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Runter mit den Locken

20. Februar 2002

Für Friseure in Mekka ist die Hadsch das Geschäft des Jahres. Denn das Scheren der Haare wird als Zeichen der rituellen Reinigung angesehen und somit von nahezu jedem Gläubigen vollzogen.

Haarrasur ist Pflicht am Heiligen OrtBild: AP

Für die Friseure von Mekka ist der alljährliche Pilgerstrom ohne Zweifel ein Segen. Bis zum Beginn der heiligen Riten am Mittwoch werden mehr als zwei Millionen moslemische Gläubige in die Geburtsstadt des Propheten Mohammed geströmt sein. Jeder von ihnen muss sich dem islamischen Glaubensvorschriften gemäß am Heiligen Ort mindestens einmal die Haare scheren lassen. Die Mehrzahl der Teilnehmer an der Wallfahrt, der Hadsch, entscheidet sich zur Freude der örtlichen Coiffeure sogar für eine zweimalige Rasur: zunächst am Anfang der Zeremonien, ein zweites Mal nach dem Höhepunkt der Pilgerreise, der Besteigung des heiligen Bergs Arafat.

Kunden-Boom

'Während der Hadsch habe ich 2000 bis 3000 Kunden pro Tag", freut sich Achmed el Chatib, der ägyptischstämmige Besitzer des Salons "El Kahira" (Kairo). Während der Pilgertage hat sein 30 Quadratmeter kleines Studio gegenüber der Großen Moschee sieben Tage lang rund um die Uhr geöffnet. Stündlich wächst so das Bündel mit Geldscheinen in der Hand von Meister Chatib.

Kleine Preise

Eine Rasur mit dem Haarschneider kostet fünf Rial (rund 1,5 Euro/2,9 Mark), erläutert der Salonbesitzer. Die Pilger aus aller Welt, die sich ihren Wuschelkopf per Hand scheren lassen wollen, müssen das Doppelte zahlen. Für die Kundschaft aus der Gruppe der jährlich etwa 200.000 indonesischen Wallfahrer hat Chatib eine Preisliste in ihrer Sprache ausgehängt. Besonders die indischen und pakistanischen Pilger wollten ständig handeln, beschwert er sich.

Der Bart wird als Manneswürde verstanden

"Den Schnitt Nummer Fünf mit dem Haarschneider, bitte", sagt ein junger einheimischer Pilger mit schwarzen Haar und dichtem Bart, während er sich in einem benachbarten Salon in den roten Sessel setzt. "Wir scheren nicht den Bart", steht auf einem Schild am Fenster. "Der Islam empfiehlt das Tragen eines Barts", erklärt Bachir Achmed, ein pakistanischer Angestellter. In der Nähe der Moschee sei darum untersagt, die Manneswürde zu scheren.

Strategisch günstige Lage

Trotz hohem Pachtzins (230.000 Rial im Jahr) ist die Hadsch für die Friseurmeister von Mekka dennoch das Geschäft des Jahres. Dem Ansturm der Kunden zuträglich ist der strategisch günstige Platz, den Chatib und ein Dutzend anderer Friseurmeister für ihre Salons gewählt haben. Nur unweit entfernt befindet sich die Route, die von den Pilgern sieben Mal zu durchlaufen ist, um an den Gang der verzweifelten Frau Abrahams, Hagar, für ihren Sohn Ismail zu gedenken. Wie es Zufall und Vorschrift wollen, müssen sich die Wallfahrer am Ende dieses Pilgergangs von ihren Locken trennen. AFP/(pf)