1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Russland: Wer zahlt für zu große Stadien?

Ilya Koval mo
11. April 2018

Ein Dutzend Stadien wurde in Russland eigens für die Fußball-WM 2018 saniert oder neu gebaut. Doch der weitere Betrieb der Arenen könnte für die russischen Regionen zum Problem werden.

Russland Luzhniki-Stadion
Bild: picture-alliance/L. Perenyi

Die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland wird in zwölf Stadien ausgetragen. Einige Spielstätten wurden vor dem Turnier komplett saniert, andere extra für die WM neu gebaut. Doch schon heute ist klar: Viele der Stadien drohen nach dem Fußball-Spektakel zu Millionengräbern zu werden.

Bereits Ende letzten Jahres hatte der Gouverneur der Region Kaliningrad, Anton Alichanow, bei einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin im Kreml um staatliche Hilfen für den Unterhalt der Arena nach der WM gebeten. Alichanow betonte, für seine Region werde es schwierig sein, das Stadion mit 35.000 Sitzplätzen zu finanzieren.

Wenige Wochen später veranlasste Putin, zu prüfen, ob für den Betrieb der Stadien in sieben von elf WM-Städten staatliche Gelder bereitgestellt werden könnten. Es handelt sich um die Arenen in Wolgograd, Jekaterinburg, Kaliningrad, Nischni Nowgorod, Rostow am Don, Samara und Saransk.

Bis zu einer halben Milliarde Rubel

Ursprünglich war geplant, dass die Regionen ihre Stadien ab Anfang 2019 selbst finanzieren. Laut den Behörden vor Ort würden die neuen Spielstätten die Etats der betroffenen Regionen dann mit 200 bis 500 Millionen Rubel (2,6 bis 6,5 Millionen Euro) belasten. Viel zu viel für sieben der elf Standorte. 

35.000 Zuschauer in der zweiten Liga? Nicht in Kaliningrad.Bild: picture-alliance/TASS/V. Nevar

Insbesondere, weil es in einigen der Städte überhaupt keine Vereine in der obersten Spielklasse gibt. Die besten Mannschaften aus Wolgograd, Kaliningrad, Nischni Nowgorod und Samara spielen in der zweiten Liga. Bei den Heimspielen kamen in dieser Saison nur zwischen 1000 und 5000 Zuschauer. Saransk spielt sogar nur in der dritten Liga, und in Sotschi sollen WM-Spiele stattfinden, obwohl dort überhaupt kein Profi-Fußballklub ansässig ist.

Doch selbst die Erstligaklubs Jekaterinburg und Rostow ziehen nicht genug Fans an. 4500 beziehungsweise 9000 zahlende Gäste pro Spiel - das genügt nicht, um die horrenden Betriebskosten der riesigen Stadien zu decken. 

Regionen wollen, dass Moskau die Kosten trägt

Die WM könnte den russischen Austragungsorten also auf Jahre finanzielle Probleme hinterlassen. Das bestätigt auch eine Studie des Beratungsunternehmens AECOM. Die Behörden vor Ort schlagen Alarm. Im Februar forderten die Regionen auf einer Sitzung des Föderationsrates, die der Vorbereitung auf die WM gewidmet war, erneut staatliche Hilfen. Vorgeschlagen wurde, dass Moskau die Verwaltung der Spielstätten und die gesamten Kosten für deren Unterhalt übernehmen soll.

Auch die Millionenmetropole Nischni Nowgorod fürchtet die Betriebskosten seiner neuen ArenaBild: picture-alliance/AP Images

Der Vertreter der Republik Mordowien schlug vor, eine landesweite Verwaltungsgesellschaft zu gründen, die sich zentral um die Auslastung und den Unterhalt der Stadien kümmern würde. Nischni Nowgorod will, dass die Kosten für den Unterhalt des Stadions in der Stadt noch drei Jahre lang nach Ende der WM vom russischen Staatshaushalt getragen werden. Die Betriebskosten der Arenen, die für die WM in Russland entstehen, werden insgesamt auf über zwei Milliarden Rubel pro Jahr geschätzt.

Nutzungskonzept für WM-Bauten zu spät?

Ende letzten Jahres ordnete Putin zudem an, das Konzept aus dem Jahr 2015 zu überarbeiten, in dem es um die Nutzung der WM-Bauten nach dem Turnier geht. Laut dem Dokument, das von Putin noch unterschrieben werden muss, werden für den Unterhalt der Stadien und Trainingsplätze bis zum Jahr 2023 mehr als 13 Milliarden Rubel benötigt. Den größten Teil, rund 12,4 Milliarden, soll der Staat übernehmen. Die Regionen sollen weitere 900 Millionen Rubel beisteuern. Experten des Beratungsunternehmens PricewaterhouseCoopers weisen darauf hin, dass beispielsweise London schon während der Bewerbung um die Austragung der Olympischen Sommerspiele im Jahr 2012 damit begonnen hatte, die weitere Nutzung der Sportstätten zu planen.

Ähnliche Schwierigkeiten wie jetzt Russland hatten auch die vorherigen Gastgeberländer der Fußball-Weltmeisterschaften 2010 und 2014. Südafrika und Brasilien konnten das Problem zu großer Stadien teilweise mit temporären Zuschauertribünen lösen, die nach der WM wieder abgebaut wurden. Diese Erfahrung will man vor allem in Jekaterinburg nutzen. Dort soll das Stadion nach der WM von 35.000 auf 23.000 Sitzplätze verkleinert werden. Dennoch sind sowohl in Südafrika als auch in Brasilien viele Arenen nicht rentabel, die dort für die Weltmeisterschaften gebaut wurden.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen