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Russische Maschine mit 65 ukrainischen Gefangenen abgestürzt

24. Januar 2024

Den Absturz des Iljuschin-Flugzeugs in der russischen Grenzregion Belgorod hat nach Auskunft der Behörden kein Mensch überlebt. Die Ukrainer an Bord sollten wohl gegen russische Kriegsgefangene ausgetauscht werden.

Das einem Video entnommene Foto soll den Feuerball nach dem Aufprall der russischen Militärmaschine in der Nähe des Ortes Jablonowo zeigen
Das einem Video entnommene Foto soll den Feuerball nach dem Aufprall der russischen Militärmaschine in der Nähe des Ortes Jablonowo zeigenBild: UGC/AP/picture alliance

In Russland ist nach Angaben aus Moskau ein Militärflugzeug mit 65 ukrainischen Kriegsgefangenen an Bord abgestürzt. Wie die Nachrichtenagentur RIA Nowosti unter Berufung auf das Verteidigungsministerium berichtete, befanden sich die Ukrainer für einen Gefangenenaustausch auf dem Weg nach Belgorod nahe der ukrainischen Grenze. Nach Angaben der örtlichen Behörden gab es keine Überlebenden.

Das Flugzeug vom Typ Iljuschin war den Angaben zufolge gegen 11.00 Uhr Ortszeit (09.00 Uhr MEZ) in der Grenzregion Belgorod auf den Boden geprallt. "Alle Personen an Bord wurden getötet", erklärte der Regionalgouverneur von Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, im Onlinedienst Telegram. Laut RIA Nowosti befanden sich neben den ukrainischen Kriegsgefangenen sechs Besatzungsmitglieder und drei Begleitpersonen an Bord. Zur Unglücksursache machte das Verteidigungsministerium in Moskau keine Angaben. Eine Abordnung der Luftwaffe sei zur Absturzstelle unterwegs, "um die Ursachen der Katastrophe zu ermitteln", hieß es.

Der Gouverneur der betroffenen russischen Region Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow: "Alle Personen an Bord wurden getötet"Bild: NATALIA KOLESNIKOVA/AFP

Nicht verifizierte Videos in Onlinediensten zeigten ein großes Flugzeug, angeblich in der Region Belgorod, das vom Himmel fällt und dann in einem Feuerball auf dem Boden aufschlägt. Nach Angaben des Gouverneurs Gladkow ereignete sich der Absturz im Bezirk Korotschanski. Ermittler und Rettungsdienste seien vor Ort. Mehreren russischen Medien zufolge stürzte die Maschine in der Nähe des Ortes Jablonowo ab, 45 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt.

Abschuss mit Raketen aus Deutschland?

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow äußerte sich nicht zu dem Vorfall. Der Duma-Vorsitzende Wjatscheslaw Wolodin machte Kiew für den Absturz verantwortlich. "Sie haben in der Luft ihre eigenen Soldaten getötet, ihre Mütter, ihre Kinder haben auf sie gewartet", sagte Wolodin. "Sie haben unsere Piloten, die eine humanitäre Mission (...) ausführten, mit amerikanischen und deutschen Raketen abgeschossen." Die Iljuschin sei "von drei Raketen eines in Deutschland hergestellten Patriot- oder Iris-T-Flugabwehrsystems abgeschossen" worden, sagte Wolodin weiter. Der Duma-Chef forderte die Abgeordneten des russischen Parlaments auf, sich mit einer Resolution gegen die USA und Deutschland wegen ihrer Waffenlieferungen an die Ukraine zu wenden.

Der Vorsitzende der Duma, Wjatscheslaw Wolodin: "Sie haben in der Luft ihre eigenen Soldaten getötet" Bild: Anton Novoderezhkin/ITAR-TASS/IMAGO

Austausch von fast 400 Gefangenen geplant

Ähnliche Anschuldigungen erhob auch der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses der Duma, Andrej Kartapolow. "Die ukrainische Führung war über den bevorstehenden Austausch vollkommen im Bilde und wurde darüber informiert, wie die Gefangenen ausgeliefert werden sollten", sagte der Abgeordnete laut russischen Medienberichten. Demnach wurden 65 Kriegsgefangene in dem Flugzeug zu einem geplanten Austausch geflogen. Eine weitere Maschine vom Typ Il-76 mit 80 weiteren Gefangenen an Bord sei nach dem Abschuss umgekehrt. Insgesamt hätte es einen Austausch von 192 Ukrainern gegen 192 russische Gefangene geben sollen, der nun gescheitert sei.

Der ukrainische Militärgeheimdienst erklärte am Abend auf Telegram, er habe "derzeit keine zuverlässigen und vollständigen Informationen darüber, wer oder wie viele Personen an Bord des Flugzeugs waren". Für Mittwoch sei ein Austausch von Gefangenen geplant gewesen, der aber "nicht stattgefunden" habe. Die Ukraine sei im Gegensatz zu früheren Austauschen auch nicht gebeten worden, den Luftraum zu sichern. Möglicherweise habe es sich um eine geplante Aktion gehandelt, "um die Situation in der Ukraine zu destabilisieren und die internationale Unterstützung für unseren Staat zu schwächen".

Seit Beginn der russischen Offensive in der Ukraine hat es in Russland mehrere Abstürze von Militärmaschinen gegeben. Im Oktober 2022 stürzte ein russischer Kampfjet in ein Gebäude in der Stadt Jeisk an der russischen Küste des Asowschen Meeres. Dabei kamen 15 Menschen ums Leben. Im August 2023, zwei Monate nach dem Aufstand seiner Söldner-Truppe Wagner gegen die russische Militärführung, stürzte das Privatflugzeug mit Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin an Bord auf dem Flug von Moskau nach St. Petersburg ab. Neben dem Wagner-Chef starben dabei auch dessen Stellvertreter Dmitri Utkin sowie acht weitere Menschen.

Die ukrainischen Streitkräfte haben in der Vergangenheit eigenen Angaben zufolge russische Flugzeuge abgeschossen. Erst in der vergangenen Woche zerstörten sie demnach ein Aufklärungsflugzeug vom Typ A-50 und eine Kommandomaschine vom Typ Il-22.

Sechs deutsche Mehrzweckhubschrauber vom Typ Sea King Mk41 sollen an die Ukraine geliefert werden Bild: Wolfgang Minich/picture alliance

Deutsche Hubschrauber für die Ukraine 

Deutschland will die Verteidigung der Ukraine nun auch mit einer Lieferung von Militärhubschraubern aus Beständen der Bundeswehr unterstützen. Verteidigungsminister Boris Pistorius habe dem Land sechs Mehrzweckhubschrauber vom Typ Sea King Mk41, Zubehör- und Ersatzteilpakete sowie Ausbildung dafür zugesagt, teilte das Ministerium in Berlin mit.

"Der Sea King ist ein bewährter und robuster Hubschrauber, der den Ukrainern in vielen Bereichen helfen wird: bei der Aufklärung über dem Schwarzen Meer bis hin zum Transport von Soldaten. Es ist die erste deutsche Lieferung dieser Art", teilte Pistorius dazu weiter mit. Für den Schutz der ukrainischen Bevölkerung und Infrastruktur bleibe Luftverteidigung die Priorität Nummer eins. Außerdem sei mehr Tempo bei der Rüstungsproduktion nötig. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022 gab es nach Auskunft des Verteidigungsministeriums militärische Lieferungen aus Deutschland im Wert von rund sechs Milliarden Euro.

sti/kle (afp, dpa, rtr)