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Politik

Kein Geld für den Europarat

Mikhail Bushuev | Markian Ostaptschuk
1. März 2018

Russland zahlt keine Mitgliedsbeiträge mehr an den Europarat. Auch die Türkei reduziert ihre Zahlungen. Was sind die Gründe dafür, und welche Probleme kommen jetzt auf die Organisation zu?

Europarat Gebäude Straßburg
Bild: picture-alliance/dpa

Russland hat zum zweiten Mal hintereinander keine Beitragszahlungen an den Europarat überwiesen. "Wir haben heute keine neuen Informationen aus der Russischen Föderation", erklärte Daniel Höltgen, Direktor für Kommunikation und Sprecher des Generalsekretärs des Europarates. Er betonte gegenüber der DW, Generalsekretär Thorbjørn Jagland werde das Ministerkomitee noch über alle Entwicklungen und Schritte informieren, die nächste Woche unternommen werden müssten.

Am 28. Februar ließ Moskau die Frist für die Zahlung der ersten Tranche seines Mitgliedsbeitrags für das laufende Jahr - ungefähr zehn Millionen Euro - verstreichen. Bereits im Juni 2017 hätte Moskau 22 Millionen zahlen müssen. Zum Streit um die Beitragszahlungen war es gekommen, als den russischen Delegierten in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates wegen der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim im Jahr 2014 das Stimmrecht entzogen worden war.

Ein russischer Soldat vor einer Landkarte der Krim nahe der Stadt Kertsch im März 2014Bild: Reuters

Moskaus Vorgehen kommt für den Europarat aber nicht unerwartet. Im russischen Staatshaushalt taucht Russlands Mitgliedsbeitrag 2018 nicht auf. Außerdem hatten russische Politiker wiederholt erklärt, es sei für Moskau nicht akzeptabel, Geld an den Europarat zu überweisen. "Wir haben den Dialog nie abgebrochen. Aber da wir uns an Beschlüssen nicht beteiligen können, halten wir es für richtig, keine Beiträge zu zahlen", sagte Mitte Februar der Sprecher der russischen Staatsduma, Wjatscheslaw Wolodin. Paradox ist, dass Russland für den Haushaltsentwurf 2018 des Europarates gestimmt hatte, obwohl es sich weigert, Beiträge zu zahlen.

Auch Streit mit der Türkei

Unterdessen tut sich im Haushalt des Europarates ein weiteres Loch auf. Neben den 33 Millionen aus Russland bleiben in diesem Jahr auch Zahlungen aus der Türkei aus. Ankara hatte im Oktober 2017 angekündigt, dem Europarat Geld zu streichen. Die Türkei - die seit 2016 mehr zahlte, als sie müsste - gehörte neben Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Russland zu den großen Beitragszahlern des Europarates. Mit jährlich rund 30 Millionen Euro trugen die Länder bisher jeweils etwa zehn Prozent des Gesamtbudgets.

Zum Streit mit der Türkei war es gekommen, als der Europarat den inhaftierten türkischen Verfassungsrichter Murat Arslan mit dem Václav-Havel-Preis für Menschenrechte ehrte. Die Türkei wirft ihm die Mitgliedschaft in der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen vor, den Ankara für den Putschversuch im Sommer 2016 verantwortlich macht. Der Streit wird den Europarat wohl jährlich etwa 20 Millionen Euro kosten.

Murat Arslan war Vorsitzender der inzwischen verbotenen Union der türkischen Richter und StaatsanwälteBild: picture-alliance/dpa/Medel

Erste Etat-Kürzungen

Der Europarat, dem 47 Länder angehören, und dessen wohl bekannteste Institution der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist, sieht sich nun mit ernsten finanziellen Problemen konfrontiert. Unmittelbare Probleme mit laufenden Zahlungen gebe es nicht, versichert die Organisation. Jedoch hat sich die Schweiz bereiterklärt, ihren gesamten Beitrag für das Jahr 2018 auf einmal zu überweisen, was die fehlenden zehn Millionen aus Russland kompensiert.

Längerfristig gibt es aber Probleme. Der Europarat hat bereits Maßnahmen ergriffen. Der Etat der Organisation wird um sechs Prozent reduziert. Die Kürzungen treffen viele Bereiche. Unter anderem werden die Sprachen reduziert, in die die wichtigsten Sitzungen des Europarates übersetzt werden.

Droht ein Präzedenzfall?

Doch offenbar sucht der Europarat nach einen Kompromiss mit Moskau. Dafür wurde eine spezielle Kommission eingesetzt, der auch zwei Vertreter Moskaus angehören. Dazu kommt, dass die Europäer den Menschen in Russland nicht die Möglichkeit nehmen wollen, vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte klagen und Gerechtigkeit einfordern zu können.

Die russische Nachrichtenagentur "RIA Novosti" berichtet unter Berufung auf anonyme Quellen, Russland ziehe in Erwägung, die Europäische Menschenrechtskonvention aufzukündigen. Aber auch ohne eine Aufkündigung der Konvention könnte es passieren, dass Russland mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nicht mehr wird zusammenarbeiten können. Denn die Regeln des Europarats schreiben vor, dass einem Land, das keine Beiträge zahlt, die Vertretung in der Organisation entzogen werden kann. Die Regelung wurde 1994 präzisiert. Danach genügt es, wenn ein Land zwei Jahre keine Beiträge zahlt. Sollte es so zu einem Ausschluss Russlands kommen, wäre das in der 70-jährigen Geschichte des Europarates ein Präzedenzfall.

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