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Das Gipfeltreffen von Trump und Putin - eine Zäsur

Janelle Dumalaon Washington
24. Februar 2025

Das geplante Treffen zwischen Putin und Trump könnte bereits Ende Februar stattfinden. Laut Kreml wollen die Staatschefs über die Ukraine und globale Themen sprechen. Was die Umkehr in der US-Außenpolitik bedeutet.

Trump (rechts) und Putin (links) sitzend und hände-schüttelnd
Alte Bekannte: Bereits 2019 trafen sich Donald Trump (r) und Wladimir Putin (l) auf dem G20-Gipfel in Japan (ArchivbildBild: Shealah Craighead/White House/IMAGO

US-Präsident Donald Trump und der russische Präsident Wladimir Putin werden sich voraussichtlich bereits Ende Februar zu Gesprächen über ein Ende des Krieges in der Ukraine treffen. Dies erklärte Russlands stellvertretender Außenminister Sergei Rjabkow am 22. Februar vor der Presse.

Schon jetzt ist sicher, ein solches Treffen würde eine grundlegende Abkehr von einer Doktrin zementieren, die über Jahrzehnte die US-Außenpolitik bestimmte: die Rolle der USA als Verteidiger einer globalen regelbasierten Ordnung.

"Die Menschen sind sich nicht mehr sicher, ob die Vereinigten Staaten zu ihren Verbündeten und Freunden stehen", sagt Kristine Berzina, Geschäftsführerin von Geostrategy North, einem Projekt des German Marshall Fund, einer US-Stiftung zur Förderung der transatlantischen Beziehungen.

"Russland hat deutlich gemacht, dass es die Vereinigten Staaten als Gegner sieht. Seinen Krieg gegen die Ukraine hat es als Krieg gegen die NATO dargestellt und trotzdem sind Trump und seine Regierungsvertreter in ihrer Sprache sehr entgegenkommend. Tatsächlich bieten sie den Russen Anreize für historisch einmalige wirtschaftliche Chancen."

"Zutiefst beleidigend" für die Europäer

Für die grundlegende Verschiebung der US-Außenpolitik waren nur wenige Tage nötig. Am 12. Februar telefonierte Trump mit Putin und beendete damit den Kurs der bisherigen US-Regierung. Diese hatte in den vergangenen drei Jahren versucht, die Regierung im Kreml nach dem völkerrechtswidrigen Einmarsch Russlands in die Ukraine international auszugrenzen.

Telefonat mit Putin: Lässt Trump die Ukraine fallen?

02:45

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Dem Telefonat folgten Gespräche zwischen hohen US-amerikanischen und russischen Regierungsbeamten in Saudi Arabien, die ersten persönlichen Gespräche dieser Art seit der russischen Invasion in der Ukraine. Es war ein außergewöhnliches Gespräch zwischen einem Aggressor und dem bislang größten militärischen Unterstützer der Ukraine, bei dem Vertreter der Ukraine selbst und Europas fehlten.

Die Austragung des Gipfels in Saudi Arabien statt in einem neutralen Ort wie der Schweiz, verlagere die Debatte um die europäische Sicherheit zudem außerhalb des Kontinents, unterstreicht Berzina.

"Viele Europäer empfinden es vermutlich als zutiefst beleidigend, so missachtet zu werden", sagt Berzina. "Es ist eine Sache, in einem Raum zu sein und über etwas zu streiten. Etwas ganz anderes ist es, erst gar nicht in den Raum gelassen zu werden."

Trump macht Selenskyj für den Einmarsch Russlands verantwortlich

Seit dem Gipfel kommt es immer wieder zum Austausch hitziger Worte zwischen Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Trump gab Selenskyj eine Mitschuld am Überfall Russlands auf die Ukraine und bezeichnete ihn als "Diktator ohne Wahlen". Der Vorwurf ignoriert allerdings die Tatsache, dass die ukrainische Verfassung im Falle des aktuell im Land vorherrschenden Kriegsrechtes keine Wahlen vorsieht. 

Selenskyj wiederum stellte wegen Überschneidungen zwischen Aussagen des Kremls und Aussagen Trumps fest, der US-Präsident lebe "unglücklicherweise" in einer "Desinformationsblase".

"Es gibt wenig Grund anzunehmen, dass auf einem Gipfeltreffen zwischen Trump und Putin Platz wäre für andere Staats- und Regierungschefs", sagt Pavel Baev vom Center on the United States and Europe an der Brookings Institution. Dies sei ein weiteres Zeichen für die Verschlechterung des Verhältnisses zwischen den USA, der Ukraine und Europa. "Alles läuft darauf hinaus, dass Europa mehr Verantwortung für die Stärkung der Sicherheit in Europa übernehmen muss, dass die europäische Sicherheit die Sache der Europäer ist, und dass deutlich größere Anstrengungen unternommen werden müssen."

