1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Russland zahlt Ukraine 2,9 Milliarden Dollar

21. Dezember 2019

Erst am Donnerstag legten Russland und die Ukraine einen Gasstreit bei. Nun werden Details des Vertrags bekannt. Dabei wird deutlich: Die finanzschwache Ukraine kann mit deutlich weniger Gas rechnen als bisher.

Ukraine Gaspipeline Ventile
Bild: Imago/Zuma

Der neue Gastransitvertrag zur Versorgung Europas, der unter Vermittlung der EU zwischen Russland und der Ukraine geschlossen wurde, gelte für die kommenden fünf Jahre. Das meldet die russische Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf den Gasmonopolisten Gazprom. Die Transitmengen fallen demnach deutlich geringer aus als in der Vergangenheit. Statt der bisher rund 90 Milliarden Kubikmeter im Jahr, sollen 2020 nur 65 Milliarden russisches Gas durch die Ukraine nach Europa gepumpt werden. Von 2021 bis 2024 seien 40 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr für den Transit geplant. 

Die Ukraine hätte gern eine möglichst große Transitmenge gehabt, weil das für das finanzschwache Land mehr Einnahmen aus den Durchleitungsgebühren bedeutet hätte. Ebenso hatte die Ukraine vorher auf einen neuen Zehn-Jahres-Vertrag gehofft. Obwohl nun nur fünf Jahre vereinbart worden sind, betonte der ukrainische Energieminister Oleksiy Orzhel, es gebe im Vertrag die Option auf eine Verlängerung der Vereinbarungen.

Gleichzeitig wurde auch bekannt, dass Russland rund drei Milliarden Dollar noch vor dem 29. Dezember zahlen wolle. Im Gegenzug müsse Kiew alle Ansprüche in einem millionenschweren Rechtsstreit aufgeben.

Mit der Nord Stream 1 umgeht Russland beim Gastransit die UkraineBild: picture alliance/dpa/S. Sauer

Deutsche Wirtschaft erleichtert

Das bisherige Lieferabkommen zwischen Russland und der Ukraine läuft Ende des Jahres aus. Deshalb drängte die Zeit. Europa fürchtete Engpässe und hatte die Verhandlungen unterstützt. Gerade Deutschland ist wegen des Ausstiegs aus der Atomkraft und der Kohleverstromung stark von Gaslieferungen aus dem Ausland abhängig. Die deutsche Wirtschaft zeigte sich angesichts des neuen Gasvertrags erleichtert. Das sei ein großartiger Erfolg, sagte der Chef des Ostausschusses der deutschen Wirtschaft, Oliver Hermes.

Der vom Kreml kontrollierte Gazprom-Konzern deckt mehr als 36 Prozent des europäischen Gasbedarfs ab. Die Route durch die Ukraine ist dabei besonders wichtig. Um die Ukraine zu umgehen, nutzt Russland aber alternative Leitungen wie die Ostseepipeline Nord Stream 1. Nord Stream 2 soll 2020 fertig werden, steht aber aktuell unter Sanktionsdruck der USA. 

Trump unterzeichnet Gesetzespaket zum Verteidigungshaushalt, zu dem auch die Sanktionen gehörenBild: Reuters/L. Millis

Sanktionen aus den USA

US-Präsident Donald Trump unterzeichnete am Freitagabend ein Sanktionsgesetz, das Unternehmen unter Strafe stellt, die bei der Fertigstellung der Nord Stream 2 helfen. Die US-Regierung hat nun 60 Tage Zeit, um eine Liste mit den Namen der betroffenen Firmen und Individuen zu erstellen. Deutschland hatte lange Zeit versucht, die Sanktionen abzuwehren. Die Firma Allseas, die mit Spezialschiffen die Rohre durch die Ostsee verlegt, reagierte umgehend und setzte ihre Arbeit an der Pipeline vorerst aus. Das Nord Stream 2-Konsortium will sie dennoch so bald wie möglich weiterbauen.

Die Bundesregierung nahm die US-Sanktionen "mit Bedauern zur Kenntnis", verzichtet aber auf Gegensanktionen. Die stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung, Ulrike Demmer, sagte, Deutschland lehne "extraterritoriale Sanktionen" ab. "Sie treffen deutsche und europäische Unternehmen und stellen eine Einmischung in unsere inneren Angelegenheiten dar."

Scholz verurteilt "Eingriff in Souveränität"

Noch deutlicher wurde Vizekanzler Olaf Scholz. "Solche Sanktionen sind ein schwerer Eingriff in die inneren Angelegenheiten Deutschlands und Europas und der eigenen Souveränität. Das lehnen wir entschieden ab, sagte der Bundesfinanzminister. Es sei sehr unverständlich und gehöre sich nicht unter Freunden, die gemeinsam in der NATO miteinander verbunden seien. Vor dem Hintergrund der jüngsten Verständigung zwischen Russland und der Ukraine über den Gastransit durch die Ukraine komme dies zudem zu einem falschen Zeitpunkt, sagte der SPD-Politiker. "Die Europäische Union und Deutschland haben sehr dabei mitgeholfen, dass diese Vereinbarung jetzt noch vor dem Jahresende zustande kommt. Deshalb ist das nicht nur falsch, sondern auch politisch unklug." 

Das Unternehmen Allseas hat zunächst die Arbeit an der Nord Stream 2 eingestelltBild: Reuters/S. Jacobsen

Die EU-Kommission äußerte ebenfalls Kritik. Die EU lehne grundsätzlich Sanktionen gegen europäische Unternehmen ab, die "rechtmäßige Geschäfte" betrieben, erklärte ein Sprecher. Brüssel habe "klare Regeln" für Pipelines, die den europäischen Gasmarkt mit einem Drittstaat verbinden.

Fracking als eigentliche Antriebsfeder

Scharfe Kritik kam auch aus Moskau. Die USA mit einer öffentlichen Schuldenlast von 22.000 Milliarden Dollar wollten damit "solvente Länder" daran hindern, ihre Wirtschaft zu entwickeln, schrieb die russische Außenamtssprecherin Maria Sacharowa auf Facebook. "Bald fordern sie uns auf, mit dem Atmen aufzuhören."

Bei den Sanktionen ginge es "nicht nur um den Wunsch, dem russischen Export zu schaden", ergänzte das russische Außenministerium. Es gehe auch um das Streben, Europa an amerikanisches Frackinggas zu binden, das den Europäern deutlich "teurer zu stehen kommt als Pipeline-Gas aus Russland", teilte das Ministerium weiter mit. Durch höhere Ausgaben für US-Flüssiggas stiegen die Produktionskosten in Europa. 

Der Kreml war zuletzt aber davon ausgegangen, dass die Amerikaner die Pipeline nicht verhindern können. Erwartet wird jedoch, dass der Bau nun teurer wird und sich verzögert, weil Russland keine eigenen Spezialschiffe für solche Arbeiten hat und Ersatz suchen muss.  

North Stream 2: Eine Pipeline polarisiert

04:27

This browser does not support the video element.

lh/pg (dpa, rtr, afp)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen