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Politik

Russische Regierung tritt zurück

15. Januar 2020

Die russische Regierung unter Ministerpräsident Dmitri Medwedew hat ihren Rücktritt angekündigt. Das kündigte er im Staatsfernsehen an. Der 54-Jährige soll in den nationalen Sicherheitsrat wechseln.

Russland TV Interview Dmitri Medwedew
Er zieht sich vom Amt des Regierungschefs in Moskau zurück: Dmitri MedwedewBild: Getty Images/AFP/Sputnik/A. Astafyev

Mit ihrem Schritt bereitet die Regierung in Moskau Präsident Wladimir Putin den Weg für die angekündigte Verfassungsreform. Das erklärte Ministerpräsident Dmitri Medwedew im Beisein Putins im staatlichen Fernsehen. Er wolle mit dem Rücktritt Putin Raum geben für die Änderung der Verfassung, die der Staatschef in seiner Rede zur Lage der Nation angekündigt hatte, sagte Medwedew.

Putin dankte seinem engen Vertrauten für dessen Arbeit. Es könne aber nicht alles gelingen, sagte er nach einem Vier-Augen-Gespräch. Medwedew soll nach dem Willen Putins Vize-Vorsitzender des nationalen Sicherheitsrates werden und dort die Bereiche Verteidigung und Sicherheit verantworten. Putin selbst steht an der Spitze des Sicherheitsrates. Medwedew habe dem zugestimmt, sagte Putin. Die Kabinettsmitglieder wies er an, im Amt zu bleiben, bis eine neue Regierung ernannt sei.

Designierter Nachfolger: Michail Mischustin bei einem Gespräch mit Präsident Putin im KremlBild: picture-alliance/AP Photo/A. Nikolsky

Nach dem unerwarteten Rücktritt der Regierung schlug der Präsident kurz darauf den Chef der nationalen Steuerbehörde, Michail Mischustin, als neuen Ministerpräsidenten vor. Das meldeten russische Nachrichtenagenturen am Abend unter Berufung auf den Kreml. Als Kandidaten galten bis dahin der Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin, der bisherige Wirtschaftsminister Maxim Oreschkin und der amtierende Energieminister Alexander Nowak.

Putin will Verfassung ändern

Putin hatte kurz zuvor in seiner Rede zur Lage der Nation angekündigt, dem Parlament im Zuge einer Verfassungsreform mehr Macht einräumen zu wollen. So soll das Parlament künftig den Regierungschef und die führenden Kabinettsmitglieder bestimmen. Zudem sollten die Kriterien für Präsidentschaftskandidaten verschärft werden. Dazu schlug er ein Verfassungsreferendum vor. Ein Datum für ein entsprechende Volksabstimmung nannte er nicht. An dem starken Präsidialsystem will Putin aber festhalten. Die Rede wurde im ganzen Land übertragen, sogar bis zur Raumstation ISS.

Kremlchef Putin hielt seine Rede vor der politischen Elite des LandesBild: picture-alliance/dpa/Tass/M. Metzel

Kritiker werfen Putin vor, mit seinen Plänen bereits seinen Machterhalt über das Jahr 2024 hinaus sichern zu wollen. In vier Jahren endet Putins Amtszeit. Dann könnte er - wie schon 2008 - die Ämter mit dem Ministerpräsidenten tauschen, um dann nach vier weiteren Jahren wieder Präsident Russlands zu werden. Indem er dem Parlament mehr Macht erteilt, könnte er in diesen vier Jahren als Ministerpräsident mit größeren Befugnissen weiter regieren.

Keine klare Aussage von Putin

Noch ist aber unklar, ob die Frage der Amtszeit Teil eines möglichen Referendums sein wird. Die Verfassung schreibt vor, dass der Präsident nur zweimal hintereinander amtieren darf, nicht aber wie oft er insgesamt das Amt des Staatschefs ausführen darf. In seiner Rede räumte Putin ein, dass bereits darüber diskutiert werde, ob ein Präsident nicht mehr als zwei Amtszeiten hintereinander an der Macht bleiben darf. "Ich halte das nicht für ausschlaggebend. Aber ich stimme dem zu." Er vermied damit erneut eine klare Aussage zu seiner politischen Zukunft.

Putin ist seit 20 Jahren in Russland an der Macht. Am 31. Dezember 1999 hatte er nach dem Rücktritt des damaligen Präsidenten Boris Jelzin die Amtsgeschäfte übernommen. Putin war seitdem mit einer vierjährigen Unterbrechung Präsident. Von 2008 bis 2012 übernahm sein Vertrauter Dmitri Medwedew das höchste Amt, während Putin als Ministerpräsident amtierte.

Opposition zeigt sich skeptisch

Der ehemalige russische Wirtschaftsminister und Vorsitzende des politischen Rates der oppositionellen Partei "Bürgerinitiative", Andrej Netschajew, sagte der Deutschen Welle, Putin sondiere "das Terrain, um für immer an der Macht zu bleiben." Der entscheidende Punkt sei, dass der Präsident von Verfassungsänderungen gesprochen habe, nämlich über eine neue Rolle des Staatsrates. "Jetzt ist der Staatsrat eine Art Expertenrat beim Präsidenten, ohne Rechte und Pflichten. Wenn Putin vorschlägt, den Staatsrat zu einem Verfassungsorgan zu machen, dann muss dieses Befugnisse bekommen. Die Frage ist nur welche? Wenn es das höchste Organ der Staatsmacht sein wird, das über dem Parlament, der Regierung und - Gott bewahre - über dem Präsidenten stehen wird, dann wird der Vorsitzende des Staatsrates Herr in Russlands sein." Auf diese Fragen habe der Präsident bislang keine Antworten geliefert.

Unbeliebter Politiker

Der 54 Jahre alte Medwedew ist auch Vorsitzender der Kremlpartei Geeintes Russland. Medwedew gilt in Russland als sehr unbeliebt. Seit 2017 gibt es immer wieder Proteste der Opposition, die sich besonders gegen seine Person richten. Der Kremlkritiker Alexej Nawalny hatte mit Recherchen Korruption und Geldanhäufung des Politikers aufgedeckt und die Proteste angestoßen.

Die Regierung steht wegen der Wirtschaftskrise im Land unter großem Druck. Putin hatte erst kurz zuvor höhere Hilfen für einkommensschwache Familien versprochen. Die nächste Parlamentswahl ist für Herbst 2021 geplant.

kle/lh/sti (rtr, ape, afpe, dpa, DW)

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