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Russland hält an WM 2018 fest

Roman Goncharenko3. Juni 2015

Der überraschende Rücktritt des FIFA-Präsidenten Blatter löste in Russland gedämpfte Reaktionen aus. Der Kreml reagiert zurückhaltend. Doch manche Politiker fürchten um die WM 2018 - und vermuten politische Motive.

Baustelle der Luschniki-Arena (Foto: Luschniki Arena)
Baustelle der Luschniki-Arena für die WM in RusslandBild: AO Luschniki

Nach dem überraschenden Abgang des FIFA-Chefs Joseph Blatter wird im Westen immer lauter über eine Neuvergabe der Fußballweltmeisterschaften in Russland (2018) und Katar (2022) diskutiert. Doch Moskau reagiert betont gelassen. Der Rücktritt des Präsidenten des Weltfußballverbandes habe Russland überrascht, gab Putins Sprecher Dmitri Peskow am Mittwoch zu. "Das Wichtigste ist, dass Russland die Vorbereitungen für die Fußballweltmeisterschaft 2018 fortsetzt", sagte er. Auch der russische Sportminister Vitaly Mutko äußerte sich optimistisch. "Wie sehen keine Gefahr", sagte Mutko bei einem WM-Vorbereitungstreffen in der südrussischen Stadt Rostow-am-Don.

Putins Schulterschluss mit Blatter

Dabei ist Blatters Abgang für Russland offenbar ein harter Schlag. Einen Tag nach der Wiederwahl des umstrittenen FIFA-Chefs am vergangenen Freitag schickte ihm Präsident Wladimir Putin ein Glückwunsch-Telegramm nach Zürich. Darin lobte er "die Erfahrung, Professionalität und das hohe Ansehen" des FIFA-Präsidenten. Für die westliche Justiz, Journalisten, Fußballfunktionäre und Politiker, die nach den jüngsten Korruptionsskandalen den Rücktritt Blatters gefordert hatten, klang diese Botschaft wie Hohn.

Erst vor wenigen Tagen geißelte Putin die US-Justiz wegen ihrer Ermittlungen gegen FIFA-Funktionäre. Der Kremlchef sah darin einen Versuch, Blatters Wiederwahl zu verhindern und deutete auf politische Motive. Man wisse Bescheid über den Druck auf Blatter, "mit dem Ziel, die WM in Russland zu verbieten."

Putin und Blatter in Rio de Janeiro (2014)Bild: picture-alliance/RIA Novosti

Moskau sieht politisch motivierte US-Justiz

Igor Lebedew hält die Korruptionsvorwürfe an die FIFA wegen der WM-Vergabe an Russland für haltlos, plädiert aber dafür, zunächst die Ermittlungsergebnisse abzuwarten. Von einem Punkt ist der stellvertretende Vorsitzende der russischen Staatsduma und Kandidat für den Chefposten beim Russischen Fußballbund jetzt schon überzeugt: Die Ermittlungen gegen die FIFA seien politisch motiviert. "Ich bin zu 99 Prozent sicher, dass die aktuellen Schritte gegen die FIFA mit der Verschlechterung der Beziehungen zwischen Russland und dem Westen sowie den westlichen Sanktionen gegen Russland zu tun haben", sagte der Abgeordnete der kremlfreundlichen und rechtspopulistischen LDPR-Partei der DW.

Vor allem die USA seien die treibende Kraft hinter Blatters Abgang, glaubt Lebedew. Der neue FIFA-Chef werde deshalb jemand sein, den Washington unterstütze. "In diesem Fall dürfte eine Neuvergabe der WM 2018 auf der Tagesordnung stehen, was für Russland das schlechteste Szenario ist", befürchtet Lebedew. Er hoffe jedoch, dass das nicht passieren werde.

Zeit spielt für Russland

In russischen Expertenkreisen ist die Stimmung nach Blatters Abgang gemischt. Hätte es wirklich harte Beweise für eine unsaubere WM-Vergabe an Russland gegeben, hätte man sie schon veröffentlicht, schreibt Igor Rabiner von der renommierten Tageszeitung Sport-Express in seinem Blog. Da es nicht passiert sei, werde Blatters Rücktritt wohl "keine fatalen Konsequenzen" für Russland haben. Die Angst sei größer als die wirkliche Gefahr. Ähnlich optimistisch zeigen sich auch die Leser seiner Zeitung. Laut einer Online-Umfrage glauben 53 Prozent der Befragten, dass die WM 2018 in Russland bleibt.

Auch Dmitri Nawoscha, Direktor des Online-Portals Sports.ru ist vorsichtig optimistisch. "Niemand kann im Moment sagen, wie sich Blatters Abgang auf die WM in Russland auswirkt", sagte er im Gespräch mit der DW. Man solle Details der Ermittlungen abwarten. Doch selbst wenn Korruption nachgewiesen werden sollte, werde es keine automatische Aberkennung der WM geben: "Es bleibt zu wenig Zeit". Die Wahrscheinlichkeit, dass das doch passiert, schätzte der Moskauer Fußballexperte auf "weniger als 50 Prozent" ein.

Platini als russischer Wunschkandidat?

Ähnlich wie im Westen wird in Russland über einen neuen FIFA-Präsidenten spekuliert. Der UEFA-Chef Michel Platini, ein Favorit in westlichen Medien, wäre aus russischer Sicht ein "akzeptabler Kandidat", sagt der Politiker Lebedew. "Zwischen der UEFA und dem russischen Fußballbund haben sich gute Arbeitsbeziehungen entwickelt."

Auch Igor Rabiner von der Zeitung "Sport-Express" hält Platinini für eine gute Wahl für Moskau. Der Franzose habe gute Beziehungen zu seinen russischen Kollegen in der FIFA. Und er habe sich gegen einen WM-Boykott ausgesprochen. Sollte es doch einen anderen neuen FIFA-Chef geben, dann könne die Lage "viel schlimmer werden", so Rabiner.

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