Russland kippt internationales Recht
15. Dezember 2015Auf Antrag der Regierung kann das russische Verfassungsgericht somit überprüfen, ob internationale Urteile mit dem russischen Grundgesetz vereinbar sind. Kremlchef Wladimir Putin unterschrieb das umstrittene Gesetz, nachdem es vergangene Woche vom Parlament bewilligt worden war. Russische Behörden veröffentlichten die neue Regelung am Dienstag im Internet.
Beobachter vermuten, dass die Regierung sich damit grundsätzlich vor teuren Entschädigungen schützen will. Europäische Gerichte hatten Russland im Fall um den zerschlagenen Ölkonzern Yukos des im Exil lebenden Ex-Oligarchen Michail Chodorkowski zu Entschädigungszahlungen in Milliardenhöhe verurteilt.
Das Urteil hatte den finanziellen Druck auf Russland zusätzlich erhöht. Wegen sinkender Ölpreise und westlicher Sanktionen kämpft das Land mit Umsatzeinbrüchen.
122 Menschenrechtsverstöße im Jahr 2014
2014 waren beim Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg über 200 Klagen gegen Russland eingegangen. In 122 Fällen wurde ein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention festgestellt.
Dabei ging es unter anderem um die Abschiebung von Georgiern im Jahr 2006. Auch die Vorführung von Angeklagten in Metallkäfigen im Gerichtssaal während Prozessen wurde verurteilt. Die Entscheidungen des EGMR sind für die Staaten bindend, die die Europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnet haben. Dazu gehört auch Russland.
Verfassungsgericht will auf "Dialog" setzen
Der russische Abgeordnete Dmitri Gudkow kritisierte, das Gericht beraube etwa einfache Bürger der Möglichkeit, ihre Rechte beim EGMR einzuklagen. Auch der Generalsekretär des Europarates, Thorbjörn Jagland, hatte massive Bedenken geäußert. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sprach sich ebenfalls gegen das Gesetz aus.
Der Präsident des russischen Verfassungsgerichts, Waleri Sorkin sagte Putin am Montag, dass Russland im Falle eines Problems zugunsten eines "Dialogs" entscheide. Er sehe aber keine Probleme, sagte Sorkin laut Nachrichtenagentur Reuters. "Ich denke die Menschen machen sich umsonst Sorgen."
myk/fab (dpa, rtr)