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PolitikUkraine

Russische Angriffe: Ukraine zunehmend unter Druck

3. November 2024

Erneut ist es Russlands Truppen gelungen, im Donezk vorzurücken. Auch Kiew war wieder Ziel von feindlichen Drohnen. Der ukrainische Armeechef spricht von einer heftigen Angriffswelle.

Ukraine: Trauernde am Sarg in der Beerdigungszeremonie für Vasyl Mykytyshyn und Yuriy Pronyuk in Lwiw (02.11.2024)
Trauer in Lwiw um einen an der Front getöteten unkrainsichen Soldaten (Am Sonnabend)Bild: Maxym Marusenko/NurPhoto/picture alliance

Im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine rücken die Truppen des Aggressors weiter vor. Russland hat nach eigenen Angaben ein weiteres Dorf im Osten des Nachbarlands erobert. Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte am Sonntag mit, "die Siedlung Wischnewe im Anschluss an Offensivmaßnahmen befreit" zu haben. Wischnewe liegt etwa 20 Kilometer südlich der früheren Bergbaustadt Pokrowsk, ein wichtiger Knotenpunkt für die ukrainische Militärlogistik.

Russland meldet seit Wochen Geländegewinne in der ostukrainischen Region Donezk. An diesem Samstag hatte die Regierung in Moskau die Einnahme des Dorfes Kurachiwka nahe der Industriestadt Kurachowe verkündet. Zudem meldete Russland die Eroberung des Dorfes Perschotrawnewe in der südlichen Region Charkiw.

Die Eroberung Pokrowsks, das mehrere ukrainische Stellungen im Donbass miteinander verbindet, ist eines der Hauptziele Russlands in der Region. In der Stadt befindet sich zudem eine Kohlemine, die große Bedeutung für die Stahlproduktion für das ukrainische Militär hat. Russische Soldaten sind bis auf wenige Kilometer auf die Stadt vorgerückt.

Über den gesamten Oktober eroberte die russische Armee nach Analysen des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) ein Gebiet von 478 Quadratkilometern in der Ukraine. Es sind die größten Geländegewinne Russlands in der Ukraine seit März 2022.

Kiew Ziel von Drohnenattacken

Bei einem russischen Drohnenangriff auf die ukrainische Hauptstadt Kiew sind nach Angaben der örtlichen Behörden mehrere Gebäude, Straßen und Stromleitungen beschädigt worden. Nach vorläufigen Informationen habe es keine Verletzten gegeben, und alle Angriffsdrohnen seien abgeschossen worden, teilt der Chef der Militärverwaltung von Kiew, Serhij Popko, mit.

Allerdings seien durch herabstürzende Drohnentrümmer Eingänge oder Fenster von mindestens fünf Gebäuden in zwei Stadtteilen beschädigt worden. Der Angriff sei in Wellen und aus verschiedenen Richtungen gekommen. Es war der zweite nächtliche Angriff auf Kiew in Folge.

Abwehr des russischen Drohnenangriffs auf Kiew in der Nacht zum SonntagBild: Gleb Garanich/REUTERS

Nach Angaben des ukrainischen Armeechefs Oleksandr Syrsky erleidet die Ukraine derzeit einer der heftigsten russischen Angriffswellen seit 2022. Nach Angaben des Oberbefehlshabers sind seine Truppen aber weiter kampfbereit: "Die Streitkräfte der Ukraine halten eine der stärksten russischen Offensiven davon ab, eine großangelegte Invasion zu starten", ließ Syrsky verlauten.

Selenskyj fordert weitere Untersützung

Jeden Sonntag zieht die Ukraine Bilanz über die Zahl der russischen Luftangriffe. Nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj fielen in der vergangenen Woche mehr als 900 Bomben auf sein Land. Laut Selenskyj gab es auch rund 30 russische Angriffe mit Raketen und Marschflugkörpern sowie rund 500 mit Drohnen, davon allein mehr als 50 in der Nacht zum Sonntag. Er rief die ausländischen Verbündeten zu mehr Hilfe bei der Flugabwehr auf: "Die Ukraine braucht mehr Verteidigungssysteme."

Die meisten Attacken seien gegen zivile und kritische Infrastruktur - also etwa Energieanlagen - gerichtet gewesen. "All diese Angriffe wären unmöglich gewesen, wenn wir in entscheidenden Bereichen ausreichend Unterstützung von der Welt gehabt hätten", so Selenskyj. Er nannte als Beispiele Langstreckenwaffen für Schläge gegen Ziele im russischen Hinterland und "wirklich wirksame Sanktionen, um Russland daran zu hindern, wichtige Komponenten für die Drohnen- und Raketenproduktion - insbesondere Mikroelektronik - zu importieren".

Streit um Kriegsgefangene

Zu den wenigen Bereichen in denen Russland und die Ukraine noch in Kontakt stehen, gehört bislang der gegenseitige Austausch von Kriegsgefangenen. Doch nun gibt es Streit.

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, hatte in einer überraschend angesetzten Pressekonferenz behauptet, Russland habe unlängst 935 ukrainische Kriegsgefangene zum Austausch vorgeschlagen. Die Ukraine habe von der Liste aber nur 279 Gefangene zurückhaben wollen, darunter nach russischen Angaben vor allem ultranationalistische Kämpfer. Sacharowa behauptete zudem, die übrigen mehr als 650 Männer seien von Kiew nicht für "würdig" befunden oder sogar als Verräter bezeichnet worden.

Der ukrainische Menschenrechtsbeauftragte Lubinets (Archivbild)Bild: Volodymyr Tarasov/Ukrinform/IMAGO

"Wir sind immer bereit, Kriegsgefangene auszutauschen", entgegnete der ukrainische Ombudsmann für Menschenrechte, Dmytro Lubinets, per Social-Media-Post. Er forderte Russland auf, eine Liste der zum Austausch bereiten ukrainischen Kriegsgefangenen vorzulegen.

Die Ukraine halte sich an die Genfer Konventionen und das humanitäre Völkerrecht. "In der Regel werden diese Prozesse von der Russischen Föderation gebremst. Und sie nutzt dies als Methode, um die ukrainische Gesellschaft zu beeinflussen!", so Lubinets in seiner Replik.

Beide Kriegsparteien hatten bereits in mehreren Aktionen Gefangene ausgetauscht - bisher insgesamt Tausende. Wie viele Gefangene noch beide Seiten aktuell haben, ist unklar.

AR/pg (afp, rtr, dpa)

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