1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Rumänien führt "Steuer gegen Gier" ein

22. Dezember 2018

In wenigen Tagen übernimmt Rumänien den EU-Ratsvorsitz. Allen Warnungen zum Trotz beschließt die linksnationalistische Regierung in Bukarest noch schnell eine Sondersteuer für Banken und die Deckelung des Erdgaspreises.

Rumänien, Bukarest: Sebastian Kurz und Klaus Iohannis
Österreichs Kanzler Kurz (l.) übergibt symbolisch die EU-Ratspräsidentschaft an den rumänischen Präsidenten IohannisBild: picture alliance/AP/A. Alexandru

In einer außerordentlichen Sitzung hat das rumänische Kabinett unter Ministerpräsidentin Viorica Dancila die umstrittene neue Steuer für Banken zum 1. Januar 2019 beschlossen. Die linksnationalistische Regierung, die von einer "Steuer gegen Gier" spricht, will auch die Besteuerung von Handels- oder Telekommunikationsunternehmen erhöhen. Die Eilverordnung sieht ferner eine höhere Besteuerung der Glücksspielunternehmen vor und deckelt Erdgas- und Strompreise für die kommenden drei Jahre. Man wolle damit "inkorrekten Praktiken im Banken- und Energiebereich" ein Ende bereiten. Die Maßnahmen würden allesamt "zum Wohlstand der Rumänen beitragen", erklärte Dancila.

Sorge um den Wirtschaftsstandort

Zuvor hatte der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz, der noch bis zum 31. Dezember die EU-Ratspräsidentschaft inne hat, bei einem Besuch in Bukarest die Regierung vor solchen Schritten gewarnt. Er mache sich Sorgen um den Wirtschaftsstandort Rumänien, sagte Kurz vor Journalisten. "Höhere Besteuerung, Rechtsunsicherheit, Willkür führen dazu, dass sich Unternehmen zurückziehen", warnte der Kanzler. Arbeitslosigkeit und höhere Verbraucherpreise wären die Folge eines solchen Rückzugs ausländischer Investoren.

Kurz war in die rumänische Hauptstadt geflogen, um Staatspräsident Klaus Johannis symbolisch die EU-Ratspräsidentschaft zu übergeben. Der bürgerliche Johannis hat sich mit der von den Sozialdemokraten (PSD) geführten Regierung überworfen. Er befürchtet ebenfalls, dass die neuen Maßnahmen dem Investitionsstandort Rumänien schaden werden.

Kanzler Kurz mit Regierungschefin Dancila, die als Marionette von PSD-Chef Dragnea gilt Bild: picture-alliance/AP/V. Ghirda

In der Vergangenheit hatten Länder wie Ungarn, Polen und die Slowakei ähnliche Steuern eingeführt. 

Misstrauensantrag gescheitert

Ungeachtet aller umstrittenen Gesetze sitzt die Dancila-Regierung fest im Sattel. Erst am Donnerstag war ein Misstrauensantrag der Opposition im Parlament gescheitert. Für den Antrag stimmten lediglich 161 Abgeordnete. 233 Stimmen wären für seine Annahme erforderlich gewesen.

Die bürgerliche Opposition begründete ihr Vorgehen unter dem Motto "Genug! Regierung Dragnea-Dancila, die Schande Europas!" mit der aus ihrer Sicht "erbärmlichen Leistung des Kabinetts". Sie wirft der Regierung insbesondere vor, die Justiz zu schwächen. Jüngste Gesetze und Verordnungen erschweren die Arbeit der Staatsanwälte bei der Korruptionsbekämpfung und helfen korrupten Politikern, mit milden Strafen davonzukommen. Die EU-Kommission wirft Rumänien vor, durch Eingriffe in das Justizsystem die Korruptionsbekämpfung zu verhindern.

Treibende Kraft ist hierbei der Chef der stärksten Regierungspartei PSD, Liviu Dragnea. Er selbst konnte nicht Ministerpräsident werden, weil er wegen Wahlmanipulationen vorbestraft ist. Weitere Verfahren wegen Amtsmissbrauchs und Korruption sind gegen ihn anhängig. Dancila gilt als seine Marionette. Sie ist die dritte Person an der rumänischen Regierungsspitze in der seit Ende 2016 laufenden Legislaturperiode.

se/rb (dpa, diepresse.com, afp)

 

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen