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Politik

Russland: Säbelrasseln oder Krieg?

19. Dezember 2018

Russland will neue Kampfflugzeuge auf die Krim verlegen. Es verdächtigt die Ukraine, neue Provokationen zu planen. Der Konflikt zwischen den Nachbarländern droht erneut zu eskalieren. Aus Moskau Juri Rescheto.

Ukraine Sewastopol Stützpunkt Belbek
Bild: picture-alliance/AP Photo/I. Sekretarev

Zehn Kampfjets des Jagdfliegergeschwaders der vierten Armee der russischen Luftstreitkräfte sorgen gerade für neue Spannungen zwischen Moskau und Kiew. Und sie entfachen neue Sorgen um einen potentiellen Krieg in Europa. Die Jäger des Typs Suchoi Su-27 und Su-30 sollen am 22. Dezember von einem russischen Stützpunkt auf einen anderen verlegt werden: Von Krimsk bei Krasnodar in Südrussland nach Belbek bei Sewastopol (siehe Bild oben) auf der von Russland völkerrechtswidrig annektierten Halbinsel Krim.

Das russische Verteidigungsministerium beschwichtigt: Die Flugzeuge seien schon vorher auf der Krim stationiert gewesen. Wegen Umbaumaßnahmen auf Belbek seien sie nur auf Krimsk zwischengeparkt gewesen. Jetzt sollen die Jets zurück. Besteht also kein Grund zur Panik? Ukrainische Medien warnten dagegen gleich vor hundert Kampfjets auf der Krim und auch vor russischen U-Booten und Raketen, die Ziele im gesamten Schwarzen Meer treffen könnten. Die Nachrichtenagentur UNIAN beruft sich in ihrer Meldung vergangene Woche auf das Verteidigungsministerium in Kiew.

Besorgte NATO

Der russische Außenminister Sergej Lawrow goss indes Öl ins Feuer. In einem Radio-Interview behauptete er, der ukrainische Präsident Petro Poroschenko plane Ende Dezember eine "bewaffnete Provokation" an der Grenze zur Krim. Das werde sich Russland nicht gefallen lassen. Poroschenko bekomme es mit voller Wucht zurück. Denn die Krim sei für Lawrow "unser Land, unsere Grenzen. Wir lassen nicht zu, dass er (Poroschenko - Anm. der Red.) dort irgendwelche eigenen Interessen durchsetzt." 

Russlands Außenminister Lawrow unterstellt der Ukraine, eine Provokation zu planenBild: picture-alliance/dpa/V. Prokofyev

Die NATO zeigt sich über diese Entwicklung besorgt. Auf Anfrage der DW heißt es, Russlands anhaltende Militarisierung der Krim bedrohe die Souveränität der Ukraine und die Stabilität der Region. Die NATO bliebe daher wachsam und biete "der Ukraine auch weiterhin eine starke politische und praktische Unterstützung, einschließlich der Lieferung sicherer Kommunikationsausrüstung an die ukrainischen Streitkräfte bis Ende des Jahres".

Mahnende Worte aus Deutschland

Auch das deutsche Auswärtige Amt verfolgt Berichte über die russischen Truppenverlegungen auf die Krim mit Sorge. In einer Stellungnahme warnte Berlin: "Alle Seiten sind aufgerufen, alle Schritte zu unterlassen, welche die ohnehin angespannte Situation in der Region weiter verschärfen könnten." Deutschland unterstütze die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedete Resolution, die Russland zum Abzug seiner militärischen Kräfte von der Krim aufrufe.

Zwischen Russland und der Ukraine kam es in der Meeresenge von Kertsch bereits im November zu einem KonfliktBild: Reuters/A. Dmitrieva

In deutschen Diplomatenkreisen in Moskau sieht man in den geplanten russischen Truppenbewegungen keine akute Kriegsgefahr. Vielmehr wertet man das Vorgehen als ein Säbelrasseln, ein Signal der Stärke, das Moskau nach dem Konflikt in der Meeresenge von Kertsch Ende November und kurz vor der Jahrespressekonferenz von Präsident Putin, medienwirksam Richtung Ukraine senden will.

Wegen der zehn Flugzeuge für die Krim stünde Europa noch nicht vor dem Kriegsausbruch, sagte Alexander Chramtschichin vom Moskauer Institut für politische und militärische Analysen. Er erinnerte daran, dass Russland seit 2014 Dutzende Kampfjets dort habe: "Ich verstehe nicht, wo das Problem liegt. Wenn der Westen endgültig verrückt geworden ist, kann er natürlich auch in der Verlegung von Flugzeugen einen Akt der Aggression sehen."

Militärexperte Wladmir Scherbakow von der "Unabhängigen militärischen Rundschau” schloss nicht aus, dass die Ukraine russische Truppenbewegungen als einen "künstlichen Anlass" nutzen will, um die Hysterie noch weiter anzustacheln.

Der unabhängige russische Militärexperte Pawel Felgenhauer findet zwar, dass die Rückkehr der Kampfjets nach "Belbek” an sich nicht so ernst sei, wie sie auf den ersten Blick aussehe, aber der Krieg käme trotzdem näher. "Es ist nur nicht klar, welches Ausmaß er haben wird und wann er beginnt."

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