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Rumänischer Roma-Führer erläutert gegenüber EU-Berichterstatterin Tradition der Kinder-Heirat

7. Oktober 2003

Bukarest, 1.10.2003, MEDIAFAX, engl., aus Sibiu

Roma-König Florin Cioaba hat am Mittwoch (1.10.) ein Schreiben an die EU-Berichterstatterin für die Erweiterung, Baroness Emma Nicholson, gerichtet und sie aufgefordert, nur korrekte Informationen zu verbreiten und in ihrer Sprache und ihrem Handeln einen anständigen Ton zu wahren. Das meldet ein Mediafax-Korrespondent.

"Sie nötigen mich, Ihre Eignung anzuzweifeln und der Mehrzahl von Berichten, die in den internationalen Medien erschienen sind, zu widersprechen und besonders, meine Verwunderung über die Empörung, die von der gesamten politischen und bürgerlichen Gesellschaft gegen mein Haus gelenkt wurde, zu erklären", schreibt Cioaba in seinem Brief.

Florin Cioaba setzte Emma Nicholson darüber in Kenntnis, dass es für die Roma- Untergruppe, die er vertrete, eine Ehre sei, ihre Kinder in jungen Jahren zu verheiraten, um auf diese Weise ein gutes Leben für sie zu gewährleisten und für ihre Ausbildung im Geiste der Übermittlung von Jahrtausende alten Sitten und Traditionen Sorge zu tragen. "Wenn meine Tochter aus diesem Grund jung mit einem jungen Mann innerhalb unserer ethnischen Gruppe verheiratet wurde, dann habe ich nichts anderes gemacht, als der Tradition zu gehorchen. Diese Tradition verpflichtet uns, die Wünsche unserer Kinder zu beachten. Was Sie vielleicht nicht wissen, ist, dass es bis zum Augenblick der Hochzeit Kindern nicht gestattet ist, sich einander zu nähern, irgendeine Art von Beziehung zu haben. Daher gibt es unter den Roma keine Scheidungen und die Familien sind vereint vom Moment der Hochzeit bis zum Tod", schreibt Cioaba.

"Ich fühle mich verpflichtet, Ihnen mitzuteilen, dass ich Ihre Sorge um das Schicksal der in Heimen untergebrachten Kinder in Rumänien, die Obdachlosen und die Hungernden teile, aber meine Tochter, meine Kinder und mein Schwiegersohn nicht zu dieser Kategorie gehören. Wir sind vermögend genug, um uns selbst zu unterhaltnen, ohne die Fürsorge europäischer Kommissare", so der Roma-König.

Er betonte, seine Tochter habe aufgrund ihrer Hochzeit kein Leid erfahren — "Der sexuelle Missbrauch, über den Sie so viel Aufhebens machen, ist nichts als eine Erfindung der internationalen Presse, die gierig nach Skandalen und Boulevard-Themen ist.

Weil sie in die peinliche Lage gebracht wurde, den rumänischen Behörden Fragen nach ihrem Leben zu beantworten, hat Ana Maria Cioaba die Bestätigung erfahren, diesmal offiziell, dass sie eine normale Person ist, ohne Druck und Einschränkungen. Darüber hinaus haben die Staatsanwälte, die Polizei und die Behörden für den Schutz von Kindern die Normalität in der Beziehung zwischen den beiden Kindern bestätigt", so der Roma-König.

"Ehrenwerte Emma Nicholson, im Namen der Normalität und des Rechts eines Menschen auf Selbstbestimmung und des Respekts vor Traditionen und Sitten fordere ich Sie auf, einen anständigen Ton in Sprache und Handeln zu wahren. Ich werde niemals akzeptieren, dass jemand meiner Tochter und meinen Kindern Schmerzen zufügt. Daher kann ich Ihnen versichern, dass ich niemals akzeptieren werde, dass diese Kinder mir zwangsweise entzogen werden.

Ich würdige sehr wohl die Leistungen, die Sie für Rumänien und das gesamte rumänische Volk erbracht haben, aber ich fordere Sie dennoch auf, die Quelle direkt zu konsultieren, sollten Sie der Auffassung sein, dass hier in Rumänien etwas nicht nach Ihren Interessen läuft. Darüber hinaus fordere ich Sie auf, von den Behörden Rumäniens in Fällen, die Ihnen juristisch oder sozial unklar sind, eine maßvolle Unterstützung zu verlangen, damit die Reaktionen, die nach derartigen Interventionen erfolgen, gemäßigt und ohne moralische Konsequenzen bleiben", so Florin Cioaba abschließend. (MK)