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Rumänien: Häuserrückgabe kommt nur schleppend voran

20. August 2002

– Von 450.000 verstaatlichten Häusern wurden bisher nur 3,4 Prozent zurückgegeben – Ehemalige Eigentümer klagen über "übertriebene, böswillige Bürokratie"

Köln, 20.8.2002, RADIO RUMÄNIEN INTERNATIONAL

RADIO RUMÄNIEN INTERNATIONAL, rumän., 16.8.2002, 0515 GMT

Die Rückgabe von Eigentum, das das ehemalige kommunistische Regime in Rumänien verstaatlicht hatte, ist wieder zu einem heiß diskutierten Thema geworden. Die Oppositionsparteien haben sich für eine Verlängerung der Frist ausgesprochen, bis zu der die ehemaligen Eigentümer die Veräußerung der von ihnen zurückgeforderten Häuser und Grundstücke gerichtlich anfechten können. Diese Frist war am 14. August 2002 abgelaufen. Die ehemaligen Eigentümer sagen, es sei unmöglich gewesen, die geforderten Unterlagen beizubringen. Dafür werden viele Gründe genannt. Häufigster Grund ist die übertriebene, teilweise böswillige Bürokratie.

Nach Angaben des Verbands der unrechtmäßig Enteigneten gibt es in Rumänien anderthalb Jahre nach Einführung des Gesetzes Nr. 10 450.000 Häuser, die das frühere kommunistische Regime unrechtmäßig enteignet hatte. Davon seien bisher 200.000 Häuser zurückgefordert worden, und davon wiederum 25.000 Häuser in Bukarest. Von den zurückgeforderten Gebäuden seien nur 3,4 Prozent den ehemaligen Eigentümern zurückgegeben worden. Dem Verband zufolge wird die Rückgabe ohne Wenn und Aber von den Stadtverwaltungen behindert. Sie verlangten viele Unterlagen, die die ehemaligen Eigentümer nicht beibringen können.

Die Regierung hat bislang über die Häuserrückgabe keine Angaben gemacht. Es scheint aber, dass man an einem kritischen Punkt angelangt ist. Denn sowohl der Verband der von den Kommunisten Enteigneten als auch einige Parteien, unter ihnen die oppositionelle National-Liberale Partei und die außerparlamentarische Christliche Volkspartei, haben Protestkundgebungen angekündigt. Die Demonstranten wollen den USA und den NATO-Verbündeten klar machen, dass Rumänien nicht die Bedingungen erfüllt, um einem solch wichtigen Bündnis beizutreten. Gleichzeitig wollen sie sie auffordern, auf die Behörden in Bukarest Druck auszuüben.

Die Rückgabe von Eigentum war Teil dessen, wozu sich die rumänische Regierung vor dem Prager (NATO-Gipfel – MD) verpflichtet hatte. Nun hat die Regierung aber gegen Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg Einspruch eingelegt. Die Urteile waren zugunsten der Kläger ausgefallen. Die rumänische Regierung begründete ihren Einspruch damit, dass sie die festgelegten Entschädigungen nicht zahlen kann, solange es in Rumänien kein Entschädigungsgesetz gibt.

Nun stellen die ehemaligen Eigentümer immer mehr Widersprüche zwischen Anspruch und Wirklichkeit fest. Dies lässt Fragen über die tatsächlichen Absichten der Regierung in dieser Sache aufkommen. (me)

RADIO RUMÄNIEN INTERNATIONAL, rumän., 13.8.2002, 0520 GMT

Rechtsanwalt Lucian Belcea: (...) Um den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg anrufen zu können, muss man zuvor in seinem Herkunftsland, in unserem Fall in Rumänien, den gesamten Rechtsweg ausgeschöpft haben. Nur ein rechtskräftiges Urteil, gegen das kein Widerspruch mehr möglich ist, kann Grundlage einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg sein. (...) Ich sage das, weil eben heute erst ein Klient zu mir kam und mir sagte: "Ehe ich mich an die rumänische Justiz wende, gehe ich lieber gleich nach Straßburg." Nun, das geht nicht. (me)