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Kriminalität

Zentralafrika: Russische Söldner töten

Martina Schwikowski
7. Juli 2021

UN-Experten beschuldigen Söldner aus Russland der Kriegsverbrechen in Zentralafrika. Medien und Aktivisten legen weitere Beweise vor. Die DW gibt einen Überblick zu den Hintergründen.

Russische Söldner in Zentralafrikanische Republik | Leibgarde von Präsident Faustin Archange Touadéra
Offiziell schützen russische Söldner auch Personen - wie hier Präsident Faustin-Archange Touadéra kurz vor der Wahl 2020Bild: ALEXIS HUGUET/AFP

Russische Söldner der Wagner-Gruppe - ein privates Militärunternehmen - haben in der Zentralafrikanischen Republik schwere Menschenrechtsverletzungen begangen. So lauten die Vorwürfe unabhängiger Experten, die im Auftrag der Vereinten Nationen die Aktivitäten von Söldnern in dem Bürgerkriegsland untersuchen. Sie haben ihren Bericht kürzlich dem UN-Sicherheitsrat vorlegt.

Söldner töten Zivilisten in Bambari

 Derartige Anschuldigungen gegen die Söldner tauchten in den vergangenen Jahren immer wieder auf. Auch von Folter und Vergewaltigungen ist die Rede. Jetzt sorgte ein weiterer Bericht für Aufsehen: Das Investigativ-Team von "The Sentry" - eine Aktivistengruppe, die Geldströme im Zusammenhang mit Gräueltaten untersucht - hat in einer gemeinsamen Recherche mit dem US-amerikanischen Sender CNN den Söldnern Kriegsverbrechen nahegelegt. 

Sie hätten am 15. Februar in Bambari, im Zentrum des Landes, Zivilisten ermordet. Ein Video zeigt tote Frauen und Kinder, die sich in der Taqwa-Moschee versteckt hielten. Wie viele Menschen bei dem Angriff getötet wurden, ist ungewiss. Schätzungen belaufen sich auf zwölf bis 20 Opfer.

Abgeordnete der zentralafrikanischen Nationalversammlung sagten nach der Veröffentlichung, die Anschuldigungen seien nicht haltbar. Brad Brooks-Rubin, Chef-Justiziar bei The Sentry, kommentierte im Interview mit der Deutschen Welle, es sei nicht ungewöhnlich für Regierungen, Zivilgesellschaft und Medien zu diskreditieren, wenn diese sie beschuldigen, mit Söldnern Geschäfte gemacht zu haben, die zu Gräueltaten führten.

Brooks-Rubin  zufolge lässt der Bericht keinen Raum für Zweifel. Nicht nur sie, auch die von den UN beauftragten Experten hätten Beweise gesammelt. "Leider ist er nur ein weiterer Beweis für eine wirklich inakzeptable Situation in der Zentralafrikanischen Republik, dass diese Söldner von der Wagner-Gruppe in diese Gräueltaten verwickelt sind. Die Situation ist unerträglich." Brooks-Rubin kritisiert auch scharf, dass die internationale Gemeinschaft solche Taten in der Zentralafrikanischen Republik "schon zu lange zulasse. 

Expertengruppe fordert Aufklärung von Russland

Diese Kritik hält Jelena Aparac, Chefberichterstatterin der UN-Arbeitsgruppe zum Einsatz von Söldnern, für berechtigt. Sie betont im Gespräch mit der DW aber ihre unabhängige Expertenrolle.

Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe zeigten, dass es zentrale Verbindungen zwischen Söldnern in Zentralafrika und russischen Bürgern und Unternehmen gebe, sagt Aparac im DW-Interview. Die in Russland ansässige Organisation, die im Volksmund als Wagner-Gruppe bekannt ist, kooperiere mit diesen Unternehmen, obwohl sie keine rechtliche Existenz hätte, aber in mehreren Ländern der Welt tätig sei, sagt Aparac. "Sie scheinen speziell die zentralafrikanischen Streitkräfte auszubilden. Die verlassen sich auf sie, um ihre militärischen Kapazitäten und Operationen aufrechtzuerhalten, sowie Beamte und Bergbauanlagen zu schützen."

