: Anton Roland Laub
Ceaușescus Macht schien ungebrochen
Im November 1989, nachdem die Berliner Mauer schon gefallen war, wurde Ceaușescu auf dem 14. Kongress der Kommunistischen Partei Rumäniens offiziell wiedergewählt - natürlich einstimmig. Damals war ein Ende seiner Herrschaft noch kaum vorstellbar.
Bild: picture-alliance/dpa/AFP
Umstrittener Prozess, offene Fragen
Hier saßen Nicolae und Elena Ceaușescu während des Prozesses. "Das Dekret zur Einberufung des Gerichts wurde am 27. Dezember unterzeichnet, als das Paar bereits seit zwei Tagen tot war", betont Laub. "Heute verschleiern Gerüchte und Intrigen jene gewalttätigen Tage im Dezember, die immer noch die Frage aufwerfen: War es ein Volksaufstand oder ein inszenierter Staatsstreich?"
Bild: Anton Roland Laub
"Der ideale Soldat"
Diese kopflose Puppe in der alten Uniform der rumänischen Armee aus der Zeit der kommunistischen Diktatur bezeichnet der Künstler als "idealen Soldaten". 30 Jahre nach der Wende herrsche immer noch "eine Mauer des Schweigens, die die Gerechtigkeit blockiert".
Bild: Anton Roland Laub
Das angebliche "Genie der Karpaten"
In einem Bücherschrank sind "ausgewählte Werke" Ceaușescus zu sehen, angeblich von ihm selbst verfasst. "Jedoch kursierten Gerüchte, dass sie von Ghostwritern geschrieben wurden, denn Ceaușescu galt als Analphabet, der nicht einmal seine Reden fehlerfrei vorlesen konnte", schreibt Laub als Erläuterung zu diesem Foto. Ironischerweise ließ sich der Diktator als "Genie der Karpaten" bezeichnen.
Bild: Anton Roland Laub
Die letzten Nächte der Ceaușescus
"Ich bin zwar kein religiöser Mensch, aber was mich auch interessiert hat, war der Kontrast: Dass am ersten Weihnachtstag, sozusagen an einem heiligen Tag, eine Todsünde begangen wurde", sagt Anton Roland Laub. "Warum bekam das Diktatorenpaar keinen zivilisierten Prozess? Den Straßenkämpfen wurde damit kein Ende gesetzt. Im Gegenteil, nach der Hinrichtung stieg die Zahl der Opfer an."
Bild: Anton Roland Laub
Fehlende Aufarbeitung
Das alte Wappen aus der Ceaușescu-Zeit hängt heute neben dem WC-Eingang im Gebäude in Târgoviște. Die Ereignisse von 1989 sollen erst jetzt in Rumänien vor Gericht aufgearbeitet werden.
Bild: Anton Roland Laub
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Erst vor wenigen Wochen begann eine Aufarbeitung der damaligen blutigen Geschehnisse vor dem Obersten Gericht des Landes. Geklärt werden soll, wer die Befehlsgewalt hatte. Wichtigster Angeklagter ist Ceausescus Nachfolger Ion Iliescu.
Der rumänische Historiker Madalin Hodor ist sicher, dass bei den blutigen Ereignissen nach dem 22. Dezember auch die gefürchtete Geheimpolizei Securitate und das Militär ihre Hände im Spiel hatten, wie schon vorher bei der Niederschlagung der Proteste. Nur sie seien in der Lage gewesen, ein derartiges "Szenario" mit Konterrevolutionären, ausländischen "Terroristen und feindlichen Hubschrauberangriffen" zu inszenieren, sagte Hodor der Nachrichtenagentur AFP.