"Trump war immer konsequent"

Die unvermittelte Kehrtwende in der US-Außenpolitik hat die Verbündeten der Vereinigten Staaten erschüttert. Die Geringschätzung Trumps gegenüber der Ukraine und Europa auf der einen und seine Wertschätzung gegenüber Russland auf der andere Seite kämen allerdings nicht überraschend, sagt Max Bergmann, Leiter des Programms Europa, Russland und Eurasien und des Stuart Center on Northern European Studies am Center for Strategic and International Studies (CSIS).

"Es gibt alle möglichen Theorien darüber, [warum die USA sich auf Russland einlassen], von den Beziehungen der Trump-Unternehmen zu russischen Oligarchen, über die Einmischung Russlands in die US-Wahlen von 2016 zugunsten Trumps, bis zu Trumps Vorliebe für starke Anführer wie Putin", meint Bergmann. "Meiner Meinung nach war Trump in Bezug auf seine Affinität zu Russland und seine Missachtung der NATO immer völlig konsequent."

Der ukrainische Präsident Selenskyj wies die Vorwürfe Trumps, er sei ein "Diktator ohne Wahlen" zurück und sagte, Trump lebe in einer "Desinformationsblase"Bild: Tetiana Dzhafarova/POOL/AFP/Getty Images

Experte Baev von der Brookings Institution geht davon aus, dass das erste Gipfeltreffen zwischen Trump und Putin nicht zwingend zu den Ergebnissen führen wird, die Trump sich erhofft.

"Der [Ukraine-]Krieg wie Präsident Trump ihn sieht, unterscheidet sich klar von dem Krieg, wie er sich für Moskau darstellt. Für Trump hat er keinen Sinn und sollte so schnell wie möglich beendet werden. Doch für Russland ist es ein existentieller Konflikt, der eine ganze Reihe zentraler Sicherheitsfragen berührt und der seine gesamte Existenz gefährdet", erklärt Baev. "Diese unterschiedliche Einschätzung ist sehr klar, und ich sehe keine Bereitschaft auf russischer Seite, die strategische Ausrichtung in Bezug auf den Krieg in der Ukraine zu ändern."

Unterminierte Weltmacht

Unabhängig von der Vereinbarung, die Trump mit Russland anstrebt, um den Krieg in der Ukraine zu beenden, könnte es sein, dass ein engeres Bündnis mit Russland den Vereinigten Staaten sogar echten Schaden zufügt.

"Ich verstehe nicht, warum wir unseren größten Feind stärken wollen", klagt Bergmann. "Den USA bringt die Annäherung an Russland keine echten wirtschaftlichen Vorteile. Vielleicht gibt es bei den Mineralien etwas zu gewinnen, aber was Öl und Gas betrifft, die die Hälfte der russischen Wirtschaft ausmachen, da sind sie unser Konkurrent."

Wer bekommt Ukraines Seltene Erden?

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 Berichten zufolge liegt für die Bodenschätze der Ukraine ein aktualisiertes Abkommen auf dem Tisch. Das ursprünglich von der Trump-Regierung vorgeschlagene Abkommen sah vor, dass die Ukraine den USA quasi als Bezahlung der bisherigen Kriegsunterstützung seltener Erden im Wert von rund 500 Milliarden US-Dollar (478 Milliarden Euro) überlässt. Entschädigung für US-Hilfen seit Beginn des Krieges an die USA vor. Selenskyj lehnt das Abkommen ab.

Putin werde die von der Regierung Trump eröffnete Chance ergreifen, die globale Vormachtstellung der USA zu untergraben, ist Bergmann überzeugt. "Ich glaube, Russland wird schnell agieren, um weltweit einiges zu zerbrechen und es einer neuen US-Regierung in vier oder fünf Jahren unmöglich zu machen, die Scherben aufzulesen", vermutet Bergmann. "Es wäre weltweit sehr gefährlich, wenn die bestehende, regelbasierte internationale Ordnung, in der andere Länder nicht überfallen werden, beiseitegeschoben wird."

Verlorenes Vertrauen

Ihre Allianzen sind zentral für die weltweite Macht der USA und so würde eine Schwächung dieser Bündnisse auch die Handlungsfähigkeit der USA auf der Weltbühne untergraben.

"Wenn Trump Europa hängen lässt, wie manche befürchten, was wird er dann mit den Japanern tun, was mit Taiwan?", fragt Berzina. "Ihre Anziehungskraft hat die USA zu einer enormen globalen Kraft gemacht. Diese Anziehungskraft hat dazu geführt, dass in den vergangenen Jahrzehnten so viele Verbündete bereit waren, an der Seite der Vereinigten Staaten zu kämpfen und in Nahost an der Seite der Vereinigten Staaten zu sterben. Diese Kraft wird verpuffen, wenn die Verbündeten das Gefühl haben, den Vereinigten Staaten nicht mehr vertrauen zu können."

Ob ein Treffen zwischen Trump und Putin das endgültige Ende des Vertrauens in die USA einläutet, ist noch nicht klar, aber es könnte als der Moment in die Geschichte eingehen, in dem ein US-amerikanisches Staatsoberhaupt mehr Gemeinsamkeiten mit den Autokratien dieser Welt zu finden meinte und auf der Weltbühne ein Vakuum hinterließ.

Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.

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