In einem Schreiben vom März 2021 forderte die Expertengruppe um Aparac eine Stellungnahme der russischen Regierung zu den Aktivitäten der Söldner.

Seit 2014 läuft die UN-Friedensmission MINUSCA in der Zentralafrikanischen RepublikBild: Antonie Rolland/REUTERS

Russland antwortete Ende April und wehrte die Vorwürfe ab: Die rund 500 entsandten russischen "Militärtrainer" seien unbewaffnet und nicht in Gewalttaten verstrickt. Söldnertum sei auch in Russland strafbar. Die namentlich erwähnten Gruppierungen und Unternehmen seien nicht bei der russischen Steuerbehörde registriert. Die Anschuldigungen basierten außerdem auf ungeprüften Informationen, zumeist aus Medienberichten, kritisierte Russland. Die Zentralafrikanische Republik habe im Mai 600 zusätzliche Militärberater angefordert, hieß es weiter.

Wagner-Gruppe: Zusammenarbeit mit Blauhelm-Soldaten?

Die Zentralafrikanische Republik - ehemalige französische Kolonie mit 4,7 Millionen Einwohnern - ist ein armes Land, aber reich an Mineralien. Nördlich von Bambari, wo das Massaker an der Zivilbevölkerung stattfand, gibt es zum Beispiel große Goldvorkommen. Beobachter gehen davon aus, dass die russischen Sicherheitsfirmen in Verbindung zur organisierten Kriminalität stehen und ihre Dienste teilweise mit Anteilen an Gold- und Diamantenminen bezahlt werden.

Wegen des erneuten Ausbruchs von Gewalt um die Wahl Ende 2020 flohen wieder viele Menschen Richtung KamerunBild: Joel Kouam/REUTERS

In dem Land tobt ein neuer Bürgerkrieg, seit eine Allianz von Rebellengruppen eine Offensive gestartet hat: Nach dem Wahlsieg des amtierenden Präsident Faustin-Archange Touadéra kam es Anfang 2021 zu verstärkter Gewalt, als die Rebellen versuchten, die Hauptstadt Bangui zu blockieren. Es gab Kämpfe zwischen bewaffneten Gruppen sowie der nationalen Armee, ruandischen Truppen, den russischen Paramilitärs und Blauhelmsoldaten der UN-Friedensmission MINUSCA, die in dem Binnenland seit 2014 mit aktuell mehr als 11.000 Soldatinnen und Soldaten und 4000 weiterem Personal im Einsatz ist.

Ende März kritisierte Jelena Aparacs Arbeitsgruppe allerdings auch die enge Zusammenarbeit zwischen russischen Auftragnehmern und der Friedensmission der Vereinten Nationen in der Zentralafrikanischen Republik scharf. Auf die Frage, ob die Blauhelme daraufhin eine neue Anweisung zum Umgang mit Söldnern erhalten haben, möchte Aparac nicht antworten. Solange die Expertengruppe eine Situation weiter beobachtet, könne sie gewisse Dinge öffentlich nicht kommentieren, bis nicht genügend Informationen vorlägen.

Sondergerichte sollen Arbeit aufnehmen

Bisher fehlt eine Aufarbeitung der Verbrechen. Brooks-Rubin von The Sentry forderte mehr Rechenschaftspflicht für die begangenen Gräueltaten. In der Hinsicht hat sich laut Aparac etwas getan: "Die zentralafrikanische Regierung hat eine unabhängige Untersuchungskommission eingerichtet, die bald damit beginnen wird, angebliche Menschenrechtsverletzungen im Land zu untersuchen", sagt sie im DW-Gespräch. Es seien auch hybride Gerichte in der Hauptstadt Bangui entstanden, also eine Vermischung nationaler und internationaler Strafverfolgung, und der Internationale Strafgerichtshof habe das Mandat, die Situation in der Zentralafrikanischen Republik zu untersuchen.

Mitarbeit: Hugo Flotat-Talon, Uta Steinwehr

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