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Kritik am ESC-Siegerlied

15. Mai 2016

Das Siegerlied der ukrainischen Sängerin Jamala beim ESC handelt von der Deportation der Krimtataren durch Sowjetdiktator Stalin im Jahre 1944. Bei russischen Politikern stößt der Song sauer auf.

ESC-Gewinnern Jamala aus der Ukraine (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Russische Abgeordnete haben den Sieg der ukrainischen Sängerin Jamala (Artikelbild) beim Eurovision Song Contest (ESC) in Stockholm als politisch motiviert kritisiert. Das Siegerlied "1944" über die Vertreibung der Tataren sei kein Beitrag für den gesamteuropäischen Kulturdialog, den sich der Wettbewerb auf die Fahnen geschrieben habe, sagte der einflussreiche Außenpolitiker Alexej Puschkow. Der ESC verwandele sich in ein politisches Schlachtfeld.

"Sieg des Kalten Krieges"

Ähnlich äußerte sich der Parlamentarier Konstantin Kossatschjow. Der Erfolg von Jamala sei ein "Sieg des Kalten Krieges" des Westens gegen Russland, zitierte ihn die Agentur Tass in Moskau. Senator Franz Klinzewitsch sagte, Jamalas Erfolg sei ein "Sieg der Politik über die Kunst", sagte Klinzewitsch. Er brachte einen Boykott Russlands beim nächsten ESC ins Gespräch. Dieser findet in einem Jahr in der Ukraine statt.

Bild: DW

Schon in den Wochen zuvor hatte es Protest aus Russland gegeben, weil man das Klagelied durchaus als Kritik an der - international nicht anerkannten - russischen Annexion der ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim im Jahre 2014 verstehen kann.

Auch im russischen Staatsfernsehen wurde der ukrainische Sieg kritisiert. Jamala habe durch Punkte einer Jury gewonnen, die im Hinterzimmer ihre Entscheidung getroffen habe, sagte ein Teilnehmer einer Diskussion. Die russischen Zuschauer sahen den Sangeswettbewerb gelassener als ihre Politiker. Sie gaben Jamala zehn Punkte - die zweithöchste Wertung.

Lied für die Urgroßmutter

In ihrem Song "1944" erzählt Jamala die Geschichte ihrer Urgroßmutter, die zusammen mit rund 200.000 Tataren von der Krim nach Zentralasien deportiert wurde. Diktator Josef Stalin bezichtigte sie der Kollaboration mit den Nazis, nachdem die deutsche Wehrmacht die Halbinsel 1942 erobert hatte.

1991 kehrten viele Tataren und deren Nachkommen auf die Krim zurück. Ihr Verhältnis zu Moskau ist bis heute von Misstrauen geprägt. Die meisten lehnen die Annexion der Halbinsel durch Russland vehement ab. Seitdem werden viele Tataren von den Behörden drangsaliert, ihr Parlament wurde verboten. Die Behandlung der Tataren wurde unter anderem von den UN, den USA und dem Europaparlament scharf kritisiert.

Der Liedtext lautet nach einer Übersetzung der Deutschen Presseagentur aus dem aus dem Englischen bzw. Krimtatarischen:

Wenn Fremde kommen, zu Deinem Haus kommen. Sie töten Euch alle und sagen: Wir sind nicht schuldig nicht schuldig. - Wo sind Deine Gedanken. Die Menschheit weint. Ihr denkt, ihr seid Götter. Doch alle sterben. Verschlingt meine Seele nicht. Unsere Seelen. - Ich konnte meine Jugend dort nicht verbringen, weil ihr meinen Frieden geraubt habt. Wir könnten eine Zukunft errichten in der die Menschen frei sind zu leben und zu lieben. - Die glücklichste Zeit. Wo ist Dein Herz? Menschlichkeit, wachse. Ihr denkt, ihr seid Götter. Doch alle sterben. Verschlingt meine Seele nicht. Unsere Seelen. - Ich konnte meine Jugend dort nicht verbringen, weil ihr meinen Frieden geraubt habt.

wl/hf (dpa, afp)

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