Die höchsten Werte von Ruthenium-106 wurden Ende September in der Nähe des Atomkraftwerkes Majak gemessen. Vertuscht Rosatom einen Unfall an der dortigen Wiederaufbereitungsanlage?
Der russische Wetterdienst Rosgidromet erklärte, dass er an der Messstation Argajasch, 30 Kilometer südlich von Majak, die höchsten Werte an Ruthenium-106 gemessen habe. Zwischen dem 25. September und 7. Oktober sei dort deutlich erhöhte Radioaktivität gemessen worden. Sie habe die erlaubte Höchstgrenze um das 986-Fache überschritten.
Später wurden erhöhte Werte auch an Messstationen in Tatarstan, in anderen Städten im Süden Russlands sowie in zahlreichen weiteren europäischen Ländern gemessen.
Hat die Atomenergiebehörde bewusst falsch informiert?
Die unzureichende Informationspolitik der russischen Atomenergiebehörde Rosatom deutet unterdessen auf einen Vertuschungsversuch hin: Die ersten Institutionen, die auf die erhöhten Radioaktivitätswerte bereits Ende September hingewiesen hatten, waren westeuropäische Wetterdienste.
Westliche Experten hatten bereits damals angemerkt, dass eine so hohe Ruthenium-106-Konzentration entweder aus einer Wiederaufbereitungsanlage stammen müsse oder aus einer medizinischen Anlage.
Erst Mitte Oktober äußerte sich dann Rosatom dazu. Die Behörde versicherte allerdings, dass sie keine erhöhten Werte gemessen habe, mit Ausnahme von Sankt Petersburg, dort aber in niedriger Konzentration. Anfang November hatte zuletzt das französische Institut für nukleare Sicherheit die Strahlungsquelle anhand meteorologischer Daten auf den südlichen Ural eingegrenzt.
In Majak hatte sich 1957 einer der schwersten Atomunfälle der Geschichte in einem Kernkraftwerk ereignet. Heute gibt es dort nur noch eine Wiederaufbereitungsanlage
fs/jv (AFP, AP)
Der lange Schatten von Tschernobyl - Fotografien von Gerd Ludwig
Für Gerd Ludwig ist die Atomkatastrophe von Tschernobyl zum Lebensthema geworden. Als einer der ersten ausländischen Fotografen betrat er den Unglücksreaktor. Seine Aufnahmen prägen heute unser Bild von der Katastrophe.
Bild: Gerd Ludwig, National Geographic Creative
Zurückgekehrt und und einsam
Die 92-jährige Kharytina ist in ihren Geburtsort innerhalb der Sperrzone zurückgekehrt. Sie hat Schwierigkeiten beim Gehen, ist fast taub und lebt allein und völlig isoliert in ihrem kleinen Holzhaus. Gerd Ludwig fotografierte Kharytina 2011 in dem ukrainischen Ort Teremtzi.
Bild: Gerd Ludwig/National Geographic Creative
Veronika - spätes Opfer der Strahlen
Die fünfjährige Veronika leidet an Leukämie. Mutter Yelena kam vier Jahre vor dem Unglück von Tschernobyl in der Nachbarstadt Tschernigov zur Welt. So ist Veronika ein spätes Strahlenopfer. Gerd Ludwigs Foto entstand 2011 im Zentrum für Strahlungsmedizin in Kiew.
Bild: Gerd Ludwig, National Geographic Creative
Zeitlose Dokumente der Katastrophe
25 Jahre nach der Atomkatastrophe enstand diese Aufnahme in Prypjat, unweit von Tschernobyl: Diese Bibliothek liefert ein Bild der Verwüstung. Bücher und Zeitschriften lagern unter eingestürzten Regalen. Tapeten schälen sich von den Wänden. Gerd Ludwigs Fotos, die als Momentaufnahmen entstanden, wurden zu zeitlosen Dokumenten einer großen Katastrophe des Industiezeitalters.
Bild: Gerd Ludwig, National Geographic Creative
Begleiter mit der Kamera
Ärzte untersuchen diese Bewohner auf Strahlenschäden. Rund 4000 Menschen starben nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO direkt durch den Raktorunfall von Tschernobyl, weitere 4000 an den indirekten Folgen. Der deutsche Fotograf begleitete die Entwicklung nach der Katastrophe mit der Kamera.
Bild: Gerd Ludwig, National Geographic Creative
Poesie der tödlichen Gefahr
Die Nacht hat sich über die schneebedeckte Landschaft gesenkt. Schneeflocken rieseln herab. Inmitten der Büsche und Sträucher ragt ein rotumrandetes Schild auf. Fast romantisch wirkt diese Aufnahme von Gerd Ludwig, wäre da nicht der Hinweis auf tödliche Gefahr: Achtung radioaktive Strahlung!