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Russland, der Westen und die GUS

Cornelia Rabitz27. März 2005

Russland hat Orientierungsprobleme, seit sich immer mehr Mitglieder der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) selbständig machen. Wohin soll sich das Land ausrichten: nach Osten, Westen oder auf sich selbst?

Himmel blau, Stimmung getrübtBild: artefakt-berlin


Die "Rosenrevolution" in Georgien, die "Orangene Revolution" in der Ukraine, die "Tulpenrevolution" in Kirgisien sowie die Annäherung einiger GUS-Staaten an den Westen stellen Russlands Außenpolitik vor neue Herausforderungen. Noch ist ungewiss, ob Moskau sich für die Beibehaltung seines Westkurses entscheidet oder ob man sich von der Europäischen Union und den USA abwendet und auf außenpolitische Alleingänge setzt.

Silvester 2004 in Kiew: Start in eine neue ÄraBild: dpa

Bündnispartner fehlen

Auf Bündnispartner könnte Russland im Falle einer solchen Politik nicht setzen, wie die Entwicklungen zeigen. Die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) hat seit ihrer Gründung 1991 keine integrative Kraft entfalten können. Die von Moskau angestrebte Schaffung einer neuen Union zwischen Russland, der Ukraine, Belarus und Kasachstan ist nach dem politischen Kurswechsel in Kiew unmöglich geworden. Eine Option bleibt nach Ansicht von Experten eine stärkere Kooperation der Russischen Föderation mit China und Indien.

Kluft zwischen Russland und dem Westen wächst

Die Kreml-Uhr zeigt: "5 vor 12" ist schon vorbei - höchste Zeit, etwas zu tunBild: AP

Russlands Nimbus als Ordnungsmacht, als Führungsnation im postsowjetischen Raum hat schwer gelitten. Die Weltmachtrolle ist dahin, und auch seine Fähigkeit, regional Einfluss zu nehmen, ist geschwunden - für viele in Moskau ein bitterer Befund. Hinzu kommt massive westliche Kritik an rechtsstaatlichen Defiziten und an der Menschenrechtspolitik - unter dem Kreml nahen Experten wächst daher die Enttäuschung. Man fühlt sich marginalisiert.

"Die Kluft zwischen uns und dem Westen wächst", konstatierte Alexej Puschkow, Politologe und Journalist, kürzlich auf einem Forum der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in Berlin. "Russland besinnt sich auf sich selbst", beschrieb er die Entwicklungen. "Es bezieht sich nicht länger auf Europa oder Amerika, die ohnehin unzufrieden sind." Russland wolle vielmehr wie China seine Wirtschaft aufbauen und so eine Art von Autorität gewinnen.

GUS nicht mehr zeitgemäß

Revolution in Georgien (2003)Bild: AP

Repräsentanten der Länder, die sich auf den Weg der Unabhängigkeit von Russland begeben haben, kritisieren unterdessen, dass Moskau auch weiterhin Einfluss auf die politische Entwicklung seiner früheren Satellitenstaaten nehmen wolle. Es sei bestrebt, die Nachbarn zu dominieren. Salome Samadaschwili vom Auswärtigen Parlamentsausschuss Georgiens bemängelte den politischen Stillstand in Russland, die Verwässerung der demokratischen Reformen und ein zunehmend rüdes Verhalten Moskaus gegenüber den unabhängigen Nachbarländern.

Samadaschwili sprach außerdem von einem völligen Versagen der GUS, die es nicht geschafft habe, eine Rolle als Nachfolgeorganisation der früheren Sowjetunion zu spielen. Sie sei nicht in der Lage, den Mitgliedsländern zu Wohlstand zu verhelfen und Territorialkonflikte zu vermeiden. Vielmehr habe sie sich zum Werkzeug Russlands entwickelt. Jedes Land verfolge nun eine andere Entwicklung. Die GUS als gemeinsamer Rahmen passe nicht mehr in die Zeit.

Russland fühlt sich eingekreist

Russische Eliten sprechen dagegen mit Blick auf den Westen immer häufiger von "Einkreisung". Man kritisiert eine zunehmende Einflussnahme der EU und Amerikas auf den einstigen Machtbereich Moskaus. Wieder und wieder ist das Argument zu hören, die "Orangene Revolution" in der Ukraine sei nur durch massive finanzielle Unterstützung aus den USA möglich gewesen.

Argwöhnisch wird außerdem die neue Nachbarschaftspolitik der Europäischen Union beobachtet. Dass Kiew und Tiflis das russische Modell der autoritären Führung, der "gelenkten Demokratie", verwarfen und sich dem viel attraktiveren Integrationskonzept der EU zuwandten, kann man in Moskau nicht verstehen.

Stahlwerk in RusslandBild: AP

"Jedes andere Land im europäischen Teil der früheren Sowjetunion kann damit rechnen, dass es auf dem Weg in die europäische Integration unterstützt wird, wenn es erst einmal mit Demokratie und freier Marktwirtschaft begonnen hat", sagt Dmitrij Trenin von der Moskauer Carnegie-Stiftung. "Das gilt aber nicht für Russland." Russland gehe deshalb davon aus, dass sich das Land beim Transformationsprozess nur auf sich selbst verlassen könne. Er glaube nicht, dass Russland in naher Zukunft europäisch sein könne, sondern allenfalls westlich.

Russland nicht vernachlässigen

Westliche Experten empfehlen dagegen, Moskau weiter die Option auf eine Integration in Europa offen zu halten und dabei von zu hohen Forderungen Abstand zu nehmen. Sie plädieren für Pragmatismus. Es werde lange dauern, bis sich in Russland eine blühende Demokratie entwickelt habe. Die Zeit bis dahin dürfe jedoch nicht ungenutzt verstreichen.

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